Staatskrise in Ägypten: Das Militär setzt Präsident Mursi ab
Die ägyptische Armee hat den Staatschef Mohammed Mursi seines Amtes enthoben. Auch die Verfassung wurde außer Kraft gesetzt.
KAIRO afp/rtr/ap/dpa | Die ägyptische Armee hat den Präsidenten des Landes, den Islamisten Mohammed Mursi, entmachtet. Der Präsident des Verfassungsgerichts, Adli Mansur, soll vorläufig die Geschicke des Landes lenken, sagte Verteidigungsminister Abdel Fattah al-Sisi am Mittwoch in einer Fernsehansprache.
Er kündigte zudem neue Präsidentschaftswahlen und die Aufhebung der im Vorjahr beschlossenen, von den Islamisten ausgearbeiteten Verfassung an. „Die Armee will nicht an der Macht bleiben“, versicherte Al-Sisi. Laut einem Armeechef solle das afrikanische Land nun eine Regierung aus Technokraten bekommen. Der politische Fahrplan sei mit Politikern und anderen öffentlichen Personen beschlossen worden.
In Kairo wurde die Ankündigung mit Freudenkundgebungen begrüßt. Feuerwerksraketen stiegen in den Himmel, hupende Autokorsos kreuzten durch die Stadt. Auf dem Tahrir-Platz, wo sich Zehntausende Mursi-Gegner versammelt hatte, feierten die Menschen schon in den frühen Abendstunden den Abgang des Präsidenten. Die Islamisten wollen hingegen seine Entmachtung nicht hinnehmen.
Der Ankündigung des Armeechefs war ein Krisentreffen der Militärführung mit den Spitzen der Opposition und hohen kirchlichen Würdenträgern vorausgegangen. Unter ihnen waren der Friedensnobelpreisträger Mohammed ElBaradei, Vertreter der Protestbewegung „Tamarud“, der Großscheich der Al-Azhar-Universität, Ahmed al-Tajjib, und der koptisch-orthodoxe Papst Tawadros II. Sie waren mit im Bild zu sehen, als Al-Sisi die Erklärung verlas, die bei dem Treffen vereinbart wurde.
Aufruf zum friedlichen Widerstand
Das Militär hatte Mursi bis Mittwochnachmittag Zeit gegeben, einen Ausweg aus der Krise zu finden. Millionen Menschen hatten bei Kundgebungen in den vergangenen Tagen den Rücktritt Mursis gefordert.
In einer ersten Reaktion nach der Erklärung der Streitkräfte rief der entmachtete Präsident seine Anhänger zum friedlichen Widerstand auf. Sie sollten mit friedlichen Mitteln gegen den „Staatsstreich“ des Militärs aufbegehren, sagte ein enger Vertrauter Mursis. Der bisherige ägyptische Präsident ist nach seiner Absetzung am Mittwochabend an einen unbekannten Ort gebracht worden. Das teilten seine Helfer mit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pro und Contra Letzte Generation
Ist die Letzte Generation gescheitert?
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Die Linke im Bundestagswahlkampf
Kleine Partei, großer Anspruch
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Studie zum Tempolimit
Es könnte so einfach sein
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?