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Rumänien will keinen Pilgerort für RechteAsche zu Asche und Faschist zu Ungarn

Die Regierung in Bukarest untersagt die Überführung der Urne des rechtsradikalen Autors József Nyírö nach Siebenbürgen. Ungarn kritisiert das Verbot als „barbarisch“.

Der ungarische Parlamentsvorsitzende László Köver bezeichnete die Regierung in Bukarest als barbarisch und hysterisch. Bild: dpa

BERLIN taz | Die rumänische Regierung hat eine vom ungarischen Parlament geplante Umbettung des rechtsradikalen ungarischen Blut-und-Boden-Autors József Nyírö von Budapest in seine siebenbürgische Heimat untersagt.

Die Beisetzung der Urne mit der Asche des im spanischen Exil verstorbenen faschistischen Schriftstellers sollte im Rahmen einer großangelegten Zeremonie am Pfingstsonntag in der siebenbürgischen Stadt Odorheiul Secuiesc (ung. Szekelyudvarhély) stattfinden.

In Siebenbürgen, das vor dem Ersten Weltkrieg zur österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie gehörte, leben mehr als eine Million Ungarn, die heute rumänische Staatsbürger sind.

Die Abtrennung Siebenbürgens gilt in den Augen ungarischer Revisionisten als eine nationale Schmach. Ziel ihrer Propaganda ist die Wiederherstellung Groß-Ungarns und die Angliederung der nach dem Ersten Weltkrieg durch das „Friedensdiktat von Trianon“ verlorenen Gebiete.

Wegen des Verbots der Beisetzungsfeierlichkeiten durch die rumänischen Behörden musste die Urne vorerst in Budapest bleiben. Statt der geplanten Zeremonie fand bloß eine kirchliche Gedenkveranstaltung statt, an der auch der Budapester Parlamentsvorsitzende László Köver teilnahm. Am Rande warf er der rumänischen Regierung vor, sich „barbarisch, unzivilisiert, unfreundlich, paranoid und hysterisch“ verhalten zu haben.

Keinen Pilgerort schaffen

Der rumänische Premier Victor Ponta wies die Anschuldigungen mit dem Hinweis zurück, man habe durch das Verbot verhindern wollen, dass die Grabstätte von Nyírö in einen Pilgerort für Rechtsextremisten umfunktioniert werde.

Bukarest hatte zuvor die geplante Umbettung des völkischen Autors Nyírö mit dem Hinweis auf dessen faschistische Tätigkeit untersagt.

Kövér appellierte gleichzeitig an die Rumänen, „den Verleumdungen“, mit denen man Nyírö überschütten würde, keinen Glauben zu schenken. Nyírö, erklärt Radu Ioanid vom Holocaust-Museum in Washington gegenüber der taz, war Mitglied der ungarischen Faschistenpartei, der sogenannten Pfeilkreuzler, auf deren Konto die Deportation der ungarischen Juden in die Vernichtungslager geht.

Antisemitische Kampagne

Nach dem von Hitler gefällten Wiener Schiedsspruch von 1940, als Rumänien Nordsiebenbürgen an Ungarn abtreten musste, beteiligte sich Nyírö als Zeitungsredakteur an rassistischen und antisemitischen Kampagnen. Die Werke von Nyírö sind dem völkischen Schrifttum zuzurechnen.

József Nyírö und sein ebenfalls aus Siebenbürgen stammender Kollege Albert Wass (1908–1998), der sich nach 1945 durch Flucht in den Westen dem Todesurteil als Kriegsverbrecher entziehen konnte, gelten heute in Ungarn als vorbildliche Autoren.

Deren vaterländischer Politkitsch wurde nun dort in den Lehrplan aufgenommen. Nyírö und Wass werden insbesondere von den Mitgliedern der rechtsextremistischen Jobbik-Partei gewürdigt. So erklärt sich auch die Anwesenheit des Jobbik-Vorsitzenden Gábor Vonazu Pfingsten bei dem Requiem für den 1953 in Madrid verstorbenen Nyírö.

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6 Kommentare

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  • A
    AKF

    Herr Károlyi hat natürlich völlig recht, danke für die Ergänzungen.

  • PK
    Peter Károlyi

    AKF vergass zu erwähnen, dass die Erdély Partei auch antisemitisch war, dass Nyirö im Pfeilkreuzlerrumpfparlament für die Aufhebung der Immunität von Endre Bajcsy-Zsilinszky stimmte, der dann am 24. Dezember 1944 gehängt wurde. Im Januar 1945 machte Nyirö Propaganda für die Szálasi Regierung und für die Fortsetzung des Krieges.

    Nach dem Krieg war Nyirö einer der Anführer der Pfeilkreuzler-Hungaristen Emigration.

    Warum der Präsident des ungarischen Parlaments die Schnapsidee hatte, diesen (unterdurchschnittlichen Schriftsteller),fanatischen ungarischen Nationalsozialisten und Goebbelsbewunderer wieder in Rumänien feierlich begraben zu lassen, hat mit der Wichtigkeit symbolischer Politik zu tun, eine Regierung die der Bevölkerung nichts zu bieten hat, will wenigstens nationale Emotionalisierung bieten.

    Kövér hat sich weit beim Fenster hinausgelehnt, als er die rumänische Regierung in Rumänien als barbarisch und unzivilisiert hinstellte. Er hat sich selbst zum Affen gemacht und seinem Land geschadet.

  • A
    AKF

    Ich frage mich, warum sich in solche Artikel immer wieder Ungenauigkeiten einschleichen müssen...

    Nyirő war in der Tat total wirr, und in der entscheidenden Zeit Faschist. Daran ist nicht zu rütteln. Aber Mitglied der Pfeilkreuzler war er nicht, er saß als Abgeordneter der "Siebenbürgerpartei" im Parlament. Auch waren die Pfeilkreuzler, so merkwürdig das klingt, eben NICHT für die Judendeportationen verantwortlich: als sie im Oktober 1944 an die Macht geputscht wurden, hatten die ungarischen Behörden und die SS die Juden (mit Ausnahme der Juden aus Budapest) schon längst deportiert. Das entschuldigt zwar niemanden, ist aber eine historische Tatsache.

    Zur Wahrheit gehört auch, dass die Beerdigung auch durch die rumänischen Behörden schon längst genehmigt war. Dadurch, dass die neue rumänische Regierung daraus eine so große Sache gemacht hat, haben sie leider dazu beigetragen, Nyirő "spannender" und postum quasi zu einem Märtyrer zu machen. Der ganze Zirkus hätte sonst außer ein Paar Rechten niemanden interessiert.

  • B
    Btila

    In Ungarn wird überdurchschnitlich viel Alkohol Konsumiert .

    Die Depressiven Wahrnehmungsstörungen der Ungarischen Regierung sind zweifellos ein Produkt des Konsums der harten Droge Alkohol .

    Drogenberater wären die optimalen vermittler in dieser Thematik und um weitere Gebietsverluste in Zukunft zu vermeiden .

  • S
    schnarrpfe

    "József Nyírö und sein ebenfalls aus Siebenbürgen stammender Kollege Albert Wass (1908–1998), der sich nach 1945 durch Flucht in den Westen dem Todesurteil als Kriegsverbrecher entziehen konnte, gelten heute in Ungarn als vorbildliche Autoren."

     

    Das ist Unsinn. Faschisten lesen überall auf der Welt Faschisten. Deswegen "gelten" diese Autoren noch lange nicht als allgemein "vorbildlich", was auch immer damit gemeint sein mag. Wie in allen anderen europäischen Ländern lesen auch in Ungarn die meisten Menschen gar nicht, und wenn, dann eher nicht Nyírö und Wass.

  • E
    emil

    aus ungarn kommt irgendwie nur geschmackloser humbug. es mutet an, als würde sich dort der abort europas herausbilden O_0