piwik no script img

Regierungsumbildung in PeruKabinett stürzt über Bergbaukonflikt

Nach nicht einmal fünf Monaten wirft Präsident Ollanta Humala fast seine gesamte Regierung hinaus. Neuer Premier wird ein Hardliner und Ex-Militär.

Frauen protestieren in Lima gegen das Bergbau-Projekt Conga. Über den Konflikt knallt es in der Regierung. Bild: REUTERS

PORTO ALEGRE taz | Nicht einmal fünf Monate nach Amtsantritt hat Perus Präsident Ollanta Humala mehr als die Hälfte seines Kabinetts ausgewechselt. Am Samstag waren Premierminister Salomón Lerner Ghitis und mit ihm, wie in Peru üblich, sämtliche MinisterInnen zurückgetreten.

Am Sonntagabend vereidigte Humala zehn neue Ressortleiter, überwiegend Technokraten. Prominentestes Opfer der Kabinettsumbildung ist die afroperuanische Sängerin Susana Baca, die das Kulturressort aufgeben musste.

Auslöser der Regierungskrise ist der monatelange Streit über ein neues Bergbauprojekt in der Provinz Cajamarca. Dort will der US-Multi Newmont, dessen Kupfer-Gold-Mine Yanacocha bereits seit Jahren für heftige Konflikte sorgt, seine Aktivitäten ausweiten und 4,8 Milliarden Dollar in das Megaprojekt Conga stecken.

Die Kleinbauern in der Region fürchten um ihre Wasservorräte - auf dem anvisierten Gelände liegen vier Lagunen. "Conga ist eine von vielen Zeitbomben, die die vorige Regierung hinterlassen hat", meint Humalas Vorvorgänger Alejandro Toledo.

Am 6. November hatte Humala klargemacht, dass er an Conga festhält. Die Folge waren wochenlange Proteste in und um Cajamarca. Newmont legte das Projekt vorübergehend auf Eis. Am 4. Dezember verhandelte der als kompromissbereit geltende Premier Lerner mit der Regionalregierung. Der ebenfalls anwesende Innenminister Valdés torpedierte dabei jegliche Annäherung, abends verhängte Humala den Ausnahmezustand über drei Landkreise und schickte Soldaten. Ausgerechnet jener Innenminister, der 62-jährige Exmilitär Óscar Valdés, wird nun Premierminister im neuen Kabinett.

"Botschaft der Verhärtung"

In den Achtzigerjahren war Valdés an der Militärakademie von Lima Dozent des jungen Humala, in den 20 Jahren vor seiner steilen Politkarriere betätigte er sich als Manager. "Der Staat verhandelt nicht mit Terroristen", erklärte Valdés zu seinem Antritt – gemeint war ein Anführer der dezimierten Guerillatruppe Sendero Luminoso. Valdés' Ernennung sei aber auch eine "Botschaft der Verhärtung" an jene Akteure, die an den rund 250 Ressourcenkonflikten in Peru beteiligt sind, vermutet Alfredo Torres vom Umfrageinstitut Ipsos Apoyo.

Kundgebungen sind nun in Cajamarca verboten, als Zeichen des Protests haben jedoch viele EinwohnerInnen die peruanische Flagge an Fenster und Balkone gehängt. 19 der 24 peruanische Regionalpräsidenten fordern die Aufhebung des Ausnahmezustands, doch Ollanta Humala setzt lieber auf Härte.

Bislang hatte Humala gelobt, bei großen Bergbau-, Öl- oder Infrastrukturprojekten die Rechte der betroffenen Bevölkerung und der Umwelt mehr zu achten als sein Vorgänger Alan García. Im September unterzeichnete er das jahrelang verschleppte "Gesetz über die vorhergehende Konsultation" indigener Völker bei Großprojekten. Die Kabinettsumbildung ist ein Schwenk in die andere Richtung.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • KS
    Klaus Schenck

    Bitte nehmen Sie an unserer Protestaktion "Peru: Aufstand gegen das Gold" auf unserer Webseite teil. In vier Tagen haben wir schon mehr als 16.000 Unterschriften gegen das katastrophale Goldbergbauprojekt gesammelt:

     

    www.regenwald.org

     

    Und hier noch ein wichtiger Hinweis:

    Bitte kaufen Sie keinen Goldschmuck und genauso wenig Goldbarren oder -münzen als Geldanlage. Die Gier nach dem edlen Metall hat weltweit katastrophale Auswirkungen auf die dort lebenden Menschen, Tiere und Pflanzen, aber auch das Wasser und das Klima. Überall auf der Welt wird nach Gold geschürft. In den Sedimenten von Regenwaldflüssen, in riesigen Bergwerken im Tagebau oder in Stollen tief unter der Erde. Um eine Tonne Gold zu gewinnen, müssen unter gigantischem Energieaufwand Millionen Tonnen Erdreich bewegt und mit hochgiftigen Chemikalien und Schwermetallen behandelt werden. Dabei werden auch das Grund- und Oberflächenwasser unwiderruflich verseucht. Mehr zum Thema Gold finden Sie auf unserem Infoblatt: www.regenwald.org/12-fragen/gold