Syrien-Spiel der BBC: Wenn ich ein Flüchtling wär
Die BBC will auf das Leid syrischer Flüchtlinge aufmerksam machen – mit einem Computerspiel. Das stößt auf Kritik.
BERLIN taz | Das eigene Haus verkauft. Klick. In die Türkei gereist. Klick. Dem Schleuser 3.000 Dollar gezahlt. Klick. Für 7.500 Dollar den Landweg über Edirne genommen. Klick. Der Schleuser brennt mit der Anzahlung durch. Game over.
Schicksale wie dieses ereignen sich täglich vor den Grenzen Europas. Oftmals erfährt die Öffentlichkeit nur von der letzten Station: wenn in Deutschland ein Asylantrag eingeht, oder – im schlimmsten Fall – wenn wieder ein Flüchtlingsboot im Mittelmeer untergeht. Welch schwierige Entscheidungen die Flüchtenden auf dem Weg treffen müssen, bleibt oft unbekannt.
Ein Browserspiel der BBC soll das Thema nun auf spielerische Art vermitteln. Das Game Syrian Journey basiert auf einem großangelegten Interviewprojekt der Journalisten Mamdouh Akbiek und Eloise Dicker.
Das Prinzip ist einfach: Per Klick entscheidet der Spieler über den Verlauf der Route. Türkei oder Ägypten? Das Flüchtlingsboot wird unter Beschuss genommen: Springen oder nicht springen? Oftmals endet das Spiel in einer Tragödie.
Begleitend zu dem Spiel hat die BBC den Hashtag #whatwouldyoutake ins Leben gerufen. Twitter-Nutzer sollen der Öffentlichkeit mitteilen, welche Dinge sie bei einer Flucht mitnehmen würden. Die Userin Kelsey Glen würde zum Beispiel nicht ohne das Bild ihres Verlobten gehen.
In den britischen Medien stieß das Spiel streckenweise auf scharfe Kritik. „Es ist unfassbar, dass das Leid von Millionen zu einem Kinderspiel verdreht wird“, sagte Nahostexperte Christopher Walker laut Daily Mail.
Der Guardian dagegen verteidigte das Spiel. Der interaktive Ansatz sei der perfekte Weg, Aufmerksamkeit zu wecken. „Die Idee, dass Nachrichten in Zukunft eher gespielt als gelesen würden, sei für einige Menschen nur schwer vorstellbar“, wird die Journalistik-Professorin Janet Jason in der britischen Zeitung zitiert. Anfang 2014 hatte der Guardian ein ähnliches Spiel entwickelt.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Erpressungs-Diplomatie
Wenn der Golf von Mexiko von der Landkarte verschwindet
80 Jahre nach der Bombardierung
Neonazidemo läuft durch Dresden
Zwei Todesopfer nach Anschlag in München
Schwer verletzte Mutter und Kind gestorben