Neue Geldchip-Funktion auf Konto-Karten: Per Funk einkaufen
Neue Chance für das unbeliebte Zahlungsmittel in Deutschland: Die Sparkassen rüsten ihre Geldkarten mit einem NFC-Funkchip nach. Werden die Kunden dieser Technik trauen?
Tägliches Mini-Drama an deutschen Supermarkt-Kassen: Eine Packung Kaugummi und zwei Bananen landen auf dem Kassenband. Beim Bezahlen warten Schlange und Kassierer bis der Kunde seine EC-Karte richtig in das Lesegerät gesteckt hat, warten bis die Geheimnummer eingegeben werden kann, warten auf die Autorisierung, warten auf den Belegausdruck. Die Zeit bleibt stehen.
Das könnte nach den Visionen des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) bald der Vergangenheit angehören. Im Januar hat er eine Initiative angekündigt, um den Zahlungsmarkt zu verändern: Noch bis April sollen 1,2 Millionen Geldkarten mit einem neuen Funkchip nach dem NFC-Standard (Near Field Communication) ausgestattet werden und so das berührungslose Bezahlen in Deutschland einführen. Statt eine Karte in ein Lesegerät einzuführen, wird sie nur kurz an das Kassenterminal gehalten.
Die NFC-Technik gilt als Zukunft des Bezahlens. Mit dem verschlüsselten Nahbereichsfunk ist es unnötig, Kontenkarten in einen Chipleser einzuführen oder eine Unterschrift zu hinterlassen. Man hält nur die Karte an ein Lesegerät und das Geld wir automatisch abgebucht.
Maximal 20 Euro pro Einkauf
Die Nachteile des alten Geldchips bleiben aber erhalten: Um bezahlen zu können, muss vorher Geld vom Konto auf den Chip gebucht werden. Maximal lassen sich aber nur 200 Euro transferieren. Neu hinzu kommt, dass mit dem neuen Funkverfahren pro Bezahlvorgang nicht mehr als 20 Euro abgebucht werden können und damit für einen normalen Familieneinkauf nicht in Frage kommt. Verliert man die Geldkarte, ist das Geld auch weg. Die Kunden müssen also entscheiden: Zeitersparnis oder Sicherheit?
Schon 1996 sollte die Geldkarte als Zahlungsmittel und Kleingeldersatz erfolgreich eingeführt werden, doch bis heute führt sie nur ein Nischendasein. Selbst die 2007 verordnete Kartenpflicht am Zigarettenautomaten sorgte nicht dafür, dass die Deutschen die Kontokarte in Ihrer Brieftasche als praktische Alternative zum Bargeld akzeptierten. Nach einem kurzen Anfangshoch sanken die Umsätze und Bezahlungen mit dem Chip-Geld konstant. Auch Händler mit Geldkarten-Terminals gibt es kaum noch.
Google-Lösung mit mehr Vorteilen
Die deutschen Sparkassen sind nicht die ersten, die auf die NFC-Technik setzen. So hat schon Google mit seinem Bezahldienst Wallet für Furore gesorgt, der ebenfalls auf NFC-Technik basiert. Der Internet-Konzern will damit sein Mobil-Betriebssystem Android zu einer neuen Milliarden-Einnahmequelle machen.
Denn für jede Zahlung werden Gebühren fällig. Ein paar Euro für den Händler, ein paar Cent für den Zahlungsdienstleister. Aus Milliarden Bezahlvorgängen werden so schnell Millioneneinnahmen. Doch bevor Google damit auf den deutschen Markt kommt, wird noch einige Zeit vergehen. Und auch Mastercard und VISA sind bereits am Experimentieren.
Zeitlich gesehen sind die Sparkassen also im Vorteil – sie wollen ab diesem Jahr 45 Millionen Kontokarten nach und nach mit dem NFC-Chip ausrüsten und so eine kritische Masse an zahlungsfähiger Kundschaft herstellen. Doch es gibt einen großen Nachteil gegenüber der Smartphone-Lösung von Google und der klasischen Kartenzahlung: Die Geldkarte hat kein Display und keine Knöpfe.
Damit ist dem Kunden ganz die Kontrolle entzogen, wer wann wie viel Geld abbucht, schließlich kann er die Zahlung nicht bestätigen. Man muss drauf vertrauen, dass die Betreiber des Systems ein Verschlüsselungssystem gewählt haben, das nur schwer zu knacken ist. Bei der Google-Lösung kann der Kunde die Zahlung immerhin per Handy-Display bestätigen.
Um möglichst viele Händler von dem System zu überzeugen, hat der DSGV ein attraktives Kostenmodell vorgestellt. Für Beträge bis fünf Euro bezahlt der Händler einen Cent, bis 10 Euro zwei Cent und bis 20 Euro drei Cent.
Gleichzeitig preist der DSGV die Geldkarte als Multifunktions-Ausweis an. So können Studenten in Dortmund mit NFC bereits in der Mensa bezahlen und die Karte parallel als Bibliotheksausweis benutzen. Technisch ist das kein Problem – die Chips können unterschiedlichste Programme verarbeiten. Doch am Ende entscheiden die Kunden.
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