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Straftaten und FlüchtlingsunterbringungÜber 3.500 rechtsmotivierte Delikte

Es gibt einen starken Anstieg rechter Delikte in Deutschland. Wenn es um Gewalt und Brandanschläge geht, ist Sachsen Spitzenreiter.

Hier sollten Flüchtlinge untergebracht werden: Weissach im Tal, Baden-Württemberg Foto: dpa

Berlin taz/afp | Rechte Gewalt habe in Deutschland „eine neue tragische Dimension erreicht“, sagt Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Und damit meint er nicht nur die wachsende Zahl von Brandanschlägen auf Flüchtlingsheime und Körperverletzungen. Bis zum 7. Dezember haben die Behörden 817 Übergriffe auf Asylunterkünfte gezählt, etwa viermal so viel wie 2014. Darunter fallen in der Statistik aber auch Schmierereien und Sachbeschädigungen.

Doch das ist nur die Spitze des sprichwörtlichen Eisbergs. Denn darüber hinaus gibt es viele weitere Delikte, die sich gegen Flüchtlinge oder ihre Helfer richten. So wurden bis Mitte November bereits 1.610 Straftaten gezählt, die im weitesten Sinne im Zusammenhang mit der „Unterbringung von Asylbewerbern“ stehen, wie es die Behörden formulieren. 1.305 davon waren rechtsmotiviert. Das geht aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Fraktion im Bundestag hervor.

Unter diese Rubrik fallen auch Hetze im Netz, Sachbeschädigungen oder Körperverletzungen bei Demos gegen Flüchtlinge. Die Aggressionen müssen sich dabei nicht unbedingt gegen Asylbewerber selbst richten, sondern auch gegen Politiker oder Helfer, die sich für Flüchtlinge engagieren. Aber auch linksmotivierte Taten werden darunter gefasst – zum Beispiel Delikte bei Gegendemos gegen rechte Aufmärsche. Sie machen in der Statistik aber nur einen kleinen Teil aus.

Sachsen ist bundesweit Spitzenreiter bei Übergriffen gegen Flüchtlinge und Flüchtlingsheime. Allein von 101 Brandanschlägen auf Asylunterkünfte, die in diesem Jahr registriert wurden, entfielen 24 auf den Freistaat. Dahinter rangieren die weitaus größeren Bundesländer Nordrhein-Westfalen (17), Baden-Württemberg (10) und Bayern (8). Diese Zahlen hat der Mediendienst Integration recherchiert.

Die Daten stammen von der Polizei und von Opferberatungen. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagt, der dramatische Anstieg von rechter Gewalt sei „beschämend“ für Deutschland. Die Täter müssten konsequent ermittelt und zur Rechenschaft gezogen werden. „Ich bin mir sicher: Polizei und Justiz werden alles tun, um die Aufklärungsquoten zu erhöhen.“

Die Rechtsextremismusexpertin der Grünen, Monika Lazar, kritisiert das Bundeskriminalamt. Es tue sich noch immer schwer damit, rechtsextreme Straftaten zu erkennen. Die Statistik liefere „unschlüssige Zahlen, sorgt für Verwirrung und blendet rechtsextreme Tathintergründe aus“.

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12 Kommentare

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  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Ich äußere mich aus Sicht der Polizei.

    Das Problem ist, daß wir mit den häufig empfohlenen Überwachungskameras noch keine Erfahrungen haben. Wir kennen diese Technik bisher nicht. Und selbst wenn wir so neumodisches Zeugs anwenden würden, dann hätten wir Schwierigkeiten, die verschiedenen Glatzköpfe oder Vermummten zu unterscheiden.

    Und wir wollen ja auch nicht unsere Brüder, Schwager und Neffen ins Gefängnis bringen.

    Wir haben also keine Handhabe gegen diese Menschen, die da ein wenig Unsinn machen und müssen wohl damit leben. Wir haben genug damit zu tun, zu kontrollieren, ob die Autofahrer Sicherheitsgurte umgeschnallt haben.

    • @4932 (Profil gelöscht):

      Wenn du ein Polizist bist, dann bin ich Papst Franziskus.

       

      Menschen, die es auch billigend in Kauf nehmen würden, wenn ihre Molotov-Cocktails in Kinderbetten landen, machen nicht "ein wenig Unsinn"! Wir reden hier von Brandanschlägen! Terrorismus!

       

      Und erzähle nicht so einen Käse von keiner Erfahrung mit Überwachunsgkameras! Kamera ran, Bild überwachen, taucht jemand Verdächtiges auf, sofort durch den Wachdienst, bzw. die Polizei abchecken.

      Aber das muss man wahrscheinlich erst in einem mehrjährigen Spezialkurs lernen.

    • @4932 (Profil gelöscht):

      Böse,böse!Ich liebe Ihre Kommentare!

      Gibt wenig menschen,die die Realität so klar sehen.

      • 4G
        4932 (Profil gelöscht)
        @Markus Müller:

        Vielen Dank. Ihr Kompliment kann ich nur an Sie zurückgeben mit Ihren mindestens ebenso aufrichtigen und unkonformen Kommentaren.

        Wehren wir uns weiter nach unseren Möglichkeiten gegen das, was nicht in Ordnung ist. In Sympathie zu Ihnen.

  • 9G
    9076 (Profil gelöscht)

    Regierungssprecher Steffen Seibert bringt es auf den Punkt: https://www.youtube.com/watch?v=HR_tvo1BU94

  • Ich finde es wichtig, an den Brandanschlag in Lübeck am 18.01.1996 zu erinnern. Damals kamen 10 Geflüchtete in dem Haus in der Hafenstraße um.

    Der 18.01.1996 wurde von Grevesmühlener Nazis als 125. Jahrestag der Gründung des Kaiserreichs 1871 begangen. Die Thinghaus-Gruppe ist lange bekannt, gegen sie wurde aber nicht ermittelt.

    Einer der Bewohner soll "im Streit" das Feuer gelegt haben, so hielt damals auch die StA Lübeck eisern an einer Konstruktion fest.

    Dabei wiesen mehrere Indizien, Zeugen und ein Kassenbon in Richtung Grevesmühlen.

    Am 18.01.2016 ist der 20. Jahrestag dieses nicht wirklich aufgeklären Verbrechens.

  • Alarm für den Staat:

    Holen Sie die Gesetze gegen die RAF raus, bitte. und bildet eine SONDER-KOMMISSION gegen RECHTE GEWALT.

    Der Rechte Terrorismus greift wie ein Bazillus um sich. Diese kranken Bürger gehören vor öffentliche Gerichte - und zwar: Dalli dalli!

    Diese Pest-Krankheit hatten wir schon einmal. Da gab es die Goebbels, Himmlers, Görings, Speers und Millionen Mitläufer. Zigtausend Mörder mit Hitler an der Spitze.

    Nur die Jugend, der Rock'n Roll und die knallharten Fragen an die Eltern, die wie einfache Familienväter und Mütter lebten, brachten uns die Freiheit vom rechten Gesindel, das heute wieder von Neuem aus dem braunen Sumpf aufsteigt.

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Jetzt warte ich noch darauf, da die Junge Union aktuell durchgedrückt hat, daß die Deutschlandhymne ins Grundgesetz aufgenommen wird, daß die zu uns kommenden Asylbewerber

    1. diese Hymne vorsingen müssen

    2. unterschreiben müssen, daß sie Gebäude deutscher Bürger weder beschädigen noch anzünden

    3. Deutsche ehren und achten und keine Angriffe auf deutsche Bürger verüben dürfen.

     

    Dies gehört zum bewährten deutschen Wertekodex und gilt zumindest für alle Flüchtlinge.

     

    (Wie schwer sich die deutsche Politik, Polizei und Justiz mit dem deutschen Rechtsextremismus tut, gehört ins Guinessbuch der Rekorde)

    • @4932 (Profil gelöscht):

      3a) Geflüchtete Männer müssen endlich aufhören UNSERE Frauen zu vergewaltigen.

    • 4G
      4932 (Profil gelöscht)
      @4932 (Profil gelöscht):

      Zusatzbemerkung: Die Punkte 1-3 gelten nicht für deutsche Bürger, da deutsche Bürger sich ja nicht an den deutschen Wertekodex zu halten haben.

  • Und in drei Jahren findet man raus, dass die Straftaten gar nicht richtig verfolgt wurden. Für mcih sieht es schwer danach aus, dass Teile der Polizei und anderer Bundesbehörden diese rechte Gewalt nicht so schlimm finden.

    • @LastHope:

      Dieses Eindrucks kann ich mich auch nicht erwehren. Diese Haltung ist - zusammen mit den Reden vieler C-Politiker - aus meiner Sicht der wahre Brandbeschleuniger, der viele "Besorgte" hierzulande in ihren Augen legitimiert, hemmungs- und respektlos das Leben der Menschen aufs Spirl zu setzen, die hierher geflohen sind um ihr Leben zu retten.

       

      Genau diese politischen Brandsätze aus sicherer eigener Position sind es, die mich so empören.