piwik no script img

NPD agitiert gegen AsylsuchendeZusammen gegen die Schwachen

Neonazis haben ein neues Rezept: Sie protestieren gegen Asylbewerberheime. Mit Erfolg, denn Hilfe bekommen sie oft auch von „NormalbürgerInnen“.

Hier in Gera sind sie noch gut erkennbar: NPD-Demo gegen ein Asylbewerberheim Bild: dpa

BERLIN taz | Mehr als 1.000 Menschen sind am Samstag im sächsischen Schneeberg einem von einem NPD-Funktionär initiierten Aufruf zu einem Fackelzug gegen ein Asylbewerberheim gefolgt. Ähnlich wie im Berliner Ortsteil Hellersdorf wurde eine vermeintlich überparteiliche Bürgerinitiative ins Leben gerufen, die auf Facebook Stimmung gegen die Asylbewerber macht. Sie verbreitete Gerüchte über angebliche Straftaten von Asylsuchenden.

Unter die Teilnehmer des „Lichtellaufes“ hatten sich neben NPD-Funktionären aus ganz Sachsen auch viele normale Bürger gemischt, die mit Fackeln und Lampions durch die Erzgebirgsstadt zogen und „Wir sind das Volk“ riefen, den Spruch der friedlichen Revolution von 1989.

Bürgermeister Frieder Stimpel (CDU) zeigte sich betroffen über den hohen Zuspruch der NPD. „Da mag es durchaus einzelne Demonstranten gegeben haben, die nicht wussten, dass die NPD dahintersteckt. Aber mir begegnet auch oft die Aussage, die Leute von der NPD seien die Einzigen, die sich der Bürger annehmen würden“, sagt er der taz.

Eine Reaktion der demokratischen Parteien werde es aber noch geben, kündigt Klaus Tischendorf von der Landtagsfraktion der Linken an. „Die Rechten haben für kommenden Samstag erneut eine Veranstaltung in Schneeberg angekündigt. Zeitgleich findet zufällig unser Kreisparteitag statt. Da werden wir uns etwas einfallen lassen.“

Bundesweit einmalig

Dass mehr als 1.000 Menschen zu einer Demonstration kommen, die ein NPDler angemeldet hat, ist bundesweit einmalig. Aber Rechte erkennen auch in anderen Regionen, dass sie mit dem Protest gegen Asylbewerberheime Zuspruch finden. Ob in Chemnitz in Sachsen, Pätz in Brandenburg, Greiz in Thüringen oder im Berliner Bezirk Hellersdorf – die Maschen ähneln sich: Auf Facebook wird eine in der Regel anonym agierende Bürgerinitiative gegründet, die von dort aus gegen Asylbewerber hetzt.

Viele der Kommentare dort zeugen von guter Ortskenntnis. Das heißt, in der lokalen Bevölkerung findet man damit Zuspruch. Zugleich sind die Bürgerinitiativen aber auch überregional miteinander vernetzt und mobilisieren zu Aufmärschen in den jeweils anderen Orten.

Nächsten Samstag wird für Berlin-Hellersdorf zu einem „Tag der Meinungsfreiheit“ getrommelt. Dazu ist nach Angaben der Berliner Polizei eine Demonstration mit 300 Teilnehmern angemeldet. Wobei auf Facebook auch das Ziel von 1.000 Teilnehmern nach dem Vorbild von Schneeberg ausgegeben wird. „Was in Schneeberg (Sachsen) funktioniert, sollte in Berlin-Hellersdorf längst möglich sein“, heißt es. Anders als in Sachsen wird in Berlin der rechte Aufmarsch nicht ohne zeitgleiche Gegenveranstaltungen bleiben. „Wir werden den Nazis doch nicht den öffentlichen Raum überlassen“, sagt ein Bezirkspolitiker der Linken der taz.

Neben Massendemonstrationen gibt es andernorts weitere Aktionen gegen Asylheime: Im bayerischen Salzweg hat ein Unternehmer seinen Gasthof dem Landratsamt Passau für die Unterbringung von Asylbewerbern angeboten. Die Bürger wollen jetzt den Landhof kaufen, um das zu verhindern. In Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern und Arnstadt in Thüringen wurden Brandanschläge auf Asylheime verübt. Menschen kamen nicht zu Schaden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

17 Kommentare

 / 
  • E
    erdling

    nazis sind dumme menschen denen geholfen werden sollte. es gibt ja auch einweisungen wegen viel geringere vergehen. warum nicht also auch bekennende nazis in der morgendämmerung abholen und in eine klinik bringen?

    • O
      Olli
      @erdling:

      Au mann, da zeigt sich wieder mal das perfide Menschenbild der Souialisten. Egal ob National- oder Internationalsozialisten, die gleiche Brühe. Von Nazis lernen oder wie? Früher nannte man deinen Vorschlag Euthanasie. Du hast sie nicht mehr alle...

      • A
        Atmender
        @Olli:

        Offenbar wissen Sie nicht wirklich, was Euthanasie bedeutet.

  • RL
    Rosa Liechtenstein

    Es ist sehr traurig, dass den Flüchtlingen gerade dort am meisten Hass entgegen schlägt, die eigentlich wissen müssten, wie man sich als Flüchtling und Sündenbock fühlt. Für den Osten der Republik und einen Großteil der Bürger dort muss man sich heute wirklich schämen. Diese Menschen, selbst auf Transferleistungen jahrzehntelang angewiesen scheinen kleinkariert, spießig und egoistisch. Jeder Sozialist der ersten Stunde würde im Grab weinen, wenn er sehen könnte, was der Arbeiter & Bauernstaat für unsolidarische und hasserfüllte Menschen in einer großen Zahl herangezüchtet hat.

  • U
    Ursula

    Was der Artikel leider "vergisst":

    Keine der demokratischen Parteien nimmt sich dieses Themas im Interesse der Bürger an. Wir haben eine riesige Diskrepanz zwischen Asylbewerbern (wegen politischer Verfolgung- laut GG) und Flüchtlingen, die zu uns wollen eines besseres Lebens wegen. Diese Trennung verwischt in D, weil keiner der Parteien den Mut hat, das Problem anzupacken und klar zu trennen ( enn politische Verfolgung, dann Asyl- wenn keine politische Verfolgung, dann zurück)

    • @Ursula:

      Genau... und auf ein 'besseres Leben' haben wir Deutschen schließlich ein Exklusivrecht - das ist hier schließlich unsere Erde, weil wir so schlau sind und so...

  • Norbert Bolz ist der bestbezahlteste Schönredner der Republik. Bolz hat übrigens Sarrazin vehement verteidigt und gelobt für sein Buch!!

     

    Vielleicht sollte sich Astrid Geissler von der TAZ wieder ihrem ureigensten Thema zuwenden:

     

    Kampf gegen rechts!!

    • G
      Grundgesetz
      @SUDEK:

      Nur zur Info: Der Text von Bolz ist aus der Deutschland-taz (Dezember 2010), die zum Höhepunkt der Sarrazin-Debatte erschien. Die taz hat damals alle Positionen zu Wort kommen lassen, eben auch Herrn Bolz. Der Text wurde hier nun von den ganzen PI- und AfD-Trollen hochgeklickt, sodass der falsche Eindruck entsteht, es handle sich um einen aktuellen Text aus der regulären taz.

  • B
    bla

    NeonazisInnen, bitte!

  • KW
    kaiser willhelm

    ich wünschte wir würden nur auch mal wieder in einem Inländer-freundlichen Land leben

  • Erschreckend ist, das Fremdenfeindlichkeit wirklich normal ist.

    NPD und "normale Bürger"- eine Symbiose.

  • H
    Horst

    es wird endlich zeit den flüchtlingen kein arbeitsverbot mehr aufzuerlegen. dann können sie selbst ihren lebensunterhalt finanzieren und "heime", die eigentlich nichts anderes als lager sind brauchen wir dann nicht mehr.

     

    hilfreich wäre auch, die EU-Agrarsubventionen, die EU-Fischereisubventionen, die EU-Exportsubventionen, die EU-Waffenexporte und die EU-Schutzzölle abzuschaffen. Nur dann bleiben ganz viele Afrikaner und Araber lieber zuhause als hierher zu kommen. Aber das müsste ja die Mutti umsetzen und das wäre gegen die Interessen von ihren Industrie-Buddies.

  • E
    Emil

    "Aber mir begegnet auch oft die Aussage, die Leute von der NPD seien die Einzigen, die sich der Bürger annehmen würden"

     

    So ist es leider, für die Blockparteien ist ein Asylbewerber allemal wichtiger als ein deutscher Hartzler oder Mini-Rentner

  • D
    Deutscher

    Da sind sich CDU SPD NPD einig,

    zusammen gegen die Schwachen.

     

    Wenn es darum geht gegen schwache

    zu Keilen, sind sie ALLE ganz groß.

    (Asylanten,ALG2 Bezieher, Kranke, ect.pp)

     

    Er ist wieder Salonfähig, so ein bisschen

    Sozialdarwinismus, nur wer viel Geld hat ist hier

    noch frei in seinen Lebensentscheidungen.

     

    Aber das interessiert die Presse nicht.

     

    Was erwarten wir eigentlich, wenn wir nicht mal

    in der Lage sind, mit den schwächsten in unserer

    eigenen Gesellschaft anständig umzugehen.

     

    Das Hartz4 Willkür Regime lässt Grüßen,

    Menschenfeindlichkeit ist in Deutschland

    wieder schick.

     

    Wir brauchen schließlich Menschen, denen wir

    die Schuld an der Weltwirtschaftskrise geben können.

     

    Der böse Sozialstaat und die Parasiten sind Schuld.

     

    Das hatten wir alles schon einmal 1929,

    wer anschließend die Sündenböcke dafür waren

    wissen wir alle.

     

    Also, auf auf,in die marktkonforme Diktatur

    der Angela Merkel und ihrer Steigbügelhalter in

    der SPD.

     

    tschööö

  • G
    gast

    eigentlich ist das eine schande, wenn bürger äussern, sich nur noch bei der npd ernstgenommen zu fühlen

     

    und um den tunnelblickreflex gleich mal vorweg zu nehmen - nein, nicht für den bürger

  • F
    Fell

    Ob die NPD nun dahinter steckt oder nicht: Die Menschen wollen in ihrer Nachbarschaft keine Asylantenheime, Punktum. Ob so eine Demo nun von Grünen, SPD, CDU oder halt der NPD kommt ist egal, die Meinung oder Einstellung der Menschen ändert sich deswegen ja nicht grundlegend.

    Was die Politik wahrscheinlich am meisten schockt, ist wohl wie viele Bürger keine Asylheime wollen und dies offen sagen und zeigen, oder besser: Sich trauen es zu sagen oder zu zeigen.

    Bislang wurden diese Leute ja als Nazis niedergeschrien oder/und von irgendwelchen linken Radikalen verprügelt (wie in Duisburg vor ein paar Wochen...), ihre Bedenken völlig außer Acht gelassen.

    Die nach Betroffenheit heischenden Medien und die Politik haben die gärende Stimmung in diesem Bereich wohl unterschätzt, das rächt sich nun.

    Die Meisten scheinen es halt nicht so "bunt" zu wollen, wie die Politik annimmt.

  • PH
    Peter Haller

    Wie hatte sich doch gerade so ein Spezialist namens Norbert Bolz kürzlich in der taz zu Wort gemeldet ??

     

    "....sollten doch nicht den Blick dafür trüben, dass wir in einem der ausländerfreundlichsten Länder leben."

     

    Wie es sich dann wohl in einem ausländerfeindlichen Land leben lässt ? Und wo das wohl ist ?