Kroatien gegen Mexiko (Gruppe A): Wie ein „Tatort“-Plot
Mexiko lässt ungefährlichen Kroaten lange die spielerische Hoheit und schlägt spät zu. Am Ende steht es 3:1. Im Achtelfinale warten die Niederlande.
Die Startbedingungen: Mexiko reicht eine Punkteteilung. Trainer Miguel Herrera verkündete jedoch: „Wenn du auf Unentschieden spielst, verlierst du am Ende“, was wiederum ein Weiterkommen für Kroatien bedeuten würde. Zwar würde auch Kroatien ein Remis genügen, doch müssten sie sich dann auf einen Sieg von Kamerun verlassen. Die kamerunische Elf von Volker Finke spielt aber bisher so schlecht wie der SC Freiburg in der Saison 2004/05 – und muss gegen Brasilien ran. Soll heißen: Die Kroaten müssen gewinnen.
Das Spiel: ARD-Kommentator Stephan Schiffner attestiert der mexikanischen Mannschaft direkt zu Beginn, dass sie kompakt stehen würde. Das ist zwar ein unsägliches Fußball-Modewort, beschreibt die gut eingespielten defensiven Laufwege aber doch ganz gut. Die Kroaten haben Mühe, überhaupt in Richtung des gegnerischen Strafraums zu gelangen. In der 13. Minute hat Perišić ausnahmsweise mal freie Bahn auf der rechten Seite. Das Zuspiel in die Mitte findet jedoch keinen Abnehmer.
Auch die Mexikaner tun sich auf der anderen Seite schwer. Den Höhepunkt der ersten Hälfte stellt somit ein wuchtiger Schuss von Herrara in der 16. Minute dar. Aus 20 Metern zimmert er den Ball ans Lattenkreuz. Dickes Ding! Bitte mehr davon! Ach ja, und wo ist eigentlich dieser Mandžukić, der angeblich auf dem Platz stehen soll und von dem im letzten Kroatien-Spiel noch alle sprachen?
Die zweite Halbzeit zeigt zunächst ein ähnliches Bild. In der 59. Minute kommt dann mal ein Steilpass auf Olić. Das kroatische Duracell-Häschen sprintet los, kommt aber zu spät. Fünf Minuten später stoppt Srna den Ball im kroatischen Strafraum mit der Hand. Hier hätte es Elfmeter geben müssen. Gibt aber nur Ecke. Die Diskussion erübrigt sich durch das Tor für Mexiko in der 72. Minute, was nach einer weiteren Ecke fällt.
Danach brechen die kroatischen Dämme. Eine wunderschöne Kombination über Hernandez und Peralta findet ihren Abschluss durch Guardado, der nur noch einschieben muss. In der 82. Minute dann die endgültige Entscheidung durch Hernandez. Wieder nach einer Ecke, wieder per Kopf. Das 3:1, von Rakitić per Hacke auf Perišić auflegt, ist nur noch Ergebniskosmetik, die dann von einem mit Rot geahndeten Frustfoul von Rebić auch direkt wieder zerstört wird. Ansonsten heißt das Arbeitszeugnis der Kroaten: Sie haben sich streckenweise bemüht. Das reicht nicht für eine erfolgreiche Bewerbung ums Achtelfinale.
Der Moment des Spiels: Der nichtgegebene Elfmeter. Danach schalteten sich die Mexikaner konsequenter ins Offensivspiel ein – mit Erfolg.
Der Spieler des Spiels: Starke Mannschaftsleistung von Mexiko. Torschütze Hernandez und Peralta, für die starke Vorarbeit zum 2:0, teilen sich den Titel.
Die Pfeife(n) des Spiels: Wiedermal die mexikanischen Fans. Schon in der Partie gegen Brasilien bedachten sie jeden gegnerischen Abstoss mit einem „Puto“-Schrei. Die Fifa nahm Ermittlungen auf, da es sich um eine Beleidigung mit homophober Konnotation handelt. Die Fans gelobten, die Rufe nun bei diesem Spiel zu unterlassen und stattdessen „Pepsi“ zu rufen, um die Fifa zu ärgern. Hätten sie sich doch für letztere Variante entschieden!
Die Schlussfolgerung: Auch wenn Mexiko hier das erste Gegentor kassiert, wenn sie so weitermachen, sind sie noch eine Weile dabei.
Und sonst? Der Chat im sogenannten Social-TV der ARD ist schneller als der nebenstehende Livestream des Spiels. So liest man von den Toren eher als das man sie sieht. Das macht das Ganze vorhersehbar wie so manchen „Tatort“-Plot. Schade.
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