Kommentar Liegenschaftspolitik: Starke Politiker gesucht

Am Blumengroßmarkt-Gelände in Kreuzberg zeigt sich die Mutlosigkeit der Stadtentwicklungspolitik besonders drastisch.

Das Sprechen über Stadtentwicklung ist in Berlin dieser Tage meist ein Jammern: Die Mieten explodieren, Freiräume schwinden, die Privatisierung kommunalen Eigentums reißt Löcher ins Bild der Stadt. Wenn wieder einmal ein lebenswertes Stück Berlin dem Profit geopfert wird, ruft es von allen Seiten: Schluss mit dem Ausverkauf, her mit der neuen Politik! Und die antwortet stets: Wir wollen auch eine lebenswerte Stadt für alle - aber die Haushaltslage! Die Gesetze! Die Senatsmehrheiten! Dann scheint es, als habe die Politik ihren Gestaltungsspielraum bereits verloren.

Am Blumengroßmarkt-Gelände in Kreuzberg zeigt sich die Mutlosigkeit der Stadtentwicklungspolitik besonders drastisch. Erst stößt man ein dialogisches Planungsverfahren an, um das Beste für den Kiez herauszuholen. Dann vertraut man doch lieber einer Ausschreibung - es könnte ja Geld verloren gehen. So rettet man kein Quartier.

Der Senat kriegt es nicht hin, raunt die Opposition. Doch auch bei ihr vermisst man, selbst kurz vor der Wahl, den Mut zu einer Stadtentwicklungspolitik, die den Namen verdient. Wie kann es sein, fragen sich nun einige Kulturschaffende, dass keine Partei einen Verkaufsstopp für öffentliche Liegenschaften fordert?

Die Antwort lautet wohl: Wahlkampf. Die Floskel "lebenswerte Stadt" schmückt zwar alle Wahlprogramme. Aber das verprellt noch niemanden - während ein klares Nein zur Privatisierung nicht allen Wählern (und Koalitionspartnern) gefällt. Eine echte Politik zum Wohl der Stadt braucht aber Bekenntnisse. Über Sachzwänge gejammert wurde lange genug.

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Jahrgang 1974, geboren in Wasserburg am Inn, schreibt seit 2005 für die taz über Kultur- und Gesellschaftsthemen. Von 2016 bis 2021 leitete sie das Meinungsressort der taz. 2020 erschien ihr Buch "Der ganz normale Missbrauch. Wie sich sexuelle Gewalt gegen Kinder bekämpfen lässt" im CH.Links Verlag.

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