Schönefeld: Aufsichtsrat versperrt die Sicht
Wenn der BER-Aufsichtsrat heute über Wege aus der Krise berät, tut er es hinter verschlossenen Türen. Piraten und Linke fordern jetzt: Macht die Sitzungen öffentlich!
Die Feuerwache Ost ist eines der wichtigsten Gebäude des neuen Hauptstadtflughafens. Wenn der BER einmal eröffnet ist, sollen hier 18 Feuerwehrkräfte 24 Stunden bereitstehen. Im Fall eines Brandes sollen sie das Terminal vor Flammen schützen. Am heutigen Donnerstag schützt die Wache den Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft – vor der Öffentlichkeit.
Das kritisiert Martin Delius von der Piratenpartei. Der designierte Vorsitzende des BER-Untersuchungsausschusses fordert, dass der Aufsichtsrats ab sofort öffentlich tagt. Das soll das Vertrauen in das Flughafenprojekt wieder stärken. „Man kann sich auf die Aussagen des Aufsichtsrats nicht mehr verlassen“, so Delius zur taz. Als Beispiel nannte er die jüngste Fehlleistung der Verantwortlichen: Lange Zeit hätten sie gesagt, dass auf der heutigen Sitzung entschieden werden solle, ob der 17. März 2013 als Eröffnungstermin zu halten sei. Seit einigen Wochen versuchten sie jedoch die Bedeutung der Sitzung herunterzuspielen. Nun soll erst im September Klarheit über das neue Eröffnungsdatum herrschen. Unter den Spekulationen über die jüngste Verschiebung litten Unternehmen, deren Existenz am Flughafen hänge, genauso wie die AnwohnerInnen in Berlin und Brandenburg.
Auch der verkehrspolitische Sprecher der Linkenfraktion, Harald Wolf, glaubt, dass eine öffentliche Aufsichtsratssitzung im Interesse des Flughafens sei. „Lediglich die wettbewerbssensiblen Informationen sollten ausgeklammert werden“, sagte der ehemalige Wirtschaftssenator der taz. Allerdings seien öffentliche Aufsichtsratssitzungen kein Allheilmittel: „Vieles wird schon in internen Vorgesprächen der Anteilseigner besprochen.“
Das Vertrauen in den Flughafen-Aufsichtsrat fehlt auch dem baupolitischen Sprecher der Grünen, Andreas Otto. Allerdings kann er einer offenen Sitzung des Kontrollgremiums wenig abgewinnen – auch wenn öffentliche Veranstaltungen grundsätzlich eine gute Idee seien: „Wichtig ist, dass die entscheidenden Fragen geklärt werden.“
Im Roten Rathaus reagiert man auf den Vorschlag der Piraten mit klarer Ablehnung. Aufsichtsratssitzungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit seien wichtig, um vertraulich beraten zu können, sagte Senatssprecher Richard Meng der taz. Das gelte im Übrigen auch für Senatssitzungen. Die Piraten seien mit ihrem Vorschlag daher „auf dem falschen Dampfer“.
Pirat Delius ist von der segensreichen Wirkung der Transparenz fest überzeugt: „Die Erfahrung zeigt, dass öffentliche Sitzungen nicht weniger konstruktiv sind als geheime.“ Der Druck auf alle Beteiligten sei sehr hoch, so Delius: „Bei einer öffentlichen Sitzung könnten sich die Aufsichtsratsmitglieder davon frei machen.“ Denn für die Außenstehenden werde so nachvollziehbar, was besprochen wurde und was nicht. „Herr Wowereit hat das leider noch nicht verstanden“, kritisiert der Pirat. Mit einer Veröffentlichung der Controllingberichte hätte der Regierende Bürgermeister und BER-Aufsichtsratsvorsitzende viele Vorwürfe entkräften können.
Protokolle freigeben
Am Mittwoch erneuerten die Piraten auch ihre Forderung, alle bisherigen Aufsichtsratsprotokolle freizugeben. In den vergangenen Wochen hatte die Fraktion immer wieder BER-Dokumente im Netz veröffentlicht. Dafür gab es nicht nur Kritik von der Flughafengesellschaft – auch Klaus Wowereit rüffelte in einem Brief die Veröffentlichung eines als vertraulich eingestuften Sachstandsberichts auf der Plattform der Piraten. Diese konterten, sie hätten den Brief aus anderer Quelle erhalten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Streit in der SPD über Kanzlerkandidatur
Die Verunsicherung
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden