NSU-Prozss am OLG München: Wissen ohne Folgen für Meyer-Plath
Der sächsische VS-Chef sagte als Zeuge im NSU-Prozess aus. 1998 hatte er fünf Berichte über das Nazi-Trio erhalten.
MÜNCHEN taz | Sein Auftritt war mit Spannung erwartet worden: Am Mittwoch erschien der Präsident des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz (VS), Gordian Meyer-Plath, als Zeuge im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München. Im grauen Anzug nahm der hochrangige Geheimdienstmann mit der weichen Stimme im Saal A 101 gegenüber der Hauptbeschuldigten Beate Zschäpe Platz.
Vor dem Gebäude des Landgerichts führte währenddessen die Kampagne „Blackbox VS“ der Berliner Naturfreunde eine Performance für den V-Mann-Führer Meyer-Plath auf. „Wer schweigt, steigt“ und „Gordian, so nah wie möglich an der Wahrheit bleiben“ war auf Schildern zu lesen.
In seiner Aussage gab Meyer-Plath an, zwischen August und September 1998 insgesamt fünf Berichte von dem umstrittenen V-Mann Carsten Sz. alias „Piatto“ erhalten zu haben, in denen es um das NSU-Kerntrio Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe ging.
Aus der Haft hatte Sz., der an einem brutalen Überfall auf einen Nigerianer beteiligt war, sich selbst an den brandenburgischen VS gewendet, für den Meyer-Plath damals arbeitete. Laut „Piatto“ hätten die drei geplant, sich ins Ausland abzusetzen und vorher eine „weitere Bank“ auszurauben. Sz. hätte auch zwei Mitglieder des Netzwerks „Blood & Honour“ genannt, die Waffen und Papiere besorgen sollten. Alle Infos seien an die Thüringer Kollegen weitergegeben worden.
Nicht nur weil diese Infos zu keiner Festnahme führten, fasste Nebenklagevertreter Alexander Hoffmann nach. Er wollte weitere Szeneverstrickungen wissen – und ob über den bewaffneten Kampf diskutiert wurde. An nicht alles konnte oder wollte der Befragte sich erinnern, erklärte aber, dass es sehr wohl eine Diskussion um dem bewaffneten Kampf gab. Erkenntnisse, die offensichtlich bei den Ermittlungen nicht berücksichtigt wurden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Streit in der SPD über Kanzlerkandidatur
Die Verunsicherung
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht