Kommentar Repression in der Ukraine: Von Putin schnell gelernt
Staatschef Wiktor Janukowitsch lässt die Versammlungs- und Meinungsfreiheit drastisch einschränken. Die Proteste wird er damit nicht aufhalten.
W iktor Janukowitsch hat endlich sein wahres Gesicht gezeigt. Wofür Russlands Präsident Wladimir Putin immerhin mehrere Jahre brauchte, das erledigt der ukrainische Staatschef handstreichartig: die Kriminalisierung eines jeden, der sich anmaßt, das herrschende Regime zu kritisieren.
Die neuen Gesetze, die die Versammlungs- und Meinungsfreiheit massiv einschränken, sind nichts anderes als ein Kriegserklärung an die Opposition. Sie wiegen schwer – besonders, wenn man sich vergegenwärtigt, wo die Ukraine vor knapp zwei Monaten noch stand. Da hatte es wirklich den Anschein, dass die Führung des Landes es mit ihren Reformbemühungen ernst meinte und sich der Europäischen Union gegenüber öffnen wollte.
Jetzt müssen auch diejenigen, die trotz des gescheiterten Assoziierungsabkommens mit der EU noch ein Fünkchen Resthoffnung hatten, die bittere Wahrheit zur Kenntnis nehmen: Statt vorwärts nach Europa geht es unter Janukowitsch zurück in die sowjetische Vergangenheit.
Eine der entscheidenden Fragen wird jetzt sein, wie die Opposition auf die neue Kampfansage der politischen Führung reagieren wird. Die neuen Massenproteste am Sonntag in Kiew deuten darauf hin, dass sich der harte Kern nicht einschüchtern lässt und bereitwillig den Maidan räumt.
Das bringt das Regime unter Zugzwang, das neue Instrumentarium auch anzuwenden. Das bedeutet im schlimmsten Fall eine Wiederholung des weißrussischen Szenarios vom Dezember 2010. Damals ließ der Autokrat Alexander Lukaschenko Massenproteste gegen seine Wiederwahl gnadenlos zusammenknüppeln. Kann Janukowitsch – allen diktatorischen Anwandlungen zum Trotz – wirklich ein Interesse daran haben, bis zum Äußersten zu gehen? Wenn ja, wäre das eine Tragödie.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken