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Kommentar Pofalla und die NSA-AffäreNo spy – no sense

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Kanzleramtsminister Pofalla hat versucht, den NSA-Späh-Skandal mit Versprechungen zu beenden. Ein Auftritt voller Widersprüche und Leerstellen.

Immer von der Kamera verfolgt: Ronald Pofalla. Bild: dpa

B eruhigend klingt das nicht: „Es gibt in Deutschland keine millionenfache Grundrechtsverletzung“, versicherte Geheimdienstkoordinator Ronald Pofalla gestern nach der Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr). Aber einige hunderttausend Fälle könnten es schon sein? Ausschließen will Pofalla nur das Schlimmste, eine „flächendeckende“ Überwachung der Deutschen durch die amerikanischen und britischen Geheimdienste NSA und GCHQ.

Um so erstaunlicher, dass Pofalla sich anschließend doch auf eine handfeste Aussage festlegte: NSA und GCHQ hielten sich bisher an „Recht und Gesetz in Deutschland“. Das ist eine mutige Behauptung - angesichts der windelweichen Aussagen der beiden Geheimdienste, die der Kanzleramtsminister gestern zitierte. Man kann nur raten, ob Pofallas Interpretation ein Zeichen von Blauäugigkeit, Frechheit oder Inkompetenz war.

Jedenfalls wird es auf Pofalla und die CDU zurückfallen, wenn sich doch noch handfeste Gesetzesübertretungen von NSA und GCHQ belegen lassen - zum Beispiel aus den Unterlagen Ed Snowdens.

Völlig rätselhaft wurden dann Pofallas Ankündigungen für die Zukunft. Die USA hätten den Abschluss eines „no spy“-Abkommens angeboten. Noch in diesem Monat sollen BND und NSA mit der Aushandlung des Vertrags beginnen. Wer aber wird hier vor US-Ausforschung geschützt? Die deutsche Bevölkerung oder doch nur der BND? Man kann nur auf ersteres hoffen, Pofalla nannte keinerlei Details.

Seltsam ist jedenfalls, dass das Abkommen von BND-Chef Gerhard Schindler ausgehandelt wird und nicht von der Bundesregierung. Da wird ausgerechnet ein Geheimdienstler zum Datenschützer gemacht, also der Bock zum Gärtner. Ed Snowden meinte, BND und NSA steckten „unter einer Decke“. Und jetzt schließen sie gemeinsam ein – vielleicht sogar geheimes -„no spy“-Abkommen. Unglaublich, womit uns die Bundesregierung abspeisen will.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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7 Kommentare

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  • Der Staat USA lässt sich immer mehr die Maske der „GUTEN“ vom Gesicht ziehen. Ist in Washington unbemerkt ein militärisches und industrielles Regime entstanden, das nach eigenem Gutdünken fremde Länder überfällt?

     

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    Das eigene Volk und alle anderen bespitzelt, ausforscht, manipuliert und ausbeutet? Und weltweit mit Drohnen - Technik willkürlich Menschen ermorden lässt?

     

     

     

    Man erzählt allen anderen die Vorzüge der Demokratie und praktiziert unter diesem Deckmantel das Gegenteil. Die USA zerstören andere Länder, Kulturen und ruinieren vorsätzlich Volkswirtschaften.

     

    -

     

    Dieses Regime in Washington wäre ausreichend beschäftigt, wenn es sich um die Millionen US - Bürger kümmern würde, die mittlerweile in Zeltstädten und unter Brücken ihre ganz besondere „Freiheit“ genießen dürfen.

  • "..Man kann nur raten, ob Pofallas Interpretation ein Zeichen von Blauäugigkeit, Frechheit oder Inkompetenz war..."

     

     

     

    Was soll das "oder"? Frechheit und Inkompetenz schließen sich bei Pofalla nicht aus. Sie gehören zusammen. Alternativlos.

  • M
    Michael

    Herr Pofalla musste jedes Wort ablesen, um bloss keinen (justiziablen) Fehler zu machen.

     

    Dementsprechend sind seine Worte voller Tücke, Beispiel:

     

    Zitat: "Der Vorwurf der vermeintlichen Totalausspähung in Deutschland ist nach den Angaben der NSA, des britischen Dienstes und unserer Nachrichtendienste vom Tisch."

     

    Völlig richtig, aber bewusst am Thema vorbei: Der Vorwurf "der vermeintlichen Totalausspähung" lag gar nicht auf dem Tisch; auf dem Tisch liegt vielmehr der

     

    Vorwurf einer tatsächlichen sehr umfassenden Überwachung.

     

    Leider muss man jeden Satz von Pofalla so zerpflücken, übrig bleiben dann nur Worthülsen.

  • S
    Steffi

    Pofalla lügt.Nicht mal das Textmanuskript kann er korrekt ablesen :

     

     

     

    https://www.youtube.com/watch?v=uN46Cdy8Ncg

     

     

     

    "Die US-Seite hat uns den Abschluss eines No-Spy-Abkommens Angebot."

  • und die Sache ist vom Tisch (genommen worden), weil wir den ehrlichen Darstellungen der Geheimdienste mit Autorisierung SOGAR eines Außenministers voll Glauben schenken können. Ich hoffe, das sie damit noch auf den Po fallan.

  • M
    Michael

    Wer gegen die Bundesrepublik Deutschland spioniert, macht sich nach deutschem Recht strafbar.

     

    Punkt.

     

    Dabei ist es völlig egal, ob die Straftat auf deutschem Boden passiert.

     

    Insofern wirft Herr Pofalla nur Nebelkerzen.

     

    Befreundete oder neutrale Staaten dulden Spionage in der Regel voneinander und schmeißen Spione (die meist unter dem Schutze diplomatischer Immunität arbeiten) eher selten einmal raus, wenn jemand es zu arg getrieben hat.

     

    Doch wegen PRISM ist noch niemand rausgeflogen, im Gegenteil, die NSA darf Ihre Überwachungszentrale in Wiesbaden schön weiterbauen.

     

    Und was Herrn Pofalla anbelangt: er tänzelt auf der Grenze zur "Strafvereitelung im Amt" - oder noch viel Schlimmerem.

     

    Hoffentlich kommt er damit nicht durch!

  • C
    Cyborg

    Frage ist, wie Stroebele dem Sinn nach schon gesagt hat, ob auslaendische Dienste mehr duerfen als deutsche. Die Sicherheitspartnerschaft.

     

     

     

    Wichtiger ist, inwieweit andere staatliche Stellen, Staatsanwaltschaften und Polizei an die "strategischen Daten" kommen.

     

    Das ist die Stunde des deutschen Verfassungsrechtes.

     

     

     

    Alte Fragen in neuen Zusammenhaengen. Wenn es keinen Aufwand mehr macht, wo ist da der Eingriff? Das ist der Cyberspace.

     

     

     

    Auszugehen ist davon, dass alles was moeglich ist auch gemacht wird und die Dienste staendig mit neuer Software spielen. Im Zweifel alles auf der Basis von Open Source.