NPD erneut im Schweriner Landtag: "Ein gemeinsamer Wille"
Trotz Verlusten kommt die NPD wieder in den Landtag. Dafür haben sie 80.000 Plakate angebracht, 200.000 Euro investiert und eng mit den Kameradschaften kooperiert.
SCHWERIN taz | Die NPD ist wieder in den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern gekommen. Der Wiedereinzug der neonazistischen Partei in das Schweriner Schloss ist mit knapp sechs Prozent sicher. Die NPD hatte sich aber mehr erhofft. "8 Prozent" konnte sich der NPD-Spitzenkandidat Udo Pastörs vorstellen. Im Schweriner Schloss sagt er der taz am Wahlabend sichtlich angespannt: "Ich bin da noch optimistisch".
In den Umfragen war die Partei in den vergangenen Wochen von 4,5 auf 9 Prozent gestiegen. Keine Überraschung, dass Pastörs am Wahlabend noch hofft, die Wählergunst steige etwas weiter. Er verspricht auch sogleich: "Wir werden wieder eine geschlossene Fraktion bilden, die konsequent im Parlament auftritt".
Von der Wahlparty im Hotel Pampower Hof war Pastörs mit dem NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt zum Schloss gekommen. Von einer "Schicksalswahl" wollte Voigt aber nicht sprechen. "Wir kennen Wahlerfolge und Wahlniederlagen", sagte der Bundesvorsitzende.
NPD will nicht an Finanzen scheitern
Den Verlust von Geld durch einen kleineren Wahlerfolg wollte Pastörs wie Voigt herunterspielen. "Na ja, mit mehr Moos können sie eher losmachen", sagte Pastörs. Und Voigt meinte, an den Finanzen wird die NPD nicht scheitern.
Zuversicht – egal wie die Wahl ausgeht – wollten die beiden Herren, die sich sonst nicht so einig über den Parteiweg sind, im Treppenflur des Schloss ausstrahlen. "Ich bin ein Mann der polarisiert, entweder mag man mich, oder man lehnt mich ab", sagt Pastörs. Im Wahlkampf hätte er aber auch sehr wohl "Zuspruch" erfahren.
Amtl. Zwischenergebnis
SPD 35,7%, 28 Sitze (2006: 30,2%, 23 Sitze)
CDU 23,1%, 18 (28,8%, 22)
Linkspartei 18,4%, 14 (16,8%, 13)
Grüne 8,4%, 6 (3,4%, 0)
NPD 6,0%, 5 (7,3%, 6)
FDP 2,7%, 0 (9,6%, 7)
Die neuen Abgeordneten sind die Alten – wenn es bei vier Mandaten bleibt. Für die NPD traten die Landesabgeordneten Raimund Borrmann und Birger Lüssow nicht wieder an. Parteiinterne Kritik oder politischer Machtkampf? Die NPD ließ den Entscheidungsprozess nicht öffentlich werden.
"Nicht allen liegt diese parlamentarische Arbeit", sagt Stefan Köster, NPD-Landesvorsitzende und Landtagskandidat der taz recht allgemein. "Man kann den Leuten ja nicht in den Kopf schauen, wie die sich so ändern, wenn sie mehr Geld haben", sagt etwas deutlicher Michael Grewe, der NPD-Landesgeschäftsführer.
NPD arbeitet eng mit Kameradschaftsszene zusammen
Sein früherer Mitarbeiter, David Petereit, übernahm seinen Listenplatz. Nicht ohne Grund: In der Legislaturperiode und dem Wahlkampf wurde die NPD massiv von den Netzwerken der Kameradschaftsszene, zu der Petereit gehört, unterstützt.
Pastörs bestätigt gerne diese Zusammenarbeit. "Das Erfolgsrezept" des Bündnisses, so Pastör "ist der weltanschaulich fundierte gemeinsame Wille". Schon die Wahl des 30-jährigen Petereit zum stellvertretenden NPD-Landschef offenbarte die Nähe und die Machtverhältnisse. Der sicher geglaubte Listenplatz 5 für den Studenten der Rechtswissenschaft war so auch ein Signal an die Szene gewesen.
"In Mecklenburg-Vorpommern sind die Strukturen zwischen NPD und Kameradschaftsszene nahezu deckungsgleich", sagt Gudrun Heinreich, Rechtsextremismusexpertin am Institut für Politik- und Verwaltung der Universität Rostock. "Der NPD ist es so gelungen, einen flächendeckenden Wahlkampf zu führen", sagt sie.
Nicht nur in den Hochburgen der NPD wie Ueckermünde oder Boizenburg hingen gleich mehrere NPD-Plakate mit den Sprüchen "Sei kein Frosch. Wähl Deutsch", "Kriminelle Ausländer raus" oder "Müttergehalt durchsetzen" an den Laternen.
Pastörs erklärt Schulklasse NPD-Plakate
Kaum ein Ort in dem Flächenbundesland, wo keine Plakate hingen. Rund 80.000 Plakate will die NPD angebracht haben. Rund 200.000 Euro hat die NPD in den Wahlkampf investiert. "Die anderen Parteien haben aber auch im ländlichen Räum nach der Erfahrung von 2006 verstärkt plakatiert", sagt Heinrich.
Vor Ort bemühte sich Pastörs aber auch immer wieder ins Gespräch mit den Bürgern zu kommen. Am 31. August kam der Zufall der Partei entgegen. In Ferdinandshof traf Pastörs auf eine Schulklasse. Ihr Sozialkundelehrer wollte im Rahmen des Projekts "Unterricht am anderen Ort" auf der Straße Wahlplakate analysieren.
Der Bitte, das NPD-Wahlplakat "Wehrt euch. Bonzen abstrafen. Gegen Sozialabbau, Hart IV, EU-Diktatur und antideutsche Politik" zu erklären, folgte Pastörs gerne – sehr gerne. Ein NPD-Video dokumentiert, wie er 17 Minuten und 6 Sekunden die Positionen darlegt. Die Veröffentlichung der Aufnahmen mit den Kindern soll ein juristisches Nachspiel haben.
Gegenhalten verspricht auch schon der SPD-Landesvorsitzende und Wahlgewinner Erwin Sellering. Das Wahlergebnis der NPD sei "wirklich ernst". "Die politische Auseinandersetzung muss weitergehen", mahnt er.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch