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S21-Gegner bei Stresstest-PräsentationSinneswandel im Ländle

Gegner des umstrittenen Tiefbahnhofs wollen nun doch an der Präsentation des Stresstests teilnehmen. Ihr Problem: Eine Mehrheit scheint für das Projekt zu sein.

Demonstrieren gegen das Projekt – trotz guter Stimmung für Stuttgart 21. Bild: dpa

BERLIN taz | Das Argument ist oft zu hören unter Gegnern von Stuttgart 21: Die Bewohner der Stadt selbst würden einen Tiefbahnhof samt kilometerlangen Tunnelgleisen in ihrer Stadt ablehnen. Zumindest laut einer neuen Umfrage ist das nicht mehr so.

Demnach haben 43 Prozent in der Stadt eine "sehr gute" oder "gute" Meinung über das Projekt, 34 Prozent eine "schlechte oder "sehr schlechte". Der Rest äußerte sich nicht oder war unentschieden.

Die Stadt selbst hatte 8.600 ihrer BürgerInnen per Post befragt und das Ergebnis ausgewertet. Die Hälfte schickte eine Antwort auf die insgesamt 50 Fragen, von denen sich nur einige mit Stuttgart 21 befassten. Befragungszeitraum war April bis Ende Juni 2011 - in Sachen Stuttgart 21 die Zeit des zähen Ringens zwischen Grünen und SPD um den Umgang mit dem Projekt in einer gemeinsamen Regierung. Seit 1995 gibt es diese Umfragen alle zwei Jahre, seit 1997 waren die Stuttgarter meist unentschieden, 2009 war eine deutliche Mehrheit gegen das Bahnprojekt. Zumindest vor zwei Jahren waren die Fragen identisch - die aktuelle Umfrage ist also durchaus Seismograf für die Stimmung in der Stadt.

Projektgegner: "Es ist das ewige Pingpongspiel"

Die Projektgegner suchten gestern nach Erklärungen: "Es ist das ewige Pingpongspiel. Die Unsicheren schwanken in ihrer Meinung je nach aktuellem Medienecho", sagt Hannes Rockenbauch, Sprecher des Bündnisses gegen Stuttgart 21, der taz. Wer sich wirklich informiere, sei auch dauerhaft gegen das Projekt. Das Ergebnis habe auch mit der Schlichtung durch den CDU-Politiker Heiner Geißler im vergangenen Herbst zu tun: Viele Medien hätten sie als Kompromiss dargestellt, nach der das Thema nun erledigt sei.

Unabhängig von der Umfrage haben sich die Projektgegner nun entschieden, am kommenden Freitag doch an der Präsentation des Stresstests teilzunehmen. Darin hat die Deutsche Bahn die Leistungsfähigkeit des geplanten Tiefbahnhofs simuliert, begleitet von der Schweizer Firma SMA.

Firma SMA: "wirtschaftlich optimale Betriebsqualität"

Diese attestierte eine "wirtschaftlich optimale Betriebsqualität", empfahl aber gleichzeitig einen weiteren Test und mahnte Verbesserungen der Zufahrten an. Für die Bahn war der Test damit bestanden, für die Gegner nicht. Bei der Frage, welche Störfälle und welche Fahrpläne unter verschiedenen Bedingungen getestet werden, waren sie nicht eingebunden. Deshalb wollten sie an der Präsentation zunächst nicht teilnehmen.

"Wir haben aber unglaublich viele Zuschriften von Menschen bekommen, die unsere Meinung zu dem Projekt hören wollen", sagte Brigitte Dahlbender, ebenfalls Sprecherin der Gegner des Projekts. Sie fordert einen erneuten Test unter Einbeziehung des Bündnisses gegen Stuttgart 21. Zudem könne man nachweisen, dass der alte Kopfbahnhof leistungsfähiger sei als der geplante neue.

Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) warf der Bahn in der Süddeutschen Zeitung "Zermürbungstaktik" vor. Sie habe die Prämissen des Tests zu ihren Gunsten manipuliert.

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10 Kommentare

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  • F
    Frank

    S21 ist kein Bahnprojekt und auch nur vordergründig ein Immobilienprojekt zur Schaffung von nicht benötigtem Abschreibungsleerstand.

     

    Es ist aber vor allem auch ein Projekt, mit dem das vermeintlich siegreiche Verkehrssystem "Motorisierter individueller Autoverkehr" dem konkurrierenden System "Öffentlicher Verkehr" vollends den Garaus machen will.

     

    Seit 1952 ist die Fahne des vermeintlich siegreichen Verkehrssystems auf der Burg des geschlagenen gehisst -

    Pardon, dreht sich der Mercedesstern auf dem Bahnhofsturm Stuttgarts. Mehr Symbolik geht ja kaum.

     

    Seit die Bahn mit Privatisierung und dem geplanten Börsengang als Hauptaufgabengebiet nicht mehr den Waren- und Personentransport ansieht, sondern Profit egal mit was (Käsch in the Täsch-Grube) ist der Bahnkunde und seine Zufriedenheit nur noch ein Gewinnhemmnis.

    Die Reihe von Automanagern, die sich bei der Bahn die Klinke in die Hand gaben macht ganz den Eindruck, als Hauptaufgabe die Vernichtung der unliebsamen Konkurrenz von innen zu betreiben.

     

    Miserable Fahrpläne und Verpätungen für sündhaft teure Pseudo-Luxuszüge, versiffte und verwahrloste Bahnhöfe, ..., und dann auch noch Stgt21, das den Bahnknoten Stuttgart funktionell schlechter macht - alles das soll das Bahnfahren maximal unattraktiv machen und die Leute auf die Straße bringen, vorzugsweise in einen Daimler-Benz.

     

    Verschwörungstheorie ? Ja klar - die Erde ist ja auch keine Scheibe und dreht sich um die Sonne, nicht andersherum.

     

    Grüsse und viel Spaß im Stau

    http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.verkehr-stuttgart-laut-staustudie-an-platz-vier-in-deutschland.35e6fd47-9297-4654-9067-208c4367f939.html

  • M
    mitdenken-bitte

    Die Ausflüchte und Wahrnehmungsverweigerung eines Hannes Rockenbauch ist typisch für die S21-Gegner:

    2009 behauptete er, anhand der damaligen Umfrageergebnisse, dass die Ablehnung gegen S21 mit steigender Aufklärung wachse.

     

    Die heutigen Umfrageergebnisse leugnet er, indem er behauptet, nur die wirklich informierten seien gegen das S21 . Alle anderen sind nur die die "Unsicheren". Und das nach 2 Jahren brutalstmöglicher "Aufklärung" durch ihn und seine Aktionismus-Partner

     

    Nachzulesen unter

     

    http://www.s-oe-s.de/archives/2009/08/14/immer-weniger-sind-fuer-stuttgart21/:

     

    "Hannes Rockenbauch fragt sich, wann die S21-Fanatiker endlich damit aufhören, die Stuttgarterinnen und Stuttgarter für blöd zu verkaufen. So belegt doch gerade der Rückgang der Anzahl von Menschen, die keine Meinung zu S21 haben (von zehn auf vier Prozent), dass die Ablehnung zu Stuttgart 21 mit steigender Aufklärung wächst."

  • JR
    Jakob Rabe

    @ Michael Winkler

    Irgendetwas auf der Welt ist immer wichtiger, schon klar. Wenn Ihnen ein Blumentopf volles Rohr auf den Kopf fällt, ist das aber erst mal wichtiger als die wirtschaftliche Situation Griechenlands oder das Artensterben. Also für Sie, meine ich, nicht für mich. Sie vestehen, was ich meine? Genau: Wenn ich in Baden säße, würde mich der Stuttgarter Bahnhof auch kaum bis gar nicht interessieren. Da ich hingegen in Stuttgart sitze, tut er das sehr wohl.

  • KH
    Keilbach Heidi

    Ich glaube nicht, dass man dieses Mamutprojekt unter den Gesichtspunkten "es gibt wichtigeres" sehen kann. Jeder Bürger und jede Bürgerin, die sich kundig gemacht haben müssen feststellen, dass:

    a) der bestehende Bahnhof - kundenfreundlich, behindertengerecht, ökologisch (da Taglicht vorhanden - selbst in der Ankunftshalle, keine Aufzüge benötigt - da ebenerdiger Eingang - Nord) ist und deshalb keine Notwendigkeit besteht, dass dieser Bahnhof ersetzt werden muss.

    b) dass es eine Anbindung per S-Bahn an den Flughafen gibt, die nur durch eine Expressverbindung erweitert werden muss,

    c) dass die Mineralquellen nachhaltig gefährtet sind,

    d) dass die Geoloigschen Risiken durch Tunnelbauten im Bereich von 65 km unter der Stadt und unter Gewerbegebiet teilweise nicht bekannt und nicht beherrschbar sind...

    und und.....

    dass die Medien unisono diese Risiken verschweigen oder herunterspielen.

    FRAGE Wenn 2 km Tunnel in Leipzig 1 Milliarde kosten - was kosten 65 km Tunnel im Projekt S 21????

  • F
    Frank

    http://www1.spiegel.de/active/vote/fcgi/vote.fcgi?voteid=7603

     

    Von wegen Sinneswandel...

     

    Die Taz sollte nicht alles nachplappern.

     

    Grüsse

  • TN
    Thomas Neuhaus

    @ Taz Redaktion. Sorry - aber etwas mehr Recherche hätte ich von der TAZ schon erwartet. In dieser "Umfrage" der Stadt wurde nicht unterschieden zwischen Tiefbahnhof und Neubaustrecke. Deweiteren wurde nicht zur Auswahl gestellt ob man für den Kopfbahnhof oder für den Tiefbahnhof ist. Interessanterweise berichtete selbst der "Schwarzwälder Bote": "S21 zerschägt Taktfahrplan". Sprich es kommt bei vielen Verbindungen zu wesentlich längeren Wartezeiten - auch im Tiefbahnhof. Nur leider macht sich kaum jemand die Mühe sich diesen Fahrplan im Detail anzuschauen - auch kein Journalist.

  • S
    Sue

    Lieber Michael Winkler,

    da Ihr Badener ja auch einen großen Teil davon mitbezahlt - gerne :-)

    Aber nicht motzen wenn dann bei Euch Bahntechnisch nichts mehr geht.

     

    http://www.youtube.com/user/WerZahltS21

  • V
    Vogelmann

    Sehr geehrte Damen und Herren,

     

    diese angebliche "Umfrage" wurde gezielt von der Stadt Stuttgart NUR an ausgewählte Haushalte versandt um sicherzugehen, die gewünschte Antwort zu erhalten - etwas Recherche wäre hier sicherlich angebracht. Die schwarzen Seilschaften im Hintergrund funktionieren leider immer noch, auch bei der Presse. Deshalb benötigen wir dringend eine sachlich richtige Berichterstattung. Bei dem ganzen Lügengebäude der DB wird hier einfach folgendes vergessen: Ein hervorragend funktionierender Bahnhof soll hier zerstört werden und der Bürger soll für ein miserables Projekt, das auch noch die Innenstadt/Umgebung Stuttgarts und das Mineralwasser zerstören wird eine Summe von 10 - 12 Milliarden Euro bezahlen? Eine empörte Stuttgarter Bürgerin.

  • V
    vic

    Die Mehrheit der befragten Leser der Stuttgarter Zeitung sind bereits seit Monaten für S21.

    So läuft das in Schwaben nun mal. Die Wahlschlappe der Schwarzen war nur eine wunderschöne Panne.

  • MW
    Michael Winkler

    Es gibt doch Wichtigeres auf der Welt, als die Frage, ob die Schwaben in ihrer Hauptstadt einen Bahnhof tiefer legen.

     

    Schöne Grüße aus Baden