piwik no script img

Kommentar Italienischer RassismusStramm mit rechts

Michael Braun
Kommentar von Michael Braun

In Italien ist Diskriminierung salonfähig. Die Schreier in den Fußballstadien liefern die Begleitmusik zum rassistischen Habitus der parlamentarischen Rechten.

W ieder einmal stand mit der Partie AC Mailand – AS Rom am Sonntag ein Fußball-Erstligaspiel kurz vor dem Abbruch, weil die römische Fankurve nicht an sich zu halten wusste. Ihr Ziel: Mario Balotelli, schwarzer Star Mailands und der Nationalmannschaft. Das ist leider Alltag in den italienischen Stadien: Immer wieder müssen sich Spieler mit schwarzer Hautfarbe rassistische Sprechchöre anhören.

Stramm rechts, rundheraus faschistisch sind viele italienische Fankurven – doch ihr Rassismus ist bis weit in die Mitte der Gesellschaft hinein mehrheitsfähig. Das zeigte sich gerade letzte Woche besonders.

Mit Cecile Kyenge war zum ersten Mal in der Geschichte des Landes eine Afroitalienerin zur Ministerin ernannt worden, zuständig für: Integration. Und was sehen die Menschen im Fernsehen? Ein Interview, durchgeführt von einer als eher links bekannten Journalistin, die munter wissen will, wie es denn um die Polygamie in Afrika bestellt ist und ob die Neuministerin neben ihrem Katholizismus auch animistische Rituale samt Vielgötterei pflegt.

Bild: Christian Jungeblodt
Michael Braun

ist Italien-Korrespondent der taz.

Und die rechtspopulistische Lega Nord – bis November 2011 regierte sie gemeinsam mit Berlusconi – beschwor den Untergang des Abendlandes und forderte, die Ministerin solle sich gefälligst für von Immigranten auf italienischem Boden begangene Verbrechen entschuldigen. Die „Barbaren-Invasion“ – sie wird in Italien nicht nur von rechtsradikalen Fanatikern beschworen, sondern von der gesamten parlamentarischen Rechten.

Von einer Rechten, die den ersten Vorstoß der neuen Ministerin – italienische Staatsbürgerschaft für die Kinder der Immigranten – als unerträgliche Provokation empfindet und gern auch mit unverhohlen rassistischen Kommentaren reagiert. Dies ist das wahre Problem: Die Stadionschreier liefern bloß die Begleitmusik.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Michael Braun
Auslandskorrespondent Italien
Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • K
    karakoram

    Whoa, was ist bei der taz-Leserschaft los? Der dümmlich rechte Dreck in den Kommentarspalten wird immer mehr.

     

    Interessanterweise, wie ich grundsätzlich bei Rechten, konsequent ohne Argument. Gepöbel, gegenstandslose Gehässigkeit und knallharte Überzeugung wider die (tatsächlichen) eigenen Interressen. Probleme werden auf die Schwächsten projiziert statt auf die Verantwortlichen. Klar, ist einfach, triebhaft auf Propaganda anzuspringen und unangenehm, die liebgewonnenen Überzeugungen zu überdenken. Als Einstieg empfehle ich Schirrmacher und Galbraith zur Kapitalismuskritik. Die machen Hoffnung und zeigen, das die Einrostung des Hirnapparates bei Rechten grundsätzlich reversibel ist.

     

    Vielleicht sollte man aber auch sich freuen, dass so viele Verwirrte sich zur taz verirren, vielleicht schlägt da ja irgendwann ungewollt die Erkenntnis zu..

  • FV
    Franz vege

    mein Gott, bin ich froh, dass es die guten Linken gibt

  • M
    Marc

    Merkwürdige Kommentare, ich fand den Bericht gar nicht so vereinfachend oder gar polarisierend. Vielleicht täte dem/der einen oder anderen mal die Beschäftigung mit Italien (übers Netz z.B. durch italienische Medien) gut.

    Wer sich über die 'die de facto insolvente taz' freut, der findet so einen Artikel dann vielleicht albern.

    Meinungsfreiheit halt, is scho recht.

  • CS
    Claudio Sozzani

    An dem Kommentar des Kollegen Braun ist kein Komma falsch: ein immer aggressiverer Nationalismus (etwa bei der Lega) und der damit verbundene Rassismus (latent selbst bei Grillo) sind das eigentliche, das 'tiefere' Problem Italiens. Berlusconi ist da nur der Wegbereiter und die 'folkloristische' Oberflaeche.

     

    Um so erschreckender der ein oder andere Kommentar der vermeintlich 'linken' Leser. Das sind so die (wenigen) Momente, wo a bisserl 'Zensur' (ein Sysop) wohl gar nicht schaden wuerde...

     

    P.S.: Interessant finde ich die Formulierung "mit unserem Wertesystem"... meinen Sie das aus, sagen wir: Chemnitz, oder das aus Catania? Den Unterschied erklaere ich Ihnen dann gerne bei naechster Gelegenheit ;)

  • H
    Horner

    Ein sehr schlichter Artikel aus der links-dummen Ecke - einfach ein paar Mal "Rassismus" brüllen, und der Beifall der ganz billigen Plätze ist sicher. Peinlich.

  • D
    Detlev

    Italien hat zahlreiche Paragraphen gegen NS- und Faschismusverbrechen abgeschafft und damit etwas zustand gebracht, dass gefährlicher nicht sein kann. In Italien ist praktisch nicht Sarrazin in die Mitte der Gesellschaft aufgerückt, sondern Udo Voigt, Frey und sogar Leute Rieger. Das hat in Italien eine kulturelle Renaissance der extremen, faschistischen Rechten in der Gesellschaft aufgelöst. Zwar ist MSI nicht mehr eine reine Nazipartei, dafür sind Naziideen im Mainstream und geistern durch noch mehr Köpfe von Normalmenschen, zumal die Schutzmechanismen dagegen von Berlusconi bewusst abgeschafft worden.

     

    Viele Menschen in Italien betrachten die Neonazis/Neofaschisten dort immer im Kontrast zu den wirren 1970ern - das ist ein Fehler. Dass heute keine Bomben mehr knallen und keine Putschideen in der Luft hängen, bedeutet noch längst nicht eine Entwarnung, sondern wirkt eher wie ein Zündschnur, die nur langsamer brennt, wie es am Ende knall, wer kann das heute wissen. Neofaschisten können heute viel deutlicher und geschichtsrevisionistischer in Italien auftreten, als NPDler oder Neonazis in Deutschland.

  • V
    vic

    Herrlicher Beitrag - diese taz-Artikel zum Thema "Rassismus" sind echt immer so witzig geschrieben, ich musste mehrfach laut loslachen, besser als Gaudimax ist das ja bei der taz. Mal ehrlich, wie kommt ihr immer auf so witzige Formulierungen? Fast noch witziger als der Artikel ist ja die Vorstellung, die de facto insolvente taz hätte einen "Italien-Korrespondenten" - welcher Witzbold bei der taz kommt denn auf solche Ideen? Köstlich! Ein sehr gelungener, richtig lustiger Artikel. Weiter so!

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Hier werden wieder munter Sachen vermischt, die besser auseinander gehalten werden sollten. Natürlich gibt es einen Rassismus, der sich allein auf die Hautfarbe bezieht. Der ist sicher abzulehnen. Wenn jedoch jemand Gepflogenheiten der Einwanderer ablehnt, die mit unserem Wertesystem nicht vereinbar sind, dann ist dies sicher kein Rassismus. Oder sind fundamentale Verstöße gegen Menschenrechte etwa je nach Hautfarbe ebtweder Verbrechen oder Folklore? (Diese Unterscheidung wäre/ist Rassismus!)

  • H
    HamburgerX

    Ich will jetzt nur mal auf den Fußballbereich eingehen.

     

    Es ist sicher nicht nett gemeint, aber will man ernsthaft die Imitierung von Affenlauten im Stadion verbieten? Oliver Kahn hat das auch lange Zeit erleben müssen, es wurden sogar Bananen hochgehalten.

     

    Was nützt es also, sich darüber aufzuregen und sofort "Rassismus" zu schreien? Sollen die Leute doch grunzen, was sie wollen, es fällt auf sie selbst zurück. Irgendwann setzt sich Leistung durch und wir auch anerkannt. Manchmal ist ignorieren besser als das Bestrafen-Wollen.