Pressefreiheit in der Türkei: Verhafteter Journalist #164
Der Franzose Loup Bureau wurde in der Türkei festgenommen. Der Grund: Vor drei Jahren berichtete er über die syrische Kurdenmiliz YPG.
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Der Franzose Loup Bureau ist der 164. verhaftete Journalist in der Türkei. Auf der Rückreise aus dem irakischen Erbil am 16. Juli musste Bureau in der Nähe der Stadt Silopi an einem Checkpoint zur Befragung anhalten und wurde festgenommen. Johann Birr von Reporter ohne Grenzen sagt: „Er kam völlig legal über die Grenze. Er war dabei, für einen Bericht über die Probleme der Kurden recherchieren, über das Leben der Bevölkerung vor Ort.“ Der 27-Jährige, der sich noch in der Ausbildung zum Journalist befindet, hat bereits aus Ägypten, der Ukraine und Pakistan berichtet. In einem Monat sollte er seine Abschlussarbeit vorlegen.
Bei einer ersten Durchsuchung fanden die Polizisten ein Video über seinen Besuch der kurdisch-syrischen Region Rojava im Jahr 2013, das Bureau für den französischen Sender TV5-Monde gedreht hatte und der auch auf seiner Vimeo-Seite angezeigt wird. Bureau wird nun vorgeworfen, die kurdische Miliz YPG unterstützt zu haben, die von der türkischen Regierung als Terrororganisation gesehen wird. Bureau befindet sich seit dem 1. August im Şırnak-Gefängnis, seine Akte unterliegt der Geheimhaltung.
Bureaus Laptop wurde konfisziert und nach mehr „Beweisen“ durchsucht. Bureaus Anwalt Mesut Gerez sagt: „Auf dem Computer sind mehr als 3,5 Millionen Dokumente. Sie durchzugucken dürfte fünf Monate dauern.“ Womöglich könnten die türkischen Behörden auch eine zweite Ermittlungsstelle einsetzen, aber auch dann würde es über zwei Monate dauern, alles auszuwerten. In dieser Zeit wäre Bureau weiter im Gefängnis, ohne Beweise oder ernsthafte Anklage.
Gerez berichtet, dass Bureau gefasst und wohlauf sei. Die französische Botschaft in der Türkei spreche mit türkischen Behörden, um ihn im Gefängnis besuchen zu dürfen. Derzeit sei jeglicher Kontakt von Bureau nach Außen untersagt, berichtet Gerez, aber sobald die Behörden die Telefonnummern seiner Familie geprüft hätten, dürfte er mit ihnen alle zwei Wochen sprechen.
Die regierungsfreundliche Zeitung Takvim schreibt: „Wieder einmal hat Europa einen als Journalisten verkleideten Agenten geschickt, um den Terroristen zu helfen.“ Unter Bureaus beschlagnahmten Dokumenten sei ein Papier mit dem Titel „Liste für Waffenlieferung“ gefunden worden. Bureaus Anwalt nennt die Berichterstattung „bedauernswert“ und forderte das Gericht auf, Veröffentlichungen dieser Art zu untersagen.
Übersetzung aus dem Englischen: Peter Weissenburger/Malte Göbel
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