Regenbogenflagge an Bundesministerium: Von wegen over the rainbow
Das Bundesumweltministerium hisst die Regenbogenflagge. Das Innenministerium erfreut sich allerdings nicht daran.
BERLIN taz | Es klingt so selbstverständlich. „Barbara Hendricks lässt vor dem Berliner Dienstsitz des Bundesumwelt- und Bauministeriums die Regenbogenflagge hissen.“ So liest es sich auf der Internetseite. Über Twitter schickten Hendricks Mitarbeiter am letzten Freitag zudem ein Foto und texteten: „#BMHendricks setzt Zeichen für Vielfalt und Toleranz.“ Seither hängt vor dem Ministerium am Potsdamer Platz in Berlin neben der Deutschland- die Regenbogenfahne.
Anlass ist der Christopher Street Day, besser: die CSD-Saison. Schon seit 1979 gehen in diesen Wochen weltweit Menschen auf die Straße, um für die Rechte von Schwulen, Lesben, Transsexuellen und Transgendern, Inter- und Bisexuellen einzutreten. Und seit den 1990er Jahren, so hieß es im Hause von Hendricks, werde in Berlin und vielen Städten des Landes an Rathäusern die Regenbogenflagge gehisst.
An Dienstgebäuden des Bundes hing die Flagge bisher noch nie. Da ist die Sache anders geregelt. Das lässt sich auch einem Schreiben entnehmen, das die Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, Cornelia Rogall-Grothe, bereits am 5. Juni diesen Jahres verschickt hat. Es liegt der taz vor. Die Botschaft in kurz: Bundesministerinnen und Bundesminister dürfen keine Regenbogenflaggen setzen. Hendricks kümmert das diese Woche nicht.
Die erste offen homosexuelle Bundesministerin macht um ihr Privatleben eigentlich kein Aufheben. Ihr Outing war unspektakulär. Ein Reporter der Rheinischen Post schrieb kurz nach ihrem Amtsantritt in einem Porträt über den Umzug der SPD-Politikerin aus dem nordrhein-westfälischen Kleve nach Berlin. Dann folgte der Satz „Deshalb wird sie heute mit ihrer Lebenspartnerin auch das Silvesterfest in der deutschen Hauptstadt verbringen.“ Man darf davon ausgehen, dass diese Randbemerkung mit Hendricks abgesprochen war. Sie vermittelt Normalität. Da soll die Regenbogenflagge ein Aufreger sein?
Das Problem mit Logo-Flaggen
Hendricks und ihre Leute fragten noch nicht einmal nach. Anders als ihre Kollegin aus dem Familienressort, Manuela Schwesig. Ihr Haus hatte den Kollegen des Innenressorts schon Mitte Mai mitgeteilt, die Regenbogenfahne in der „´Pride Week´ vom 14. bis zum 21 Juni 2014“ setzen zu wollen. So steht es zumindest in Rogall-Grothes Schreiben.
Das ist darum eigentlich auch nur an das Familienressort gerichtet. Doch die Absage ging dann „zur Kenntnis“ und mit der Bitte „um Beachtung in Ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen“ an alle Ressorts, also auch an das Bundesumweltministerium. Es ist ein hübsches Stück darüber, was in Deutschland wie geregelt ist.
Denn es heißt darin: „Andere Flaggen als die Bundesdienstflagge, die Bundesflagge, die Europaflagge, die Flaggen der Länder und die Flaggen der Gemeinde bzw. Gemeindeverbände dürfen nur mit Genehmigung des Bundesministeriums des Inneren gesetzt werden“. So sehe es der „Beflaggungserlass“ vor.
Sogenannte „Logo-Flaggen“ würden - abgesehen von behördeneigenen Logo-Flaggen wie der des Technischen Hilfswerkes - bei Dienstgebäuden des Bundes „ausnahmsweise“ nur zugelassen, wenn sie einen „besonderen bundes- oder gesamtstaatlichen Bezug“ haben. Dazu habe etwa die deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2007 gezählt oder auch das Jubiläum zu 20 Jahren
Wiedervereinigung 2009/10. Und: „In Fällen von besonderer Bedeutung entscheidet die Bundesregierung.“ Weiter schreibt die Innenstaatssekretärin, dass „nur bei konsequenter Beibehaltung der Linie, nach der lediglich bestimmte (hoheitliche) Flaggen an Behörden und Dienststellen des Bundes gehisst werden dürfen, eine bundesstaatliche Neutralität gewährleistet und in der Bevölkerung respektiert bleiben.“ Ihr Fazit: Die Genehmigung zum „Hissen der´Regenbogenflagge´ könne „nicht erteilt“ werden.
Schwesig hisste die Flagge letzten Donnerstag trotzdem vor dem Familienministerium in Berlin. Sie inszenierte es als ihre Zuständigkeit. Sie lud mehre Regenbogenfamilien dazu. Sie erklärte,deren Kinder hätten es in der Schule oft schwerer, würden ausgegrenzt und plädierte für eine „tolerante und weltoffene Gesellschaft“.
Am Montag wurde die Fahne allerdings schon wieder eingezogen. Das sei nie anders geplant gewesen und habe mit dem Schreiben aus dem Innenministerium nichts zu tun, versicherte Schwesigs Sprecherin. Vorerst seien alle Konflikte ausgeräumt. „Wir haben uns in der Regierung verständigt, es dieses Jahr so zu machen“, sagte sie. Alles andere bedürfe der Klärung.
Die Pride Week in Berlin läuft allerdings noch bis zu diesem Wochenende. Lässt Umweltministerin Hendricks die Regenbogenflagge denn noch bis Samstag oben? Ihr Sprecher zur taz: „Bei uns bleibt die Fahne hängen“.
update: Am Dienstagmorgen wehte die Regenbogenflagge doch nicht mehr über dem Dach des Bundesumweltministeriums. Der Grund: „Der 17. Juni gehört zu den wenigen 'regelmäßigen allgemeinen Beflaggungstagen' im Jahr, das sind Tage, an denen ohne besondere Anordnung ein 'Flaggengebot' besteht“, sagt Michael Schroeren, Sprecher des Umweltministeriums, der taz. Das bedeute, dass vor den Ministerien die Hohheitszeichen gehisst sein müssen. Das sind die Deutschlandfahne und die EU-Fahne. „Wir haben aus Respekt vor diesem Gedenktag die Regenbogenfahne für heute eingeholt“, so Schroeren. Am Mittwoch soll die Regenbogenfahne aber wieder über dem Bundesumweltministerium wehen.
Auch im Familienministerium gab es am Dienstagvormittag eine Wende in der Flaggenfrage. Man würde die Regenbogenflagge nach dem 17. Juni am Mittwoch wieder hissen, hieß es aus dem Ministerium.
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