Kommentar Stuttgart 21: Dem Schwaben sei Dank
Zum Glück ist man in BaWü nicht so lax wie in Berlin. Die Stuttgarter sorgen dafür, dass die Aufsichtsräte nicht so leicht davonkommen wie Klaus Wowereit.
O b am Ende die ganz persönlichen Interessen der Aufsichtsräte den Ausschlag dafür geben, dass das Großprojekt S21 endlich beerdigt wird, bevor weitere Milliarden sinnlos verbuddelt werden? Gut möglich. Bereits seit dem 12. Dezember steht fest, dass die Kosten des Riesenbauprojekts in einem Maße explodieren, mit dem - zumindest offiziell - niemand gerechnet hat. Schon jetzt, so berichtete der Vorstand im vergangenen Jahr, koste der Bahnhof mindestens 6,8 Milliarden Euro statt der veranschlagten 4,5 Milliarden.
Das war offensichtlich ein Schock für die Ahnungslosen, die qua Amt das Projekt zu verantworten haben. Einmal mehr zeigt sich, dass Aufsichtsräte oft mit großen Namen aber wenig Sachverstand und Engagement besetzt sind. Das Nichtstun wird gut bezahlt, und wenn etwas schief läuft, macht man den Stuhl frei für den Nächsten. Das jüngste Beispiel: Der Berliner Flughafen. Hier scheint es den Verantwortlichen tatsächlich geglückt, sich mit einem schlichten Rücktritt aus der Verantwortung zu ziehen.
Dass die Situation in Stuttgart eine andere ist, hat viel mit den Wutschwaben zu tun. Nicht zuletzt mit dem unermüdlichen Einsatz von Männern wie dem Rechtsanwalt Eisenhart von Loeper ist es zu verdanken, dass die Haftungsfragen des Aufsichtsrates eine offene Wunde bleiben. Entsprechend hektisch suchen die Verantwortlichen in Intensivworkshops nach Lösungsmöglichkeiten. Ausgang offen. Die S21-Gegner machen es den Verantwortlichen nicht so einfach wie das Klaus Wowereit und seinen Compagnions in der Bundeshauptstadt offensichtlich möglich ist. Wenn's um Geld geht hört bei den Schwaben der Spaß auf, und wirtschaftlichen Unverstand finden sie weder charmant noch sexy.
ist Chefredakteurin der taz.
Die jüngsten widersprüchlichen Informationen aus dem Bundesverkehrsministerium legen nahe, dass jetzt auch die Parteien in Berlin kalte Füße bekommen. Welche Rolle spielt das beginnende Wahljahr? Bei Fukushima hat Kanzlerin Merkel gezeigt, wie wendig sie auf Stimmungsumschwünge in der Bevölkerung reagieren kann. Vielleicht will sie jetzt lieber ein Ende mit Schrecken als den Schrecken unmittelbar vor dem Urnengang im September?
Auch dürften die anhalten Desaster-Meldungen vom Berliner Flughafenprojekt ihre Wirkung zeigen. Noch so eine Nummer ist selbst für Deutschland zu viel. Schon jetzt ist made in germany für innerdeutsche Großprojekte ein Siegel für Planungsunfähigkeit geworden. Die hilft auch die legendäre deutsche Ingenieurskunst nichts mehr.
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