Kommentar Griechenland-Rettung: Wir retten die Falschen

Die Milliardenhilfen für Athen sind beschlossen. Für die Griechen wird damit alles noch schlimmer. Profitieren werden hingegen Banken, Versicherungen und Hedgefonds in Europa.

Der neue "Rettungsplan" für Griechenland steht. Gerade noch rechtzeitig vor der drohenden Staatspleite im März haben sich die Euro-Finanzminister auf neue Milliardenhilfen geeinigt. Doch wem wird da eigentlich geholfen?

Den Griechen bestimmt nicht. Sie müssen künftig mit niedrigeren Löhnen, weniger Kündigungsschutz, schlechterer Gesundheitsversorgung und einem massiven Ausverkauf ihres Staates leben. So hat es die internationale Troika gefordert, und Bundesfinanzminister Schäuble und seine europäischen Amtskollegen haben es den Griechen mit vielen, oft verletzenden Drohgebärden aufoktroyiert.

Das war ein rücksichtsloses Diktat, kein großzügiges Hilfsangebot. Gewiss, nun soll Athen eine neue gewaltige Finanzspritze von 130 Mrd. Euro erhalten. Doch der größte Teil dieser Kredite, die mit Zins und Zinseszins zurückgezahlt werden müssen, geht nicht etwa in das Not leidende Staatsbudget, sondern in den Schuldendienst. Und der wird noch dazu über ein Sperrkonto dem Zugriff der Regierung entzogen. In Wahrheit haben Schäuble & Co. den Gläubigern geholfen, nicht den Menschen in Griechenland.

Profitieren werden Banken, Versicherungen und Hedgefonds in Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Bei einer Pleite hätten sie alles verloren, nun müssen sie nur auf etwas mehr als die Hälfte ihrer Forderungen verzichten - der Marktwert der griechischen Anleihen wäre noch niedriger gewesen.

Die privaten Gläubiger, die laut Schäuble mithaften sollen, werden in Wahrheit massiv begünstigt. Zudem können sie sicher sein, dass das Geld aus Griechenland beständig weiter fließt - egal, wie die im April geplanten Wahlen in Athen ausgehen.

Griechenland bleibt ein hoffnungsloser Fall

ERIC BONSE ist Korrespondent der taz in Brüssel.

Das ist ein schönes Geschäft für die Gläubiger, und ein ganz schlechtes für Europa. Ein Land wurde um den Preis der Selbstbestimmung und der Demokratie vor einer Pleite bewahrt, die nach Ansicht der meisten Experten früher oder später ohnehin kommt.

Denn das ist die zweite bittere Lektion dieser heillosen "Rettung". Zu einem nachhaltigen Abbau der Schulden trägt sie nicht bei, wie aus einem streng vertraulichen Memorandum der Troika hervorgeht. Im schlimmsten Fall wird der Schuldenstand 2020 genauso hoch sein wie heute - Griechenland bleibt also ein hoffnungsloser Fall.

Jetzt rächt sich die deutsche Strategie, "Schuldensünder" zu bestrafen, statt ihnen schnell und beherzt zu helfen. Von Anfang an legte die schwarzgelbe Bundesregierung den Akzent einseitig auf Sparen und Schrumpfen - dabei braucht Griechenland dringend Investitionen und Wachstum.

Zwar enthält das neue "Anpassungsprogramm" nun auch Strukturreformen, die die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen sollen. Doch bis sie wirken, werden mindestens zwei Jahre vergehen. Die Gefahr, dass Griechenland zwischendurch in politischem und sozialen Chaos versinkt, ist größer denn je.

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Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog

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