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Kommentar Israels RegierungskoalitionNetanjahus Fehlentscheidung

Kommentar von Susanne Knaul

Die neue Regierung unter Benjamin Netanjahu ist arg auf Kante genäht. Auf rechte Kante. Ein Durchregieren wird es so allerdings nicht geben.

Das wird nichts mit der ruhigen Kugel auf der langen Regierungsbank. Minister Naftali Bennett und Regierungschef Netanjahu in der Knesset. Bild: dpa

S o hatte es sich Benjamin Netanjahu nicht vorgestellt, als er Ende letzten Jahres Finanzminister Jair Lapid und Justizministerin Zipi Livni den Vorwurf machte, gegen ihn zu intrigieren. Weil sie seine Reform, Israel als jüdischen Staat im Grundrecht zu verankern, nicht mittragen wollten, setzte der Regierungschef die beiden kurzerhand vor die Tür und begann von einer stabilen Koalition mit treuen Partnern zu träumen.

Netanjahus deutlicher Sieg für seinen Likud und die Mehrheitsverhältnisse im Parlament versprachen die Koalitionsverhandlungen zu einer seiner leichteren Übungen werden zu lassen. Mit der überraschenden Kehrtwende des scheidenden Außenministers Avigdor Lieberman trübt sich das Bild. Die Koalition sei ihm „nicht nationalistisch genug“, rechtfertigte sich Lieberman. Nie war Israels Regierung nationalistischer als heute.

Dass Netanjahu vorgezogene Neuwahlen provozierte, entlarvt sich spätestens jetzt als missliche Fehlentscheidung. Die Koalition ist praktisch regierungsunfähig. Jeder einzelne der vier Partner ist Zünglein an der Waage. Wie erpressbar Netanjahu dadurch wird, deutete sich schon während der Koalitionsverhandlungen an.

Die Koalition ist sich in außenpolitischen Fragen einig. Keine der Fraktionen strebt Friedensverhandlungen mit den Palästinensern an. Stattdessen werden mehr neue Häuser für israelische Siedler in den noch besetzten Gebieten gebaut werden. Die einen drängen auf die Neubauten, um politische Tatsachen zu schaffen, die anderen, weil sie ihren Wählern billigen Wohnraum versprochen haben.

Dass die Partner hingegen innenpolitisch an recht verschiedenen Strängen ziehen, dürfte Netanjahu spätestens bei der Haushaltsdebatte zum Verhängnis werden. Es allen Recht zu machen, wird ihm kaum gelingen. Ob die Koalition einige Wochen, Monate oder sogar ein bis zwei Jahre hält, spielt keine Rolle. An den heutigen Mehrheitsverhältnissen wird auch eine erneute Wahl nichts ändern.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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3 Kommentare

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  • 2G
    2422 (Profil gelöscht)

    ..."ist arg auf Kante genäht", das ist eine unglaubliche Verharmlosung angesichts der Rechtsbrüche, die diese neue Regierung in Israel offen angeht. Aber seit dem letzten GAZA-Krieg ist offensichtlich über diese Seite der israelischen Politik bei der TAZ das grosse Schweigen verordnet. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass es nicht mal der neue Bericht von BREAKING THE SILENCE in die Berichterstattung der TAZ schafft. Wenn man Angst hat, mit der Wahrheit, zB über den Gazakrieg, den Antisemitismus anzufachen, dann wäre es doch am Besten, man würde über Israel schweigen. SO aber beteiligt man sich an der Lüge.

    • @2422 (Profil gelöscht):

      Die Entrechtung der Beduinen im Negev schreitet auch weiter voran..

  • Fehlentscheidung?

     

    Immerhin kann ein israelischer Ministerpräsident in solchen Situationen immer mit Verständnis für die „schwierige innenpolitische Lage“ von Seiten seiner "Freunde" rechnen, falls man wieder mal so tun sollte, als wolle man was vom Staate Israel.