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Sinti-und-Roma-GedenkstätteOrt der Erinnerung entsorgt

In Wiesbaden lässt eine Schule eine Gedenkstätte für Sinti und Roma still und heimlich abbauen. Nach Protesten wird behauptet, sie habe nie existiert.

Mit elf Jahren von den Nazis deportiert: Maria Theresia Lehmann. Bild: privat

KOSTHEIM taz | Sinto Alexander Meyer ist fassungslos: „Ich dachte, Gedenkstätten seien für die Ewigkeit.“ Doch nicht an der Krautgartenschule im Wiesbadener Stadtteil Kostheim. Dort ist eine Gedenkstätte entfernt worden, die an Meyers Mutter Maria Theresia Lehmann erinnerte.

Lehmann lebte früher in Kostheim und wurde von den Nationalsozialisten deportiert. Bis Februar war die Gedenkstätte, die seit sieben Jahren existierte, einer von etwa hundert Orten, die das Dokumentationszentrum der Sinti und Roma in Heidelberg auf seiner Website vorstellt. Doch seit Kurzem ist der Eintrag gelöscht. Darum gebeten hat das Landesschulamt in Wiesbaden mit einem Schreiben vom 7. Februar 2013. Die Gedenkstätte gebe es nicht mehr.

Es war eine kleine Glasvitrine mit Fotos von Maria und ihrer Familie, die in der Eingangshalle der Schule hing. Sie erzählte von Maria Theresias Schicksal. Sie wurde am 16. Mai 1940 mit elf Jahren von den Nazis aus Kostheim verschleppt. Morgens um halb drei stand die Polizei vor der Tür und holte sie, ihre Eltern, die vier Brüder und die Schwester ab.

Wie alle Sinti-Familien aus der Region, fast einhundert Personen, wurde die Familie zunächst im Polizeigefängnis eingesperrt. Dort fotografierte man sie und stempelte ihnen eine Nummer auf den Arm. Am selben Vormittag noch brachte man die Familie nach Stuttgart in das Zuchthaus Hohenasperg zu „rassenbiologischen Untersuchungen“. Eine Woche später erfolgte der Abtransport in Lager nach Polen. Die Mai-Deportationen markierten den Beginn der systematischen Vernichtung der deutschen Sinti und Roma. Maria gehörte zu den wenigen, die überlebte.

Nur nicht die Kinder belasten

Die Gedenkstätte wurde nach langer Diskussion an der Schule eingerichtet. Damals gab es sogar den Vorschlag, die neu gebaute Schule nach Maria zu benennen. Doch Eltern und Lehrerkollegium entschieden mehrheitlich, man dürfe Kinder nicht mit dem grauenvollen Schicksal des Mädchens belasten.

Die damalige Schulleiterin aber wollte zumindest das Schicksal von Maria nachzeichnen. Zwei Monate arbeiteten Schüler an einer Ausstellung. Sie dokumentierten den Weg der Sinti in die Vernichtungslager, suchten Fotos vom Leben der Familie Lehmann. „Im Unterricht wurde viel über die Gründe von Ausgrenzung und über persönliche Handlungsmöglichkeiten geredet“, erzählte die Schulleiterin damals der Presse.

2006 wurde die Ausstellung feierlich mit besonderen Ehrengästen eingeweiht: Marias Kinder Anita Lehmann und Alexander Meyer und Neffe Johannes waren gekommen. Die Familie freute sich über die Ehrerbietung: „Wir wollen vergeben“, sagte Anita Lehmann damals. Es war eine bewegende Veranstaltung, erinnert sich auch Adam Strauß, Vorsitzender des hessischen Landesverbands der Sinti und Roma. Die Gedenkstätte in der Krautgartenschule sollte ein Ort des Erinnerns sein.

Fußballpokale statt Fotos

Das war vor sieben Jahren. Mittlerweile ist die alte Schulleiterin verstorben, viele neue Lehrer sind da. Und die Fotos und Dokumente sind verschwunden, im Schaukasten stehen Fußballpokale. Warum die Gedenkstätte abgebaut wurde, darüber will niemand sprechen. Auch nicht die neue Schulleiterin. Die Fotos sollen der Familie zurückgegeben worden sein, steht im Brief des Landesschulamts an das Dokumentationszentrum in Heidelberg.

Die Kinder widersprechen. Sie hätten die Familienbilder nicht zurückerhalten. Und seien auch nicht informiert worden, dass es die Gedenkstätte nicht mehr gibt. „Wie kann man das einfach abräumen?“, fragt Alexander Meyer. Seine Schwester Anita spricht von „Respektlosigkeit“, gar von Lüge. Und fragt sich, was aus den Fotos wurde.

Es waren nicht nur Kinderbilder von der Mutter, sondern auch alte Fotografien von der Großmutter dabei. Und ein Foto, das den Großvater Friedrich zeigte: Er war Musiker und gehörte zum Ensemble eines bekannten Varietés in Frankfurt. Anita hätte die Fotos gern von der Schule zurück. Dort kann man sich an nichts erinnern: „Eine Gedenkstätte hat an der Krautgartenschule nie existiert“, heißt es per E-Mail.

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38 Kommentare

 / 
  • S
    Sabine

    @ Boulangie

     

    Nun mal langsam und nicht gleich die Schule beschuldigen. Immerhin ist an dieser Schule ein Ausstellungsprojekt entstanden zu einem Thema, dass wichtig ist.

    Haben die Leihgeber, also die Angehörigen, denn keine Absprachen mit der Schule getroffen? In der Regel wird ein Vertrag aufgesetzt mit den wichtigsten Daten, wie lange die Fotos geliehen, wem sie konkret gehören etc.

    Es scheint, dass das versäumt worden ist; jedenfalls steht nichts davon in dem Artikel. Wenn historische Fotos Unikate sind, fotografiert man sie in der Regel ab und gibt nicht ein Original aus der Hand, wenn es einem lieb und teuer ist. Das hätten sich die Angehörigen überlegen sollen. Es hätte ja auch einen Brand oder Diebstahl in der Schule geben können.

    Aber hinterher ist man sicherlich immer schlauer. Warum sollte die Schule denn vorgeben, die Fotos zurückgesendet zu haben, wenn das nicht wirklich der fall war? Das traue ich keinem Sekretariat zu, auch ein einfaches Entsorgen nicht.

    Es ist schade für die Familie, aber von Katastrophe zu sprechen, wenn wohl beide Seiten verantwortlich sind für diesen Verlauf, finde ich zu stark.

  • B
    Boulangie
  • B
    boulangie

    @Sabine; dieser Vorfall an der Krautgartenschule in Kostheim ist nicht nur ein Skandal - es ist eine menschliche Katastrophe! Maria Lehmanns Sohn Alexander äußerte sich gegenüber der Journalistin Mück-Raab fassungslos: „Ich dachte doch, Gedenkstätten seien für die Ewigkeit.“ Und der Behauptung des Landesschulamtes, man habe die Fotos der Familie zurückgegeben, widerspricht der Mannheimer: Man habe ja auch nicht gewusst, dass es die Gedenkstätte nicht mehr gibt.

     

    Der Sohn der Protagonistin, der damals zur Einweihung der Gedenkstätte eingeladen war, wurde nicht mal über die Entsorgung der Gedenkstätte informiert. Was ist mit den Fotos geschehen, der mittlerweile verstorbenen Holocaustüberlebenden? Für Sinti sind Fotos von Holocaustopfern ein Heiligtum! Diese Fotos sind in aller größten Vertrauen an die Schule weitergegeben worden. Wie Grausam ist das denn?!!!!!!!!!!

  • S
    Sabine

    @ Boulangie

    Naja, als was hätten die Schule und die Presse das Projekt denn sonst bezeichnen sollen? Mir fällt kein anderes Wort ein - vielleicht "Ein Projekt zur Erinnerungskultur" oder ähnlich. Es war wohl ein Fehler der Projektleitung, nicht klar und deutlich zu sagen - nachdem überlegt worden ist -, wie lange die Vitrine in der Schule stehen soll oder kann.

    Fehler sind aber überall möglich und menschlich. Daher und vor allem, weil doch diese Erinnerung bleiben soll, würde ich an Stelle der Betroffenen die Situation so nehmen wie sie ist und Fotos und weitere Exponate anderweitig unterbringen. Ich bin sicher, dass es gute Möglichkeiten gibt.

  • RB
    Rainer B.

    @ betti

     

    Wenn Sie die große Koalition wollen, macht NPD wählen durchaus Sinn. Da können Sie aber auch gleich das Original wählen, wie die meisten anderen Wähler auch.

  • B
    Boulangie

    Zur Eröffnung der Gedenkstätte schrieb die “Allgemeine Zeitung” am 28.01.2006:

     

    Den Terror überlebt: Holocaust-Gedenkstätte erinnert an ein Kinderschicksal

     

    KOSTHEIM Im Gedenken an Maria-Theresia Lehmann, die in der Nazi-Zeit in Kostheim lebte, haben Viertklässler der Krautgartenschule mit Schulleiterin Ingar Riechert eine Gedenkstätte für die 1940 Deportierte errichtet. Zur Ausstellungseröffnung war die Familie Lehmann-Meyer gekommen, die auch Familienfotos zur Verfügung stellte. Von Heidi Ulrich.

     

    Das damals elfjährige Mädchen lebte mit ihrer Familie bis zum 16. Mai 1940 im Mainzer Weg 25. Im Morgengrauen wurde die Musikerfamilie zusammen mit etwa 100 Menschen wegen ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe der Sinti und Roma ins Konzentrationslager verschleppt. Nach einem Aufenthalt in einem Sammellager in Asperg folgte am 22. Mai 1940 der Transport nach Polen in das Konzentrationslager in Jedrzejow, wo einer der Brüder der kleinen Maria-Theresia ermordet wurde. Sie selbst überlebte den Terror der Nazis und wohnte in Mannheim, wo sie 1999 verstarb.

     

    “Es war eine Herausforderung, dieses Thema mit Viertklässlern zu behandeln”, sagte Schulleiterin Ingar Riechert. Der Versuch gelang, wie ein Blick in den Schaukasten zeigt, in dem Fotos die Deportation der Sinti und Roma aus Amöneburg, Kastel und Kostheim zeigen. Alle Stationen von der Verhaftung über den Transport bis zum Aufenthalt im damaligen Zwischenlager Hohenasperg sind dokumentiert. Daneben zeigen viele Fotos das Leben von Maria-Theresia Lehmann und ihrer Familie.

     

    Unter dem Motto “Vorurteile machen Menschen zu Außenseitern” fertigten die Schüler Collagen an und brachten ihre Gedanken zum Jahr 1940 und ihre Wünsche für die Zukunft zum Ausdruck. Die Idee, das Schicksal von Maria-Theresia Lehmann nachzuzeichnen, entstand, als in der Ethikgruppe und der evangelischen Religionsgruppe beim Unterrichtsthema Judenverfolgung viele Fragen aufkamen.

     

    Die Arbeit an der Ausstellung hatte Anfang Dezember begonnen. Durch die Lebensgeschichte eines Mädchens gleichen Alters aus dem gleichen Ort solidarisierten sich die Schüler schnell mit ihr. Die NS-Verbrechen wurden so für die Dritt- und Viertklässler begreifbar. Ingar Riechert blickt zurück: “Im Unterricht wurde viel geredet, Fragen gestellt und sowohl über die Gründe von Ausgrenzung, als auch über persönliche Handlungsmöglichkeiten gesprochen.” Die Gedenkstätte in der Krautgartenschule sei ein Ort des Erinnerns, um das Gedenken zu pflegen und wach zuhalten. Außerdem sei die Ausstellung als Anfang und Inspiration für andere Schulen gedacht, das Thema zu behandeln. Zur Eröffnung trugen die Schüler Verse und Dialoge zum Thema Anders- und Fremdsein vor.

     

    Hartmut Bohrer vom Förderkreis Gedenkstätte unterstützte das Projekt durch seine Recherche. Bis heute hat der Historiker das Schicksal von über 100 deportierten Menschen zusammengetragen. Das Ziel, eine Gedenkstätte für Opfer und Widerstand zu schaffen, ist bisher unerreicht.

     

    Der Vorsitzende des Landesverbands Hessen der Sinti und Roma, Adam Strauß, machte auf eine Ausgrenzung in Schulen aufmerksam: “Ich erlebe es seit drei Generationen: Rassismus wird vom Großvater, zum Vater, zum Sohn weitergegeben. Ein Volk, das seit 600 Jahren im deutsch-sprachigen Raum lebt, wird aus Gründen der ethnischen Zugehörigkeit durch Vorurteile diskriminiert.” Unterstützung gab es von Stadtrat Helmut von Scheidt: “Die Spurensuche ist der richtige Weg, weil Zahlen zu unglaublich für den Unterricht an der Grundschule sind. Es sollte die Geschichte der Schule und der Stadtteile betrachtet werden.”

     

    PS. "Nach Aussage dieses Artikels wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei diesem Projekt um eine Gedenkstätte handelt."

  • B
    betti

    Hallo, Ich wähle ab jetzt die NPD.

  • S
    Sabine

    So, wie diese kleine Glasvitrine hier beschrieben wird, handelt es sich nicht um eine Gedenkstätte im Sinne eines Mahnmals. Gedenkstätten sind fest installierte, für die Öffentlichkeit zugängliche und durch eine politische oder kirchliche Einrichtung unterstützte bzw. ins Leben gerufene Erinnerungsstellen. Das ist eine bewegliche Vitrine, wie in diesem Fall, nicht.

    Die Betroffenheit der Angehörigen ist verständlich, aber sie können doch aktiv werden und den Inhalt der Vitrine einer entsprechenden Gedenkstätte, die über geeignete Räumlichkeiten verfügt (Ausstellungsraum), anbieten.

  • W
    Weinberg

    @ Denkt nach: "Die Schulleiterin Edith Smetana schrieb mit am Buch 'Und was denkst du? Evangelische Religion 1./2. Schuljahr.'"

     

    Hoffentlich ist nicht das achte Gebot (Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten) in Vergessenheit geraten!

     

    Und ist auszuschließen, dass demnächst ein Dankschreiben des NSU-Freundeskreises bei der Krautgartenschule (Musikalische Grundschule im Bildungsland Hessen - allerdings mit Defiziten im Fach Geschichte) eintrifft?

  • F
    flujo

    @ "Ihr neuer Pappsi":

    einen Kommentar schreiben ist eine interessante Sache. Daher schlage ich vor, dass Sie zumindest 10% des Artikels lesen, den Sie zu kommentieren beabsichtigen.

    Dass es sich

    1. um eine Gedenkstätte für eine von den Nazis ermorderte Frau und deren Angehörige handelt,

    2. über deren Einkommensverhältnisse weder genannt werden, noch mit dem Thema irgend etwas zu tan haben,

    wird beim Lesen des Artikels dann auch erkenntlich.

     

    Wer aber nur die Überschrift, und dort nur das Wort "Roma" ließt, und dann reflexhaft aus der Hüfte einen -ähm- nennen wir es mal Kommentar ablässt, der sollte dann doch bei den Medien bleiben, bei denen Einwort-Überschriften mit Ausrufezeichen in Großbuchstaben als die Lesekompetenz nicht überfordern.

  • T
    tommy

    @Ihr neuer Pappsi:

     

    Also Ihren Kommentar finde ich hier nicht angebracht. Ich bin selber ziemlich rechts und kein Freund der taz-Sozialromantik, die Armutseinwanderung und damit verbundene Kriminalität von Balkan-Roma verharmlost. Darum geht es hier aber nicht: Hier geht es um deutsche Staatsbürger (woher wollen Sie wissen, dass die Angehörigen von Frau Lehmann von Sozialleistungen leben?), deren nahe Verwandte Opfer von Verfolgung waren und die, sofern der Artikel korrekt ist, von der Leitung dieser Schule ziemlich schäbig behandelt worden sind (besonders schlimm fände ich, wenn die fraglichen Familienfotos, die ja wohl teilweise Verwandte zeigen, die ermordet wurden, von denen also nichts als diese Fotos blieb, einfach entsorgt worden wären; das wäre wirklich eine skandalöse seelische Grausamkeit gegenüber den Angehörigen).

  • R
    reblek

    Dass es sich um ein Wort handelt, gilt nicht nur für die Ankündigung auf der Startseite, sondern auch für die Überschrift des Artikels selbst: Sinti-und-Roma-Gedenkstätte.

  • IN
    Ihr neuer Pappsi

    sich für die Schwachen stark zu machen, ist in jedem Fall eine edle Sache.

     

    Daher schlage ich vor, jeder, der hier Stellung pro Roma nimmt, soll eine Patenschaft übernehmen und 1 % seines Brutto-gehaltes einem bedürftigen Roma zur Verfügung stellen.

     

    Sicher werde ich nun viele positive Antworten erhalten.

  • T
    tommy

    "Die Kinder widersprechen. Sie hätten die Familienbilder nicht zurückerhalten."

     

    Dann sollten die Kinder von Frau Lehmann die Schule verklagen. Von dem taz-Artikel her ist die Schließung der "Ausstellung" (war die von Anfang an als Dauerausstellung gedacht oder nicht?) schwer zu beurteilen, aber Leihgaben (noch dazu Bilder von - wahrscheinlich ermordeten? - Verwandten) einfach zu "entsorgen", das geht wirklich nicht.

  • JS
    Jörg Schiller

    in der Meinzer allegemeinen Zeitung vom 28.1.2006 ist über die eröffnung berichtet worden. Es gab eine Gedenkstätte. http://groups.yahoo.com/group/Roma_und_Sinti/message/315

  • R
    renate

    für georg

     

    schaukästen für bombenopfer oder Leute mit schlechtem Charakter werden nicht gebraucht weil bombenopfer oder Leute mit schlechtem Charakter nie unter Verfolgung zu leiden hatten. jedenfalls nicht in deutschland.

  • D
    Doroina

    „Eine Gedenkstätte hat an der Krautgartenschule nie existiert.“

     

    Ich vermute, dass es hier nicht um Vergessen geht, sondern um Definition. An der Schule wird man wohl der Meinung (bzw. Umdefinition) sein, dass die Fotos in der Vitrine nie eine Gedenkstätte gewesen seien, sondern vielleicht eine Ausstellung o.ä.. So kann man ohne Vergessen zu der Aussage kommen „Eine Gedenkstätte hat an der Krautgartenschule nie existiert.“

     

    Den Vorfall selbst sowie die Vorgehensweise der Schule empfinde ich als schändlich.

  • DN
    Denkt nach

    Die Schulleiterin Edith Smetana schrieb mit am Buch "Und was denkst du? Evangelische Religion 1./2. Schuljahr." Cornelsen. Interessant, dass die neue Schulleitung die Gedenkstätte abschafft. Ist es den Protestanten aus verschiederlei Gründen nicht recht, dass da eine Sinti und Roma-Gedenkstätte an der Schule ist? Betreiben nicht die Kirchen, katholisch/ evangelisch, im großen Stil Geschichtsfälschung. Siehe Wikipedia, wo im großen Stil Diskussionen über Einträge katholischer und evangelischer Geistlicher gehalten werden, wo jeder Hinweis auf die Unterstützung des Nationalsozialismus durch die Kirchen seinerzeit, umermüdlich bekämpft, überschrieben und gelöscht wird. Wo jeder Autor der gegen Kirchen schreibt wüst beschimpft wird. Die katholische Kirche, die mit Kathpedia, siehe kathpedia.com ein eigenes Netz zur Geschichtsfälschung aufbaut... Ist es Zufall, dass die Schulleitung eine glühende Anhängerin der Evangelischen Kirche ist? Ist es Zufall, dass Konfessionsschulen auf dem Vormarsch sind? Ist das gezielte Auslöschung der Geschichte zum Zwecke der Reinwaschung der Kirchen, die ja auch bei Sinti und Roma kein gutes Bild abgaben.

  • F
    flujo

    Ein vielsagendes Beispiel dafür, was mit der vielgenannten "Vergangenheits-Bewältigung" in Deutschland tatsächlich auf sich hat. Und das ganze auch noch seitens von PädagogInnen, die den Nachwuchs bilden sollen.

    Unglaublich, und unfassbar gegenüber den Angehörigen von Frau Lehmann, dass die Fotos und Dokumente einfach verschwunden oder - um in der Sprache der Vegangenheitsbewältigung zu bleiben - nie dagewesen sind.

  • ED
    einer, die nicht vergessen will

    Was hier geschildert wird, scheint mir symptomatisch für eine neue, geschichtsvergessene Bundesrepublik Deutschland zu sein, in der Rassismus und rechtsextremes Gedankengut auch in der Mitte der Gesellschaft wieder hoffähig sind. Wenn - wie hier nach dem Abbau der Gedenkstätte - dann noch behauptet wird, es habe eine solche Gedenkstätte nie gegeben, spricht das wirklich Bände.

     

    Da Antiziganismus eine Ausprägung von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ist - was nebenbei sicher auch ein interessantes Thema für die Schüler der Schule wäre, an der die Gedenkstätte entfernt wurde - hier noch ein interessanter Link der Uni Bielefeld:

     

    http://www.uni-bielefeld.de/(de)/ikg/projekte/GMF/Gruppenbezogene_Menschenfeindlichkeit_Zusammenfassung.pdf

  • F
    frankenstein

    sehr wichtiger aufklärungsbeitrag, religion:fussball, endlich wieder gewinnen. nicht bedingungslos kapitulieren. kann mir mal einer die sehr fragwürdige, sehr kontrolliert scheinende informationspolitik der privaten teflonmutti erklären. so gegen 19:55 manchmal in der abendschau, rbb, frau ausstieg vom ausstieg des ausstiegs schaut gerade, ja es wird so mitgeteilt, in diesem moment, 19:55, die ostzonenlegende paulanerchen panters in love. in einem schnuggeligen kino, hat paralysiert, mit offenen mund schauende/r zur kenntnis genommen. wow, grad zurück von der front. unschön[geh zur hölle verlogenes primat(chen), jedenfalls dein humanuider anteil]mh, nunja. mal schauen was aus dem machtvakuum so entsteht nach der miserenzeit. dies ist in einer möglichen zukunft hoffentlich ein gutes lehrbeispiel über leere scheindemokraten, die in verschimmelnden riesenkanzlerbungalows das spiel des ach so nomalen bürgers spielen. ach so, ja, der eigentliche beitrag: versuchen kann es die unterste scheindemokratenebene ja mal, wurde durch die verbreitung, zb hier in der taz, hoffentlich beendet in diesem fall. macht kommt eben doch von machen, macht alle mit. ran an die arrrbeit. ach so ja, fussball ist natürlich wichtiger, so gut, so überHAUPT.

  • J
    Jan

    "Dort kann man sich an nichts erinnern: „Eine Gedenkstätte hat an der Krautgartenschule nie existiert“, heißt es per E-Mail."

     

    Aber...Aber...hä? Wie kann man sich denn nicht an etwas erinnern, dass schon vor der Installation von einer regen Diskussion begleitet und sogar mti Ehrengästen eingerichtet wurde?

  • VI
    von Ihr neuer Pappsi

    die Daseinsberechtigung von Denkmälern ist unbestritten.

     

    Was mich gewalltig stört, ist daß sie einfach inflationär sind, insbesondere weil die noch Lebenden/Sterbenden der Erde immer nur ganz am Ende der Liste kommen.

     

    Hier gibt es kein Konzept - was da gerne als Entwicklungshilfe verkauft wird, ist meist dilletantisch und insgesamt ein Hohn.

     

    Was da an Programmen und "Experten" bezahlt wird, das geht auf keine Kuhhaut. Da wurden Leute teuer für Basteleien in Brasilien bezahlt, die es zB woanders in Brasilien längst schon gab, oder von anderen Basteleien war dort längst klar, daß sie nicht gebrauchsfähig sind.

     

    Ich weiß, wovon ich rede.

  • IW
    Im Westen nichts Neues

    Ohne die Arbeit von Betroffeneninitiativen und ihren Unterstützer(inne)n seit Ende der 70er Jahre wären Erinnerung und Gedenken an den Porajmos doch ebenfalls längst entsorgt.

     

    Und heute?

     

    Heute entsorgen wir in Deutschland geborene Roma in vermeintliche „Heimatländer“, die sie z. T. nie gesehen haben und in denen ihnen massive rassistische Diskriminierung und sogar Verfolgung drohen.

     

    Die Empörung der Familienangehörigen über das Verhalten der Krautgartenschule ist mehr als verständlich und berechtigt. Aber wenn es um die historische wie aktuelle Verfolgung und Diskriminierung von Roma geht, sind dreiste Wahrnehmungsausblendungen á la Drei-Äffchen-Prinzip („Nichts gesehen – nichts gehört – nichts gesagt“) nun mal leider immer noch an der Tagesordnung.

     

    Man muss schließlich auch mal einen Schlussstrich ziehen dürfen.

    Unter die Vergangenheit wie unter die Gegenwart.

     

    Wer dem Lehrpersonal und der Schulleitung mal die Meinung geigen will, findet hier die Kontaktdaten:

     

    http://www.krautgarten.wiesbaden.schule.hessen.de/

     

    Und wer die von Abschiebung bedrohten Roma unterstützen will, kann nächste Woche nach Hannover kommen:

     

    http://alle-bleiben.info/kommt-mit-zur-innenministerkonferenz-in-hannover/

  • A
    atalaya

    Einen Wiesbadener Stadtteil, der Kostheim heißt, gibt es nicht. Der Ort heißt Mainz-Kostheim, gehört zu Mainz und wird lediglich von Wiesbaden verwaltet. :-)

  • G
    Georg

    Nicht schön. Da fällt mir grad ein, was ist eigentlich mit dem Schaukasten für die Bombenopfer?

     

    Ach so, der wurde nicht aufgestellt weil die Wand nicht lang genug war.

  • S
    sputnik

    Wiesbaden liegt doch in Hessen, oder? Der Köhler/Schröderischen Heimat? Dem Bundesland, dessen Regierungspartei sich u.a. aus "jüdischen Vermächtnissen" finanziert? Dessen allzu forscherische Finanzbeamte psychietrisch entsorgt werden?

    Ja? Na dann ist doch alles in bester Ordnung.

  • MM
    Markus Müller

    So funktionierte Erinnerung für den größten Teil der Deutschen seit jeher.

    Das sind die perfiden Helfer,die die Spuren verwischen,ganz leise.Nicht wie eine freche Horde von Neonazis,die in den 70er-80er Jahren mit Eselsmasken zu Auschwitz Dokumentationen pilgerten mit einem Schild um den Hals,diese praktik hatte sich ja bewährt,mit der Aufschrift:Ich Esel glaube immer noch,dass es Vernichtungslager gab.

    Würde mich freuen aus der taz zu erfahren,wie das weiter geht.

  • FH
    Fridolin Hinterhuber

    Eine Gedenkstätte hat angeblich nie existiert,wurde der Angehörigen der Ermordeten mitgeteilt.Ist diese Lüge schon der Vorbote eines neuen Rechtsdralls an deutschen Schulen?

  • E
    eksom

    Was erwartet man in einem braunen Land, in dem 81 % der Deutschen die Thesen von Sarrazin (UN- bestätigter Rassist und immer noch SPD-Mitglied!) als richtig und gut befunden werden! ?

  • T
    themanwhostolehisownhorsetwice

    Schön, dass die Angelegenheit ein Thema für Euch ist. Ich hoffe, andere Medien ziehen nach - z.Z. sieht es leider nicht so aus!

  • R
    reorient

    Unglaublich.

  • M
    M.Mickelat

    Danke für diesen Artikel. Ich finde es eine Frechheit, heimlich die Gedenkstätte abzubauen.

    Da fragt man sich wieviel Anteilnahme echt war und wieviel davon geheuchelt war oder ist

    Armes Deutschland

  • TZ
    Tutnich Zursache

    krasse scheiße, könnt ihr da dranbleiben?

     

    eine so unverfrorene geschichtesvergessenheit ist ja die krönung dessen, was ich alltäglich hier in deutschland sehe

  • J
    Josephine

    Unfassbar, wie schleichend (bei scheinbar un-politischen Lehrer/innen) rechtes Gedankengut an die Schüler/innen der Schule weitergegeben wird.

    Das zeigt sich auch in Form von Entfernung der Ausstellung und dem (und das ist der Gipfel!) Negieren, dass je eine Ausstellung an der Schule existiert hätte, in der informiert, gemhant und erinnert worden sei.

    Die gesamte Lehter/innenschaft samt Rektorat und Conrektorin, Hausputzer/in, Verwaltungskräften und samt Hausmeister gehörten sofort entlassen.

    Was bilden sich diese (rechtslastigen) Staatsbediensten ein???

    ABER: Werbung an Schulen zulassen - *feine* Gesellschaft, diese.

  • RB
    Rainer B.

    Danke für diesen Artikel. Der Mensch vergißt schnell und irgendwie gehört das Vergessen wohl zum Leben.

     

    Auch, wenn unsere Generation keine Schuld hat an dem Unrecht, das man Sinti, Roma, Juden, Kommunisten und den vielen anderen Bevölkerungsgruppen, denen die Nazis das Recht auf Leben abgesprochen hatten, so haben wird doch die Pflicht, die Dinge immer wieder beim Namen zu nennen und nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

     

    Ich bin sicher, der Verbleib der Fotos etc. wird sich klären lassen und man wird wieder ein angemessenes Plätzchen dafür finden.

  • KF
    Karl Feinfelsen

    Dieser Vorfall in Wiesbaden zeigt wieder, dass Antiziganismus und die Diskriminierung von Sinti und Roma in Deutschland auch mitten in der Gesellschaft vorkommen und keine Randerscheinungen sind. In den Köpfen vieler Menschen existieren weiterhin Stereotypen, die ein sehr schlechtes Bild von den Sinti und Roma darstellen. Sie werden zu Bürger zweiter Klasse degradiert und mit dem Begriff "Zigeuner" werden oft negative Konnotationen bzw. Asoziationen wie "kriminell", "respektlos" oder "asozial" verbunden. Diese krassen Fehlvorstellungen machen auch vor Schulen und anderen Bildungsstätten nicht halt. Die Grausamkeiten und Verbrechen, die an Angehörigen der Sinti und Roma während der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland begangen wurden, werden allzu oft "vergessen", in Wahrheit aber eher verdrängt. Auch wenn es die jüngsten Generationen nicht mehr direkt betreffen mag, die Geschichte unserer Großväter und unserer Großmütter ist auch unsere eigene Geschichte. Denn die Nachwirkungen sind immer noch deutlich zu spüren und zeigen sich nicht nur im anwachsenden Rechtsextremismus in Europa, sondern auch in den vielen Vorurteilen, die uns täglich begegnen. Wichtig ist eine Lehre aus der dunkelsten Epoche Deutschlands zu ziehen und mit Aufklärung gegen Intoleranz, Diskriminierung und Rassismus vorzugehen. Diese Anstrengungen werden zwar nie ein Ende haben, sie lohnen sich aber dennoch um eine bessere, tolerante und friedlichere Gesellschaft für uns und unsere Kinder zu erschaffen und zu erhalten.

     

    Student der Lateinamerikastudien, Eichstätt.

  • F
    Fawkrin

    Wen interessieren schon Sinti und Roma? Selbsternannte Islamkritiker und moderne Rechte juckt es nicht.

     

    Um so besser, wenn die taz regelmäßig berichtet.

     

    Danke!