Nationaler Parteitag der US-Grünen: Kleine Partei mit großen Lösungen

Der nationale Parteitag der US-Grünen nominiert die Ärztin Jill Stein als Kandidatin für die Präsidentenwahlen. Sie will mit einem „Green New Deal“ 25 Millionen Jobs schaffen.

Hat eine Auszeit genommen: Grünen-Kandidatin Jill Stein. Bild: reuters

WASHINGTON taz | Die US-amerikanischen Grünen haben sich als erste Partei offiziell entschieden: Beim nationalen Parteitag in Baltimore nominierten die Delegierten am Samstag Jill Stein mit 193 gegen 72 Stimmen zu ihrer Präsidentschaftskandidatin. Die 62-jährige Ärztin aus Massachusetts tritt mit Cheri Honkala an, Aktivistin aus Philadelphia, die sich einen Namen mit Aktionen gegen Obdachlosigkeit und Armut gemacht hat.

Die beiden Frauen suchen „große Lösungen“. Unter anderem will Stein 25 Millionen Arbeitsplätze mithilfe eines „Green New Deal“ schaffen. Sie sollen nach dem Vorbild des New Deal entstehen, der in den 30er Jahren die Große Depression in den USA beendete. Stein schlägt öffentliche Investitionen in Kooperativen, kleine Unternehmen, in den öffentlichen Dienst und in saubere Energie vor.

An dem vorausgegangenen Konjunkturpaket – dem mit mehr als 700 Milliarden Dollar ausgestatteten „Stimulus-Pakt“ von 2009 – kritisiert sie, dass mehr als die Hälfte in Subventionen für große Konzerne gegangen sind, „die keine Arbeitsplätze geschaffen haben“.

Darüber hinaus will Stein das US-Militär radikal verkleinern, Marihuana legalisieren und allen die Möglichkeit zum Hochschulbesuch eröffnen. Die Ärztin, die eine Auszeit von ihrem Beruf genommen hat, will außerdem die Gesundheitsreform korrigieren: Anstatt das Geschäft mit der Gesundheit privaten Versicherungen zu überlassen, will sie eine allgemeine staatliche Krankenversicherung für alle schaffen.

Während jede noch so nebensächliche Bemerkung und jeder neue Wahlkampfspot von Barack Obama und Mitt Romney Schlagzeilen machen, ignorieren die US-Medien die Kampagne der Grünen weitgehend. Dahinter steckt die Ansicht, dass „dritte Parteien“ in dem Zweiparteiensystem keine Chance hätten. Gewöhnlich dürfen die KandidatInnen der „dritten Parteien“ nicht einmal bei TV-Debatten im Präsidentenwahlkampf mitdiskutieren. Die Kommission, die die Debatten seit den 80er Jahren organisiert, ist fest in der Hand der beiden großen Parteien.

Zur Begründung des Ausschlusses dritter KandidatInnen, erklärt die Commission on Presidential Debates, dass mitdiskutierende KandidatInnen mindestens 15 Prozent Unterstützung in Meinungsumfragen haben müssten.

„Das eine Prozent finanziert die Wahlen“

Während die Wahlkampfmaschinen der beiden Männer von einem Millionen-Dollar-Segen aus Unternehmenskassen in die „Super PACS“ profitieren – „Das eine Prozent finanziert die Wahlen in den USA“, so Stein –, bestehen die grünen Frauen auf Unabhängigkeit. Spenden aus Unternehmenskassen lehnen sie ab.

In ihrer Kampagne ist Stein bereits seit Monaten quer durch die USA unterwegs. Sie tritt in Kneipen, Privatwohnungen, Universitäten und auf besetzten Plätzen auf. In diesem kleinteiligen Wahlkampf hat sie eine Premiere in der Wahlkampfgeschichte der USA geschafft: Erstmals sammelte sie genügend private Spenden, um öffentliche Mittel für den Wahlkampf zu bekommen. Für die erst elf Jahre alte Partei der „Greens“ ist das ein hübscher Erfolg.

Die beiden grünen Frauen haben das ehrgeizige Ziel, am 6. November in 40 der 50 Bundesstaaten anzutreten. Darunter auch in Staaten, die möglicherweise über den Ausgang der Wahlen entscheiden werden, wie Colorado, Florida, Michigan und Ohio. Von dem Argument, das könne Barack Obama den Wahlsieg kosten, will sich Stein nicht beeindrucken lassen. „Wir müssen die Politik mit der Angst beenden“, sagt sie, „denn sie hat uns genau das gebracht, wovor wir Angst hatten: eine Ausweitung der Kriege, Angriffe auf unsere Bürgerrechte, eine Ausdehnung der Freihandelsabkommen und der damit einhergehenden Arbeitsplatzzerstörung und den Rettungsplan für die Wall Street.“

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