Todesstrafe in den USA: Empörung über Georgia
Im US-Bundestaat Georgia soll ein Mann mit geistiger Behinderung hingerichtet werden. Die Empörung darüber ist groß. Der Anwalt des Verurteilten hat ein Gnadenersuch eingereicht.
WASHINGTON dpa | Die bevorstehende Hinrichtung eines Mannes mit geistiger Behinderung im US-Bundesstaat Georgia sorgt für Empörung. Der wegen Mordes verurteilte Warren Hill soll am 18. Juli per Giftspritze exekutiert werden, obwohl er mit einem IQ von knapp 70 als geistig behindert gilt und deshalb nach der US-Verfassung eigentlich nicht hingerichtet werden dürfte. Ein Gericht in Georgia entschied jedoch, dass nicht alle Zweifel an der Geisteskrankheit des 52-Jährigen ausgeräumt seien.
Hills Verständnis gleiche dem eines Sechstklässlers, sagte sein Anwalt Brian Kammer der Onlinezeitung Huffington Post. Er habe „schwere Defizite“. Die New York Times sprach in einem Kommentar von „verfassungswidrigen Hinrichtungen“. Der Oberste Gerichtshof in Washington hatte bereits 2002 geurteilt, dass die Verfassung eine Hinrichtung von Menschen mit geistiger Behinderung verbietet. Georgia erkennt als einziger Bundesstaat die geistige Behinderung eines Angeklagten nur an, wenn sie ohne „berechtigte Zweifel“ bewiesen wird.
Der Afroamerikaner hat bereits sein halbes Leben im Gefängnis verbracht. 1986 wurde Hill im Alter von 26 Jahren zu lebenslanger Haft verurteilt, nachdem er seine Freundin erschossen hatte. 1991 landete er dann wegen einer weiteren Tötung in der Todeszelle: Hill hatte einen Mithäftling im Schlaf mit einem Nagelbrett erschlagen.
Eine „unfaire und schwere Last“, kommentierte die New York Times die Anforderungen in Georgia. Es sei sehr einfach für Experten, das System zu manipulieren. Laut der Organisation „Death Penalty Information Center“ ist es in keinem anderen US-Staat so schwierig, eine geistige Behinderung zu beweisen.
Hills Anwalt hat mittlerweile einen letzten Versuch unternommen, das Todesurteil abzuwenden und beim Staat ein Gnadengesuch eingereicht. Die Chancen dafür sind laut Medienberichten aber sehr gering. Im vergangenen Jahrzehnt hat das Komitee die Strafe nur in vier von 27 Fällen herabgesetzt.
Georgia ist einer von 33 US-Bundesstaaten, die noch die Todesstrafe verhängen. Derzeit sitzen dort 100 Verurteilte in der Todeszelle. Bislang wurden insgesamt 52 Menschen exekutiert, vier davon im vergangenen Jahr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestellerautor will in den Bundestag
Nukleare Drohungen
Angst ist ein lautes Gefühl
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland