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Outingportal Nazi-LeaksNicht nur Applaus für Neonazi-Outings

Auf Nazi-Leaks werden die Kontaktdaten von vermeintlichen Neonazis veröffentlicht - bald sollen weitere folgen. Doch der Sinn der Outings ist in die Kritik geraten.

Nazis im Visier - aber nicht besonders differenziert. Bild: Screenshot nazi-leaks.net

HAMBURG taz | Namen, Adressen, E-Mailkontakte und Telefonnummern. In den nächsten Tagen will die Hackerinitiative "Nazi-Leaks" weitere Daten aus der rechten Szene ins Netz stellen. Vor Neujahr hatten die anonymen Netzaktivisten ihre "Operation Blitzkrieg" gestartet, sprich: Kundendaten von Versandhandel und Kontaktadressen von Neonazigruppen veröffentlicht. Doch diese Datenkombination auf "Nazi-Leaks" löst nicht bloß Applaus aus.

"Warum diese Daten veröffentlicht wurden, ist nicht erkennbar", sagt Simone Rafael vom "Netz gegen Nazis" der taz. Bei der Aktion würde nicht mehr unterschieden, ob wirklich relevante Informationen zur Szene öffentlich würden – wie Namen von Kader einer Struktur. Nicht jeder, der ein T-Shirt bei einem Nazi-Versand bestelle, müsste mit voller Adresse öffentlich gemacht werden.

"Virtuelle Pranger zu errichten, auf denen dann auch noch ungeprüfte Daten veröffentlicht werden, sind keine geschickte Erwiderung auf rechtsextreme Aktivitäten" sagt Rafael. "Hacker können doch mit Nazi-Websites viel schönere und wirkungsvollere Sachen machen". So könnten diese etwa mit Anti-Nazi-Grafiken aufgepeppt, Kommentarspalten mit Humor in Bild und Text überschwemmt oder Internetportale einfach lahmgelegt werden.

Auf dem Outingportal haben die Hacker, die sich zu dem Netzwerk "Anonymous" zählen, unter anderem Daten der Modemarken "Eric & Sons" und "Thor Steinar" und von den Internetversandhandel "odin-versand" und "nationales Versandhaus" veröffentlicht. Eine vermeintliche Spenderliste der NPD und unüberprüfte Namensliste von Anhänger von "Blood & Honour" wurden ins Netz gestellt sowie eine angebliche "Autorenliste" der Jungen Freiheit (JF). Die Redaktion stellte Strafanzeige gegen Unbekannt.

Nazi-Leaks will besser prüfen

Mehrere Datenblöcke waren bereits vor ihrer Veröffentlichung durch "Nazi-Leaks" bekannt. Nach dem Bekanntwerden der Taten des Neonazitrios NSU hatte "Nazi-Leaks" beschlossen "einfach mal alles zentral anzubieten". Die Kritik an den Veröffentlichungen scheint die Gruppe, deren Kern bis zu zehn Personen bilden sollen, inzwischen zu teilen: Sie sei "berechtigt" heißt es. Weitere Daten, auch aus dem internationalen Spektrum, würden veröffentlicht werden - aber nach besserer Überprüfung. Einige Daten, die nicht überprüft werden konnten, habe sie bereits zurückgehalten.

Der Umgang mit gehackten Daten beschäftigt Redaktionen regelmäßig. Im vergangenen Jahr spielten Hacker auch der taz oft Informationen zu. Nach Sichten und Auswerten, wie bei den rund 64.000 internen NPD-Mails wurden private Daten und Dialoge nicht veröffentlicht. Nur die politischen relevanten Informationen wurden aufgegriffen.

Bei "Operation Blitzkrieg" haben die Hacker aber nicht bloß Daten veröffentlicht. Auch Websites und Internetportale der Szene wurden lahmgelegt. Die rechtsextreme Szene rief längst auf verschiedenen Websites zum "Gegenangriff" auf: "OP-takedown". So erklärte die Gruppe "Weiße Wölfe Terrorcrew / Hamburger Nationalkollektiv" die "'Anons' mit ihren eigenen Waffen zu schlagen". Auch bei den Szeneportal "Altermedia" werden Informationen zum Netzangriff veröffentlicht. Ein nachhaltiger Effekt ist bei "Nazi-Leaks" aber nicht eingetreten.

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19 Kommentare

 / 
  • WR
    Weiße Rose

    Ein Mensch bleibt ein Mensch, und Mordaufrufe gehen zu weit!

     

    http://www.gulli.com/news/18020-nazi-leaks-per-spam-kampagne-gegen-neonazis-2012-02-02

  • P
    Peter

    Schon gehört:

    Die Domäne nazi-leaks.net wurde gelöscht.

  • W
    Wolf

    @Siech Hein

     

    "Hihi. Die Nazis wollen die Häcker mit die seine eigenen Waffen schlagen?"

     

    Und manche haben Probleme mit dem Schreiben,nicht wahr.

    Häcker gibt es nur auf dem Äcker.

  • TK
    Thomas Köcher

    Mich erschreckt das etwas. Ich verachte Nazis, aber diese Seite Nazi-Leaks ruft doch indirekt zum Lynchmord auf. Was ist denn, wenn einige Antifas beschließen, den örtlichen NPD-Spender zu ermorden oder denjenigen, der mal den einen oder anderen Artikel für die Junge Freiheit schrieb. In einer solchen Gesellschaft möchte ich nicht leben. Was ist mit denen, die zur rechten Szene gehörten, aber ausstiegen oder dabei sind, dies zu tun? Was ist mit NPD-Anhängern, die sich aber nun abwenden von dieser faschistoiden Partei? Ohne Sinn und Verstand wird hier an den Pranger gestellt und die JF - bei aller Liebe - ist nun kein Nazi-Organ. Ich habe wirklich Angst davor, dass es zu Fällen von Selbstjustiz kommt. Ich finde auch, dass die Hacker besseres tun könnten.

    Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus! Aber Gewalt auch nicht mit Gegengewalt bekämpfen...

  • S
    Sascha

    Nazi-Leaks ist ja nun abgeschaltet.Damit dürfte endlich wieder Ruhe sein.

    Ich fand die Aktion unmöglich und gefährlich.

  • N
    News

    nazi-leaks.net ist vom Netz.Die Hoster haben die Schnauze voll.

     

    Bravo.

  • R
    Rizo

    @ alter:

     

    Ausgezeichneter Kommentar! Genau so sieht´s nämlich aus. Die Junge Freiheit ist genauso wenig rechtsradikal wie die taz stalinistisch ist; und dass irgendwelche obskuren Grüppchen bestimmen, wer Nazi ist und wer nicht erinnert mich allzu sehr an Görings Ausspruch "Wer Jude ist entscheide ICH."

     

    @ Ika: Stimmt genau, diese Leute wussten was sie tun: Klamotten bestellen! Das ist (selbst bei ausgesprochen miesem Design und zugegebenermaßen beschissenen politischen Ansichten) kein Straftatbestand.

    Ich bin weiß Gott kein Nazi-Freund, und ich will mit folgendem Gegenbeispiel nicht suggerieren, dass Linke gleich Kiffer sind, aber man stelle sich doch mal folgendes Szenario vor:

    Es kommt heraus, dass die Polizei die Kundendaten von Bürgern sammelt, die Kleidung mit "szenetypischen" Hanf-, Pilz- und Psychedelik-Motiven kaufen, und diese als Ausgangspunkt für Ermittlungsverfahren nutzt...oder "stichprobenartige" Urinkontrollen...oder die Namen direkt an die Führerscheinstelle weitergibt...oder, oder, oder. Das wäre auf einmal gar nicht mehr so cool, oder?

  • AW
    auch woanders lesender mensch

    Nazis bzw. Personen die zu Aktionen (DDos o.ä.) gegen diese Seite aufrufen, machen sich nicht nur strafbar (Aufruf zur Datensabotage), sondern sind auch ganz einfach zu stoppen (s. Zitat).

     

    Zitat: "Übrigens - jede Neonazi-Site, die zu "take nazi-leaks down" aufruft, die Skripte verlinkt etc., ruft zur Datensabotage auf und verstösst bei fast allen Providern wahrscheinlich gegen die Geschäftsbedigungen. Und das braucht deshalb kein DDoS-Skript, sondenr leidglich eine einzige Mail."

     

    gefunden bei: http://de.indymedia.org/2012/01/322730.shtml

     

    es grüßt ein menschlein

  • E
    Eisvogel

    Ich weigere mich, Denunziantentum abzufeiern, auch wenn es behauptet, sich der guten Sache zu verschreiben.

     

    Was weiss man denn über die gehackten Daten? Was ist mit irgendwelchen 17jährigen die sich bei einem Versand zwei Armyhosen bestellt und nicht weiter nachgeschaut haben, dass in der nächsten Rubrik Nazishirts angeboten werden? Was mit Leuten die sich aus der rechten Szene wieder ausgeklinkt haben, oder über einen pubertären Sticker hinaus gar nicht erst wirklich Teil derselben geworden sind? Was mit Leuten die aus ganz anderen Gründen im Email-Verteiler dieser Shops gelandet sind, weil sie eine Handwerkerleistung absprechen wollten, eine Vertriebsabsprache für unbeschriftete Kapuzenpullis, oder sich sogar vertippt haben?

     

    Sonst kann der Umgang mit Daten doch auch nicht präzise und sicher genug sein.

  • EI
    Erfurt in Thüringen

    In erfurt sind alle veröffentlichten auch Nazis, also what else.

  • I
    Ika

    Nicht jeder, der ein T-Shirt bei einem Nazi-Versand bestelle, müsste mit voller Adresse öffentlich gemacht werden.

     

    ...Doch.

     

    "Eric & Sons", "Thor Steinar, "odin-versand" und "nationales Versandhaus" ..alles eindeutig rechte Versandangebote, bei dem der Käufer weiß, was er tut.

  • S
    susi

    Die Kritik ist berechtigt; das Ganze ist doch reichlich pubertär und unreflektiert.

  • F
    Fraggel

    Das Outingportal macht richtig Lust darüber nachzusinnen wie denn wohl mit Privatsphäre, Eigentum und Leib und Leben von Andersgesinnten umgegangen wird im Falle einer linken Machtübernahme.

    Der ein oder andere Genosse dürfte ja sicher noch entsprechende Handlungsanweisungen aus nostalgischen Gründen im Keller verwahren.

    Braun und Rot sind einander habituell doch zu verwandt.

  • AL
    Abgelenkter Leser

    Klasse Inhalt, danke schön.

     

    Wieso betraut die taz nicht mal eine Redakteurin oder einen Redakteur mit der Aufgabe Korrektur der Onlinetexte? Dann ärgern

     

    sich NutzerInnen weniger über ablenkende oberflächliche Fehler und kommen lieber wieder. Hier sind Beispiele:

     

    - Im zweiten Absatz fehlt ein Komma vor "ob wirklich"

    - mit "zu Szene" ist wahrscheinlich "zur Szene" gemeint

    - im dritten Absatz "ungeprüften Daten" -> "ungeprüfte Daten"

    - "augepeppt" -> "aufgepeppt"

    - im vierten Absatz "von den Internetversandhandel" -> "von dem Internetversandhandel"

    - "Anhänger" -> "Anhängern"

    - im sechsten Absatz "politischen relevanten" -> "politisch relevanten"

    - im siebten Absatz "Internetportal" -> "Internetportale"

    - "bei den Szeneportal" -> "bei dem Szeneportal"

     

    Das geht doch auf Papier auch.

  • V
    viccy

    Aus einem der Links geht eine Botschaft der Antifaschisten hervor:

     

    "Korrektur vom 23.11.2011: Den User Nr. 5 namens “Andre” haben wir fälschlich als Jörg Czerney identifiziert. Tatsächlich handelt es sich um André Luther aus Delitzsch."

     

    Super! Ob er wohl schon im Namen der Herzlichkeit auf die Fresse bekommen hat? Also, der Jörg, meine ich.

  • A
    alter

    Jetzt die Junge Freiheit, dann die CDU, dann die SPD und dann die taz und dann die Menschewisten. Man sollte mal die Kirche im Dorf lassen und bei der Jungen Freiheit ist die Grenze nun wirklich überschritten. Die mögen rechts sein wie die taz links ist. Eine andere Meinung allein kann aber nicht genügen. Da ist nichts mehr mit der ohnehin albernen Rechtfertigung, dass wer Menschenrechte nicht akzeptiert selbst keine haben soll oder wer den Rechtsstaat abschaffen will sich seiner Vorteile nicht bedienen können soll oder dass Nationalsozialismus keine Meinung sei, sondern ein Verbrechen. Die Junge Freiheit rangiert weit unter dieser Schwelle, wenn es eine solche überhaupt gibt, was ja voraussetzt, dass man sie auch definieren kann.

    Das artet langsam zum blanken Gesinnungsterror aus. Dies hier ist übrigens auch der Dammbruch, der immer als Argument mitgedacht wird, wenn gerechtfertigt wird, dass die Neonazis z.B. demonstrieren dürfen.

     

    Ihr dürft euch gratulieren. Nun gibt es nicht nur ein theoretisches Argument, die Grundrechte der Nazis zu schützen, sondern ein ganz praktisches. Ganz toll...

     

    Eigentlich sollte ich jetzt Angst haben, denn nun bin ich auch einer von "denen" und gehöre dafür, dass ich meine Meinung frei äußere, die leider nicht die "richtige" ist, "geoutet" und natürlich auch geteert und gefedert...

  • D
    Daniel

    Und stehen schon Adressen von Polizei und Staatsschutz auf Nazileak..? Hat wer die Adresse von Thür. und Sachsens Innenminister..? Und Warum denn eigendlich NAZIS..? Ich dachte das Thema hätte die TAZ vor lauter WULFFEREI, schon längst wieder vergessen..... War da was mit "Terrorzelle"? War da was mit nem immer noch strahlenden maroden Atomleck in Asse ähh (Japan), Ölflecken im Golf von Mexico. Abschlachten in Syrien, Krieg in Lybien.... sorry keine Zeit DSDS geht los, mal schauen wann die TAZ darüber berichtet........

     

    gemma Bier trinken mitem Dickmann....?

  • WR
    Weiße Rose

    Natürlich bleibt ein ambivalenter Beigeschmack nach den Nazi-Leak Aktionen. Wenn nun besser geprüft werden soll, was veröffentlicht wird, ist das zu begrüßen. Als "Schuss vor den Bug" muss nun jeder dieser widerwärtigen Nazi-Dumpfbacken wissen, dass er ganz fix aus der Anonymität gezerrt werden kann.

  • SH
    Siech Hein

    Hihi. Die Nazis wollen die Häcker mit die seine eigenen Waffen schlagen? Geht nicht: Jeder, der auch nur ansatzweise nicht zu blöd ist, um häcken zu können, geht nicht zu den Nazis. Hihi.

    Aber man muss wirklich nicht einfach alles veröffentlichen. Sonst hat man wieder das andere Extrem: Verirrte greifen Menschen an.

    Und: Anonymous ist kein "Netzwerk", sondern ein Name, den sich viele einfach mal anpappen und ihn wieder ablegen. Ein Netz setzt zumindest ähnliche Ziele bzw. Motivationen voraus. Zurzeit agieren einige als "Anonymous", die einfach nur anonym bleiben wollen.