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Libyen vor dem Afrika-Cup"Ich wusste nie, wer lebend ankommt"

Libyen bestreitet beim Afrika-Cup das Auftaktspiel. Deren deutscher Manager Antoine Hey erzählt, wie das Team den Widrigkeiten des Bürgerkriegs trotzte.

Turbulente Qualifikation: Libyens Fußball-Nationalteam ist in diesem Jahr beim Afrika-Cup dabei. Bild: ap
Interview von Torsten Haselbauer

taz: Herr Hey, Sie werden am Samstag als Technischer Direktor des Libyschen Fußballverbandes auf der Tribüne sitzen und ihr Team im Auftaktspiel gegen Gastgeber Äquatorialguinea beobachten. Was geht Ihnen da so alles durch den Kopf?

Antoine Hey: Dass das, was da unten auf dem Rasen angepfiffen wird, das vorläufige Ende einer unglaublichen Geschichte ist. Ein nahezu historisches Ereignis für den libyschen Fußball und die neue Nation Libyen. Und ich werde stolz sein, an dieser Geschichte beteiligt gewesen zu sein.

Was ist das Besondere an der Qualifikation Libyens für den Afrika-Cup?

Morgen wird zum ersten Mal einer großen Weltöffentlichkeit die neue libysche Nationalhymne sowie die neue Nationalfahne präsentiert. Das funktioniert also durch den Fußball, der damit auch nachhaltig zum "Nation Building" beiträgt. Auf dem Märtyrerplatz in Tripolis werden Tausende von Menschen beim Public Viewing diesen Augenblick gemeinsam begehen und genießen, zusammen singen und die Mannschaft unterstützen.

Was bedeutete die abgelaufene erfolgreiche Qualifikationsphase der Auswahlmannschaft für das libysche Volk?

Bild: archiv
Im Interview: 

ANTOINE HEY, 41, kickte für Düsseldorf und Schalke. Seit 2011 ist er für Libyens Nationalteam verantwortlich.

Wir sind ja ungeschlagen geblieben. Das muss man sich mal vorstellen. Unsere Fußballerfolge wirkten regelrecht heilend. Sie gaben Menschen in Libyen endlich andere Themen als immer nur Krieg und Gewalt. So etwas hat im vergangenen Jahr wirklich nur der Fußballsport vollbringen können.

Dabei war die Qualifikation für das Turnier alles andere als einfach.

Das stimmt. Wir durften wegen der Gefahrenlage während des Bürgerkrieges nur ein Heimspiel austragen. Zwei Spiele mussten wir auf neutralem Boden ausrichten. Meine Spieler saßen oft unter Beschuss in Bengasi oder Tripolis fest. Per Em-Mil habe ich dem Team einen Treffpunkt, meist in Tunesien, mitgeteilt, zu dem sie irgendwie erscheinen sollten. Ich wusste nie, wer dort wirklich lebendig ankommt.

"Libyen ist mein wirklich härtester Job"

Wie haben die Spieler das geschafft?

Sie haben sich wie echte Abenteurer durch sämtliche Kriegsfronten durchgeschlagen. Wer schließlich am ersten Ziel ankam, musste dann noch mit dem Bus bis zu vierzig Stunden beispielsweise nach Sambia reisen. Dort erkämpfte sich das Team dann ein torloses Unentschieden. Das bedeutet schließlich die Qualifikation zur Afrikameisterschaft.

Eine wirklich unglaubliche Geschichte

Ja, das ist wahr. Die Zeit in Libyen ist mein wirklich härtester Job.

Sie haben das Land im vergangenen Jahr während des Bürgerkriegs nie verlassen?

Doch, im Spätsommer für knapp einen Monat. Da lag Tripolis unter schwerstem Bombardement, und es gab zudem noch jede Menge Straßenkämpfe. Ich bin dann aber schnell wieder zurückgekehrt, als die Lage sich halbwegs beruhig hatte. Das wird mir bis heute in Libyen sehr, sehr hoch angerechnet.

Sie selbst hatten zu keinem Zeitpunkt Probleme?

Ich trat mein Amt kurz vor dem Ausbruch des Bürgerkriegs an. Bis zu seinem Ende hatte ich mit keiner der beteiligten Kriegsparteien Auseinandersetzungen oder wurde angegriffen. Eigentlich ließen mich alle in Ruhe, die alten wie die neuen Machthaber.

"Jung, engagiert und gut ausgebildet"

Wie steht es denn aktuell um den Fußball in Libyen?

Gar nicht einmal so schlecht. Natürlich müssen wir einige Strukturen wieder neu aufbauen. Aber Libyen ist kein armes Land und die Menschen sind jung, engagiert und gut ausgebildet. Das gilt auch für den Fußballsport. Und der libysche Verband hat seit geraumer Zeit wieder Zugriff auf seine Konten. Das Team reist mit einem insgesamt 40 Mann großen Betreuer- und Funktionärsstab zum Afrika-Cup. Und alle werden bezahlt! Das ist bei anderen Teams aus Afrika nicht unbedingt selbstverständlich.

Wie steht es um Ihre persönliche Zukunft?

Ich habe noch einen Vertrag bis zum Jahr 2014, den ich gerne in Libyen erfüllen möchte. Ich versuche, vom Afrika-Cup direkt wieder nach Tripolis zurückzukehren. Allerdings habe ich gehört, dass mein Haus von Milizen besetzt ist und es - ich sag mal - reichlich verwohnt sein soll. Aber der Verband sorgt sich schon um ein neues Domizil. Dann geht es wieder an die Arbeit.

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