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Kündigungen bei BertelsmannDie Profitablen dürfen bleiben

Einer der größten Medienkonzerne der Welt fordert von Mitarbeitern Lohnverzicht. Wer nicht mitmacht, wird gekündigt.

Bei Streik stehen die Druckmaschinen von Prinovis still Bild: dpa

200 Beschäftigte des Druckkonzerns Prinovis sind von Kündigung bedroht, weil sie nicht bereit sind, auf tarifliche Lohnansprüche zu verzichten. Seit Monaten befinden sich die Betroffenen am Nürnberger Standort im Streik. Letzte Woche demonstrierten sie vor der Bertelsmann-Dependance in Berlin, nächste Woche sollen die Streiks fortgesetzt werden „Wir fangen erst richtig an“, sagte Streikführer Hans Killer der taz.

Der Gütersloher Medienkonzern Bertelsmann ist Mehrheitseigner von Prinovis, Europas größtem Konzern in der umkämpften Druckbranche. Bereits seit drei Jahren verzichten die Beschäftigten, die tariflos alle über Einzelverträge angestellt sind, auf einen Teil ihres Lohns, weil der Konzern rote Zahlen schreibt.

Mitte 2008 unterschrieben 96 Prozent der Belegschaft ein betriebliches Bündnis, mit dem sie sich zu drei Stunden unbezahlter Arbeit pro Woche bereit erklärten. Im Gegenzug wurde ihnen der Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen zugesichert.

Lohnverzicht oder Kündigung

2012 sollte dieses Bündnis ursprünglich auslaufen. Doch Anfang 2011 wurden die Mitarbeiter erneut vor die Wahl gestellt: Lohnverzicht oder Kündigung. Diesmal stimmten 600 der 800 Mitarbeiter zu – sie werden nun bis mindestens 2015 wieder auf Lohn und zudem 65 Prozent des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes verzichten.

„Es wird uns jedes Jahr versprochen, dass bald wieder Gewinn gemacht wird“, sagt der Streikleiter Killer, der davon ausgeht, dass der Konzern beabsichtigt, dauerhaft die Löhne zu drücken. Auch in diesem Jahr wird ein Minus im hohen einstelligen Millionenbereich erwartet, so ein Unternehmenssprecher der taz. Noch zu Beginn des Monats war von einem geringeren Verlust die Rede. Die genaue Zahl veröffentlicht der Konzern nicht.

Ende Oktober soll es nun zu ersten Kündigungen kommen. 107 der 200 Beschäftigten, die dem Bündnis nicht zugestimmt haben, werden entlassen, es sei denn, sie gehen gegen eine Abfindung freiwillig – ein Kompromiss zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung. Ursprünglich sollten 138 Beschäftigte gehen. Doch der Kompromiss ist nicht im Sinne der Streikenden. „Wir fordern einen Sozialtarifvertrag und Beschäftigungssicherheit für alle“, sagt Killer.

Kaum Tarifgehälter

Killer ist überzeugt, dass die Probleme der Branche hausgemacht sind. Jahrelang sei zu viel in neue Maschinen investiert worden, jetzt aber fehlten die Aufträge. Dieses Missverhältnis sieht auch der Prinovis-Sprecher, auch wenn er die Schuld natürlich nicht beim Konzern sieht: „Wir sind gerade dabei, Druckkapazitäten abzubauen. Aber dann gibt es auch weniger Bedarf an Arbeitskräften“, räumt er ein.

Außerdem habe sich die Konkurrenz beim Offsetdruck immer mehr verbessert. In dieser Branche sind Lohntarife sehr selten. Immer häufiger schnappen Offsetdruckereien den Tiefdruckern die Aufträge weg. Doch der Sprecher vergisst zu sagen: Der größte europäische Rollenoffsetbetrieb Mohn Media gehört über Arvato wiederum zu Bertelsmann.

Die harte Konkurrenz findet also im eigenen Haus statt, sie ist gewollt. Bei Ver.di spricht man von „Hauen und Stechen“ zwischen den Betrieben. Nur wer profitabel ist, darf bleiben. Und wer in Nürnberg bleibt, der darf hoffen, dass der Konzern 2015 schwarze Zahlen schreibt.

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8 Kommentare

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  • LW
    Lars Witte

    Das Schönste ist für mich, dass die Gewinne des Bertelsmann-Konzerns dann wieder an die Stiftung gehen, die damit wieder "gute" Werke vollbringen darf wie Politikerbeeinflussung, Propaganda etc. und das auch noch steuerbegünstigt.

     

    Vielleicht unterstützt Bertelsmann ja bald die Tafeln oder direkt Suppenküchen für Arbeitslose, dann wäre der Kreis von Profitstreben, Gemeinnützigkeit und Arbeitslosigkeit wieder geschlossen.

  • J
    Jaheira

    Prinovis hat einen Betriebsrat, und der ist damit einverstanden, dass Verträge ignoriert werden, die eigentlich bis 2012 laufen? Wäre es nicht eigentlich sein Job, diese Verträge für alle einzuklagen?

     

    Ist der Betriebsrat korrupt oder unfähig?

  • AB
    annette basse

    wer daran glaubt,dass prinovis dieses bündnis einhält,muss ein träumer sein!alle die jetzt gehen müssen,hatten ein bündnis unterschrieben,wodurch sie kündigungsschutz bis 2012 hatten.doch die firma hat es aufgekündigt!warum sollte es diesmal anders sein? warum sind zeitarbeiter bei prinovis beschäftigt und das stammpersonal wird nach 25 jahren gekündigt? das ist lohndumping vom feinsten!

  • A
    anke

    Im Mittelalter nahm man an, Macht käme direkt von Gott. Sieht aus, als diese Annahme anno 2011 wieder an Raum gewinnen. Dabei sollte doch mittlerweile wirklich jemandem aufgefallen sein, dass Macht immer nur von denen verliehen wird, die angeblich gar keine haben. In dem Fall sind das einmal mehr die Beschäftigte, die sich offenbar sehr gut vorstellen können, dass ihre Betriebsleitung dumm genug ist anzunehmen, sie könnte auch ganz ohne Personal reich und berühmt werden. Beispielsweise in dem sie in teure neue Superspielzeuge investiert, die außer ihnen keiner hat. Mir will scheinen, dass diese Art Macht, wäre sie denn überhaupt von einer anderen Welt als dieser, eher direkt aus der Hölle käme als aus dem Himmel. An ihr nämlich ersticken zum Schluss alle. Die vermeintlich vernünftigen Beschäftigten ganz genau so wie die (Ver-)Führungskräfte an der Unternehmensspitze. Und ganz nebenbei geht auch noch ein Stück Medienlandschaft den Bach (ach was, den Strom!) runter. Aber das, nicht wahr, ist vielleicht nicht das Schlechteste an der Misere. Schließlich: Wer braucht schon kaputte Medien?

  • Y
    yberg

    also mal vorab ,bertelsmann gehören unmittelbar und mittelbar-gruner &jahr-74.9 % und springer 25,1 %an

    der prinovis.

     

    wie so oft wenn sich partner nicht einig sind,wird über zu gering bezahlte leistungen oder gar nicht bezahlte leistungen für die beteiligten an der gesellschaft,der burgfrieden gesichert und mehrwert in den muttergesellschaften erzeugt,da diese die größten auftraggeber sind.

     

    ebenso ist es durchaus üblich über investitionen und den laufenden einkauf sondervorteile in form von provisionen,beratungsleistungen und allgemeine dienstleistungen abzufassen,am besten uber ein

    drittland.der betriebsrat sollte sich mal in diesen

    punkten den einkauf und die betriebskennzahlen,auch die des wettbewerbs, genauer ankucken.

     

    zu der angeblich miesen geschäftslage ,paßt ebenso nicht,daß sich die beiligten assets aus der pleitemasse von schlott gesichert haben

     

    die tollste schote im rahmen dieses arbeitnehmer-

    und lohncuts ist jedoch,daß das info-institut saarbrücken, geschäftsführer dr.heinz bierbaum unter anderem

    stellvertretender vorsitzender der partei DIE LINKE,attac mitglied, bei der ig metall seit 1972,wirtschaftspolitischer sprecher und parlamentarischer geschäftsführer der fraktion DER LINKEN im saarland,die annahme dieses erpresserischen vorschlags empfiehlt,die arbeitgeber

    seite bezeichnet es als "betriebliches bündnis".

    wär da nicht ein s o z i a l p l a n angesagt?

     

    immerhin kam dann beim info institut nach protesten der basis der schwanzeinzug,und die rücknahme der empfehlung.

     

    ich erinnere an einen großen vordenker und mitdenker der deutschen gewerkschaftsarbeit und bewegung im rückblick auf sein wirken 1993

     

    " wir haben wasser gepredigt und selber wein getrunken,das tut mir heute alles sehr leid "

     

    harry tabletop 28.03.1927-18.06.95

  • PT
    profi tablen

    Unausgelastetes Kapital ist das schlimmste überhaupt. Laut Linker und Kapitalistischer Lehre.

    Es handelt sich also nicht mehr um Adel->Kapitalismus sondern um den Nachfolger "Managerismus".

     

    Es wäre für die Linke problemlos, Lohnstatistiken zu sammeln und in Ländern mit Meinungsfreiheit zu outen. Dann wissen die Bewerber Bescheid und die Hartz4-Betreuer auch und passen ihr Verhalten an.

    Leider interessiert sowas simples niemanden.

    Lohngerechtigkeit wäre eine der Hauptwaffe der Linken. Und zwar per Computer ohne gewählt sein und einen Parteistaat und Mangel-Wirtschaft aufbauen zu müssen. Piraten und Grünen sind Löhne vielleicht egal. Wallraff wäre vielleicht dabei, aber man braucht die Linken Lokalbüros um die Lohnabrechnungen zu "überprüfen" und ins System einzugeben bzw. zu bestätigen um Lügen zu vermeiden.

    Tja. Schade um die Existenzen die mangels Motivation untergehen.

    Wenn die Reporter bald Hartz4 haben, hält sich mein Bedauern für DPA/Reuters-Nachschreiber-"Reporter" in Grenzen.

     

    Ein guter Finanzminister würde erkennen, das Überangebot herrscht und Investitionen in neue Druckereien verbieten und die Presse hilft nach. Ohne Gesetz. Indem man Abbruch-Branchen festlegt und Investititionen dort nur mit Gewinnen verrechnet werden dürfen, weil das Risiko des Fehlinvestments viel zu hoch ist. Die Angst vor Steuern zahlen wird so gut wie der Boogey-Man bei US-Schülern. Ganz Ex-DDR wurde mit Steuer-Angst finanziert wieder aufgebaut.

    Das Sparkassen keine Kredite mehr für Druckmaschinen rausrücken sollten, sollte dann auch klar sein.

    "Abbruch-Branchen" verschlanken die manageristische Verschwendung zum Vorteil fürs Volk.

    Das kann jede ehrliche Zeitung oder Partei ganz alleine.

    1) Abbruchbranchen festlegen

    2) Darüber berichten

    3.a) "Wir sind kerngesund und kommen ohne Steuern durch die nächste Krise"

    oder

    3.b) "Wir, die ...Bank geben keine neuen Kredite mehr an die folgenden Abbruch-Branchen:... . Mit persönlicher Haftung dürfen Geschäftsführer Kredite verlängern oder maximal um 10% aufstocken".

    Schade das die Piraten nicht so schlau sind.

  • L
    Leidkultur

    Generalstreik wäre angemessener. Bei diesem entsolidarisierten Volk aber nicht zu erwarten.

  • H
    hann0s

    Tjoar, die Agenda Bertelsmann in Action. Arbeit als Wert an sich, wir sollten dankbar sein das wir nich Zuhause verfaulen müssen sondern von den Konzernen gnädig eine Aufgabe fürs Leben bekommen.