Plenum nach Brand: Der Kiez hilft dem Rauch-Haus

Auch eine Woche nach dem Brandanschlag auf das linke Georg-von-Rauch-Haus ist unklar, wer die Täter waren. Die Bewohner wollen darüber nicht spekulieren.

Nach dem Brand an Weihnachten: Bewohner kehren ins Haus zurück. Bild: dpa

Das Wasser ist seit wenigen Stunden wieder da, aber Strom gibt es immer noch nicht: Als sich am Donnerstag abend die Bewohner des Georg-von-Rauch-Hauses und zahlreiche Unterstützer zum öffentlichen Plenum treffen, leuchten Bauscheinwerfer und Lichterketten den Raum aus. Es ist kühl im Haus, alle haben sich fest in ihre Jacken gewickelt, aus großen Töpfen dampft das Essen, das die freiwillige VoKü-Gruppe gekocht hat. An den Decken, den Wänden sind noch die Spuren des Brandes vom Sonntag zu sehen, der das Haus unbewohnbar gemacht und fast Menschenleben gekostet hat. Dennoch ist die Stimmung fast feierlich. "Der Geist des Rauchhauses", wie es ein Plenumsteilnehmer ausdrückt, "ist zurück."

"Wir sind überwältigt von der Solidarität, die von allen Seiten kommt", sagt Benny, ein Bewohner des Hauses. "Da stehen auf einmal 150 Leute vor der Tür und arbeiten den ganzen Tag mit: die Männer, die sonst immer nur mit ihren Bierflaschen vor dem Haus saßen. Die Frauen von der Yoga-Gruppe. Tischler, die gleich ihre ganze Werkstatt mitbringe. Wirklich, das hätte ich nie gedacht."

Am Sonntag morgen, die meisten Bewohner lagen noch in den Betten, brach im Keller und Treppenhaus des 1971 besetzten und bis heute als Wohnprojekt genutzten Gebäudes auf dem Bethanien-Gelände in Kreuzberg Feuer aus. "Wir öffneten die Tür, und da war nur noch eine Wand aus Hitze", erzählt ein Bewohner. "Wie das ist, wenn man plötzlich in Todesangst ist, das kann man sich gar nicht vorstellen." Manche Bewohner kletterten in Panik aufs Dach, zwei sprangen aus dem Fenster und brachen sich Knie und Bein; sie sind noch im Krankenhaus. 26 Menschen, darunter zwei Kinder, rettete die Feuerwehr, zehn mussten mit Rauchvergiftung ins Krankenhaus.

Auch jetzt, fünf Tage danach, ist den Bewohnern der Schrecken noch anzumerken. Wann das Haus wieder bewohnbar sein wird, ist nicht absehbar. "Auch wenn es uns im Moment schwer fällt, wollen wir nicht in Schockstarre verfallen", haben die Bewohner in ihrer Erklärung vom Mittwoch geschrieben und gleich für den nächsten Tag zum Aktionstag aufgerufen - mit überwältigendem Erfolg.

Auch eine Demonstration wird auf dem Plenum am Donnerstagabend diskutiert - am Ende aber abgelehnt: Im Haus gebe es genug zu tun, die Solidarität könne hier besser gezeigt werden, als wenn man durch die Straßen zieht. Und solange unklar sei, wer die Täter seien, mache eine Demo nicht wirklich Sinn. Die Täter - das bleibt auch an diesem Abend das große Rätsel. Die Polizei geht von Brandstiftung aus. Aber die Bewohner wollen sich an den Spekulationen nicht beteiligen. Dem Aufschrei aus der linken Szene, die einen Nazianschlag vermutet, schließen sie sich nicht an: Es habe kein Bekennerschreiben gegeben, keine Graffiti. Man könne es nicht ausschließen - aber es deute auch nichts darauf hin. Auch die Täterbeschreibung, die die Polizei herausgegeben hat, löst bei den Bewohnern Skepsis aus. "Die kommt von einem Gast der Party am Abend zuvor, der fand, ein anderer Party-Gast habe sich komisch verhalten", sagt Benny.

Am Freitag wollten sich die Bewohner mit einem Anwalt treffen, der sie beraten sollte, wie sie mit den Verhören durch die Kriminalpolizei umgehen. Verweigern kann man sich nicht - aber zu internen Hausstrukturen etwa wollen die Bewohner nichts sagen. "Kaum war das Feuer aus, hat die Polizei alle Zimmer durchsucht", erzählt Benny. "Da haben wir schon erstmal ganz schön geschluckt."

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