Kommentar Kaltreserven: Der Schalter ist umgelegt
Die Bundesnetzagentur verzichtet auf ein Atomkraftwerk als Reserve. Sie entscheidet dabei anhand von Fakten, nicht aus ideologischen Gründen.
E s war die vorerst letzte Schlacht derjenigen, die aus ideologischen Gründen möglichst viele Atomkraftwerke am Netz haben wollen: Zusammen mit einigen Hardlinern in der Union hatte vor allem die FDP darauf gedrängt, einen Reaktor im "Stand-by-Betrieb" zu halten, um ihn bei Strom-Engpässen wieder ans Netz nehmen können.
Dass die Atomfreunde mit diesem Plan gescheitert sind, ist ein gutes Zeichen: Auch unter Schwarz-Gelb entscheidet jetzt nicht mehr Ideologie über die Energiepolitik, sondern Fakten.
Die Regierung hatte die Entscheidung an die zuständige Fachbehörde, die Bundesnetzagentur, delegiert. Und die hat nach gründlicher Prüfung bestätigt, was den meisten ExpertInnen schon vorher klar war: Als "Kaltreserve" ist ein Atomreaktor erstens ungeeignet und zweitens unnötig.
MALTE KREUTZFELDT ist Redakteur im Umwelt- und Wirtschaftsressort der taz.
Zudem zeigt die jüngste Entwicklung erneut, wie sich die Kräfteverhältnisse verschoben haben. Selbst die hessische Landesregierung, die bisher stramm auf Atomkurs war, wollte am Ende nicht, dass das AKW Biblis im Stand-by-Betrieb bleibt. Zu eindeutig ist Atomkraft zum Verliererthema geworden, zu groß ist die Sorge, dass der gerade beruhigte Konflikt wieder ausbricht.
Die Befürchtung mancher AtomkraftgegnerInnen, dass die Bundesregierung bei erster Gelegenheit wieder auf einen atomkraftfreundlicheren Kurs einschwenkt, hat sich zumindest bei dieser Entscheidung nicht bestätigt.
Das lässt hoffen, dass auch der weitere Ausstieg planmäßig umgesetzt wird - zumal die Entwicklung der Erneuerbaren eher für ein früheres als für ein späteres Abschalten der verbliebenen AKWs spricht. Wenn zudem der gesellschaftliche Druck anhält, dürften die Atomfreunde auch weiterhin schlechte Chancen haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Bestürzung und erste Details über den Tatverdächtigen
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher