piwik no script img

Kommentar EurorettungInvestoren werden panisch bleiben

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Selbst die eine Billion Euro, um die der Rettungsschirm aufgestockt wurde, wird nicht reichen. Diese Krise hat sich verselbstständigt, es dominiert die Stimmung der Investoren.

D ie Eurokrise ist nicht vorbei - und sie wird sich weiter verschärfen. Zwar ist der Rettungsschirm jetzt auf etwa eine Billion Euro aufgestockt worden, aber selbst diese enorme Summe wird nicht reichen.

Ein erstes Problem: Der Schuldenschnitt für Griechenland war richtig, aber bekanntlich ist es nicht das einzige Euroland, das überschuldet ist. Auch bei Portugal und Irland ist zweifelhaft, ob sie ihre Schulden vollständig zurückzahlen können.

Dies wird momentan nur übersehen, weil sich Politiker und Börsianer monomanisch auf die Frage konzentrieren, wie hoch der Haircut für Griechenland ausfallen sollte. Aber abseits der Hellas-Hektik verharrt auch Portugal in der Rezession. Es ist nur eine Frage der Zeit, dass dort ebenfalls ein zweites Rettungspaket nötig wird.

Bild: taz
ULRIKE HERRMANN

ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.

Vor allem aber: Eine Billion Euro reicht nicht, weil selbst zwei Billionen nicht genug wären. Die Krise hat sich verselbstständigt und in den Kern der Eurozone gefressen. Eine reale Überschuldung in einigen Randstaaten führte zu einer Massenpanik bei den Finanzinvestoren. Inzwischen gelten Italien und selbst Frankreich als potenzielle Pleitekandidaten, was einfach lachhaft ist. Beide Länder gehören zu den wirtschaftlich stärksten Nationen der Welt.

Von der Euphorie geht's zur Angst

Aber es dominiert die manisch-depressive Stimmung der Investoren. Momentan sind sie recht euphorisch, wie die steigenden Börsenkurse vom Mittwoch signalisieren. Doch diese Freude über neue Eurobeschlüsse hält meist nicht lange, wie die bisherigen Erfahrungen zeigen. Schon bald werden die Investoren wieder anfangen, sich in ihre Ängste hineinzusteigern - und besorgt ausrechnen, dass auch eine Billion Euro nicht genügt, um Italiens oder Frankreichs Staatsschulden zu garantieren.

Die Investoren sind von einer absurden Schizophrenie befallen: Der Außenwert des Euro, etwa gegenüber dem Dollar, ist absolut stabil - aber es wird permanent der Untergang gefürchtet. Dieser Massenpanik ist nicht beizukommen, indem man den Rettungsschirm noch weiter hebelt. Denn dann werden die Investoren neue Ängste entwickeln - und sich fragen, ob Deutschland diese Garantiesummen stemmen kann.

Die Eurokrise wird erst enden, wenn der Euro zu einer normalen Währung geworden ist - wie der Yen, der Dollar oder das Pfund. Dazu würde unter anderem eine Europäische Zentralbank gehören, die Staatsanleihen aufkaufen kann, wie es die Bank of England routiniert tut.

Noch ist dieser Ausweg fern. Noch setzt Kanzlerin Merkel lieber auf nationalstaatliche Lösungen wie die "Schuldenbremse". Jedes Land soll sparen, um die Finanzmärkte zu beruhigen. Nie ist hingegen von der Alternative die Rede: dass die Reichen mehr Steuern zahlen könnten. Die verordneten Kürzungen werden die Rezession jedoch vertiefen, was wiederum Defizite produziert - und die Investoren erneut in Panik versetzt. Die Brüsseler Beschlüsse waren nicht harmlos. Sie werden die Eurokrise verschärfen, statt sie zu lösen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • I
    Illoinen

    Ich bin doch schon sehr verwundert, wie hier einige Kommentatoren diese Situation mit Links oder gar DDR Light etc. bezeichnen. Alleine die Fakten und Erfahrungen zeigen das mit Sparen alleine diese Krise nicht zu bewältigen sein wird. 1929 war doch ein erschreckendes Beispiel, wohin das geführt hat? Chaos pure? Tatsächlich aber versuchen hier wieder einige wider besseren Wissen, genau das gebetsmühlenartig zu wiederholen. Die Probleme aus meiner Sicht könnten schon längst gelöst sein, wenn man sich nicht mit Ideologischen Grabenkämpfen beschäftigen würde. Stattdessen sollen wieder Millionenfach Arbeitsplätze abgebaut werden? Hier schließt sich eine meiner vielen Fragen an: Wenn alle ihre Arbeit verlieren und keiner mehr Geld verdient? Wovon soll dann bitte schön noch gespart werden? Während auf der anderen Seite, Instrumente geschaffen wurden, dass die Reichen im reicher werden, weil die Gewinne ganz legal privatisiert und in die weltweiten Steueroasen transferiert werden können, während die Kosten sozialisiert und Millionen von Menschen ganz legal in die Armut getrieben werden dürfen? Das hat nichts mit links oder rechts zu tun, dass ist schlicht und ergreifend eine Schande!!!!!!!

  • M
    Maik

    @reblek:der Staat Griechenland hat große Goldreserven und hat im Frühjahr sogar nochmal Gold gekauft. Wieso setzt Griechenland dieses Gold nicht zu seiner eigenen Stabilität ein? Wieso fordert dies niemand? Da dazu in den Medien nichts zu hören ist und auch Frau Herrmann kein Wort dazu sagt: wer hat eine sinnvolle Antwort?

  • R
    reblek

    "... ob sie ihre Schulden vollständig zurückzahlen können." - Frau Herrmann weiß, dass nicht Schulden, sondern Kredite zurückgezahlt werden, schreibt aber trotzdem "auf die Schnelle" mal Unsinn.

     

    @ montrose: Nicht "die lieben Griechen" bunkern Gold, sondern die reichen Griechen. Und die haben auch hunderte von Milliarden Euro in der Schweiz und sonstwo gebunkert. Aber warum sollte es in Griechenland anders sein als in anderen Ländern?

  • V
    Vertrauensbasis

    Ihr Kommentar kontrastiert erfreulich mit der Darstellung der Tagesschau gestern, auf die prompt 90 KommentatorInnen reagierten, als wäre ein Kerneuropa unter deutscher Führung die Lösung. Dumpfer Nationalismus gewendet in selbstgefälliger Euromeisterschaft.

    Die Krise ist wohl nicht mehr immanent lösbar.

    Oder, es sollte durch Regulierung verhindert werden, dass Investoren sich aus einem Geschäft, einer Investition (wie zu Beginn 2006/2007 bei der Häuser-Hypothekenkrise in USA und Spanien) zurückziehen.

    Schluss mit dem Geiz, das Geld ist da.

  • DR
    DDR Reloaded

    Ach wie kuschelig war es doch in der alten DDR: Eine Staatsbank regelte alles, das Neue Deutschland verkündete die Wahrheit (die taz bewirbt sich um diese Position) böse Zocker gab es nicht.

     

    Das ganze Geschreibsel in der taz und in den Kommentaren hier trieft von sozialistischer Ostalgie.

     

    Kurz ein paar Fakten, die überall fehlen:

     

    < Diese Krise ist eine POLITISCHE Krise. Weil die PIGS genauso gehandelt haben wie die DDR liegen sie jetzt auf der Nase: Eine marode Wirtschaft, in der die Leistungsfähigen nichts verdienen können und gehen. Korrupte Oligarchien. Auf Pump finanzierte Ausgaben, die Staatsbanken kauften auf Geheiß von Paris, Rom und Athen Staatsanleihen ein, damit die Zinsen niedrig bleiben.

     

    < Der Kern der Misere ist nicht beseitigt: Prasser und Finanzbetrüger werden weiter nicht bestraft und von den Steuerzahlern der starken Länder durchgeschleppt. Ach so, ich vergaß: Die Leserschaft der taz weiß ja nicht, was Steuern sind, weil sie als Sozialarbeiter, Stadtteilbeauftragter oder Migrationsforscher vom Staat lebt.

     

    < Nur der Markt kontrolliert und bestraft die Prasser - weil Versicherungen, Pensionsfonds und Kleinanleger eben verstanden haben, dass Politiker lügen. Und sich deswegen von deren Staatsanleihen trennen, weswegen die Zinskosten steigen.

     

    < Nur Vorsicht hier mit kommunistischem Gehetze a la "Lebensmittelspekulanten sind Mörder". Selbst der rote Staatssekretar von Lafontaine sieht nur 20% der Preise durch Spekulanten gesteuert - und auch nur kurzfristig. Die Mega-Trends, die Lebensmittel verteuern, sind Bevölkerungsexplosion und der Aufstieg der neuen Mittelklasse in allen Ländern, die das linke Joch abgeschüttelt haben, das ihr alle hier wieder einführen wollt.

     

    Widerwärtig.

  • M
    montrose

    Köstlich war auch der Augenblick, als ein Presseclub-Anrufer die Runde fragte, ob es stimmt, das die lieben Griechen im großen Stil Gold bunkern. Die süße Frau Hermann konnte nur ganz verschämt in die Kamera lächeln!!

  • V
    Volksverdummung

    @Ulrike Herrmann

    Teilweise kann man gute Ansätze erkennen; zumindest keine "EUROBONDS" gesichtet. :-)

    .

     

    1. (Zitat:) "Die Eurokrise ist nicht vorbei - und sie wird sich weiter verschärfen."

    RICHTIG.

     

    Nur an der stichhaltigen BEGRÜNDUNG (!) hapert es, mal wieder. Die bekannten Stimmungsschwankungen der "Investoren" von manisch-depressiv bis himmelhoch-jauchzend sollten jedoch auf die ANALYSE der Banken- u. Staatsschuldenkrise, sowie auf die ENTWICKLUNG von massgeschneiderten LÖSUNGEN keinen Einfluss ausüben.

     

    Sonst bekommen wir Meldungen wie:

    "Es gibt noch keine Meldungen über eine Sichtung chinesischer Tresor- u. Geldspeicher-Dschunken, oder arabischer Staatsfonds-Daus..."

    Problem: Nachdem die "FTD" bereits (im live-ticker) berichtet hatte, dass Sarkozy vorgestern in Brüssel nach 23.00 mit PEKING telefoniert habe, ein Schelm wer Böses dabei denkt, wurde diese "Bargeld-Hoffnung-Gerücht-Meldung" prompt als glaubwürdig erachtet!

    Mit den bekannten volatilen Folgen: DAX um 5% hoch, ebenso Butterpreis in Griechenland und Diesel in Deutschland...

    So was passiert halt, wenn Menschen sich spät abends noch unterhalten und von chinesisch-arabischen Geldspeichern halluzinieren!

    .

     

    2. (Zitat:) "Der Schuldenschnitt für Griechenland war richtig, aber bekanntlich ist es nicht das einzige Euroland, das überschuldet ist. Auch bei Portugal und Irland ist zweifelhaft, ob sie ihre Schulden vollständig zurückzahlen können."

    RICHTIG.

     

    Allerdings sind Portugal und Irland nur klamme "STAATSSCHULDENZWERGE". Deutschland, Italien und Frankreich (u. Andere) sind doch ebenso klamm! Und es ist nicht nur "zweifelhaft, ob sie ihre Schulden vollständig zurückzahlen können", sondern dies ist eine TATSACHE, sofern keine weitgehendere INFLATIONIERUNG des GELDWERTES stattfindet!

    .

     

    3. THESE (v. Frau Herrmann) zum "finalen Ende" :-) der Krise:

    .

    ZITAT:

    "Die Eurokrise wird erst enden, wenn der Euro zu einer normalen Währung geworden ist... Dazu würde unter anderem eine Europäische Zentralbank gehören, die Staatsanleihen aufkaufen kann, wie es die Bank of England routiniert tut."

     

    Lach! Mit verheerenden Folgen! Und die FED (USA) kauft nicht nur US-Staats-Obligationen, sondern auch anderes wertloses ZEUG (z.B. unverkäuflichen Hypotheken-Ramsch!). Alles, um die Finanzfirmen mit Bargeld (Liquidität) zu versorgen!

     

    Ok, eine gewisse "Routine" (Erfahrung) beim Aufkauf von Euro-Staatsanleihen dürfte die EZB bereits gesammelt haben (derzeit mindestens 170 MILLIARDEN FORDERUNGEN, die aus dem Aufkaufprogramm resultieren, gegen Staaten der Euro-Zone...).

    Eine OPTION der EZB bestünde tatsächlich darin, das Geldsystem mit Liquidität zu fluten, um die horrenden SCHULDSUMMEN der EURO-Staaten zu entwerten... KEHRSEITE der Geschichte: Die "Sparbillionen" wären auch entwertet.

    Summa summarum:

    Die Kaufkraft des Geldes WÜRDE schwinden, wie die Butter in der griechischen Sonne, und die Bürger würden schwitzen, wie einst Diogenes in der Tonne!

     

    Eine andere -zweite- OPTION der EZB: langsame aber permanente Inflationierung des Geldsystems. Dann würden die KAUFKRAFT-SCHOCKWELLEN für Wirtschaft u. Gesellschaft etwas niedriger hereinbrechen... - alles sehr theoretisch, denn die tendenziell anziehenden ROHSTOFFPREISE führen bereits ebenfalls zu realwirtschaftlichen Preisschocks...

    .

     

    4. GEGENTHESE:

     

    INFLATIONIERUNG bedeutet SCHOCKWELLEN für die Realwirtschaft (u. Gesamtgesellschaft). Ein ENDE der KRISE KANN DIES NICHT EINLEITEN! Die Krise bekäme nur ein anderes Gepräge.

     

    Denn: Die derzeitigen -exklusiven- ERSTAUFKÄUFER der Staatsanleihen würden bei einer Inflationierung durch die EZB einfach Ihre ZINSFORDERUNGEN entsprechend anpassen (erhöhen!), damit IHRE ZINSSPANNE (der Kreditbanken) gewahrt bleibt!

     

    Nein, Frau Hermann!

     

    • Die Lösung und das ENDE der Krise kann nur dann ohne gesellschaftliche und wirtschaftliche Verwerfungen gelingen, indem die EZB die STAATEN DIREKT REFINANZIERT!

    Gegen erträgliche Zinsen, die jeden Gedanken an eine denkbare Insolvenz sofort vertreiben!

    Die BANKEN, die bisher fast im ALLEINGANG (!) die Zinsen für neue Staatskredite diktieren (vgl. die Arbeitsweise der "Deutsche Finanzagentur GmbH" in Frankfurt), MÜSSEN aus dem privilegierten STAATSANLEIHEN-EMISSIONSGESCHÄFT schrittweise verdrängt werden!

     

    Nur so (!) lässt sich das Geldsystem "Euro" noch -verantwortlich- stabilisieren!

    .

     

    5. Abwertungswettlauf der Währungs- u. Wirtschaftsräume...

    .

    Der EURO-DOLLAR-Wechselkurs ist relativ irrelevant für die Beurteilung der Kreditklemmen!

    Abwertung und Inflation treffen hingegen fast ausnahmslos abhängige LOHNEMPFÄNGER oder LEISTUNGSEMPFÄNGER (Renten-, Pensionen oder Leistungsempfänger).

     

    ( Die "PSYCHOS" an den ZOCKERMÄRKTEN, die sich am Euro-Dollar-Wechselkurs "erfreuen", sind lediglich ein INDIKATOR dafür, ob der DOLLARWÄHRUNGSRAUM, oder der EUROWÄHRUNGSRAUM im INFLATIONSWETTLAUF (Abwertungswettbewerb!) erfolgreicher agiert!

    ...

    Ein Blick in die Schweiz und jeder versteht, was ich meine! Dort wirft die Nationalbank fast um jeden Preis SCHWEIZER FRANKEN auf den Markt (Abwertungskampf!), damit der Schweizer Exportindustrie nicht ganz die Felle davon schwimmen.)

    .

     

    6. "Schuldenbremse" und/oder "Marshallplan" (Ausgabenprogramm...)

     

    Keine "Schuldenbremse" kann die STIMULANZ eines "MARSHALLPLAN" hervorbringen. Dieses "Rasenmäherbremsrezept" hat nichts mit wirtschaftspolitischem, oder finanzpolitischem Feintuning (Steuerung) zu tun, sondern bereitet den untauglichen "Kahlschlags- und Privatisierungsrezepten" des IWF -dieser neoliberalen Sekte, die Jagd auf ganze Volkswirtschaften macht- erst recht den Boden!

    Insofern stimme ich Frau Herrmann zu! Sie schreibt:

    "Die verordneten Kürzungen werden die Rezession jedoch vertiefen, was wiederum Defizite produziert.... Die Brüsseler Beschlüsse waren nicht harmlos. Sie werden die Eurokrise verschärfen, statt sie zu lösen."

     

    Nur am Rande:

    Logisch, dass die Reichen immer mehr zahlen könnten! Aber in Brüssel ging es nicht um die "Besteuerung von Reichen" -das kann durchaus noch innerstaatlich "geregelt" werden, sondern um die "Stabilität" des Finanzsystem in seiner internationalen Verflochtenheit .

    .

    HESSE

    .

  • JA
    Ja, aber

    So langsam scheinen Sie vom beliebigen Gelddrucken durch die EZB abzurücken - immerhin ist jetzt sogar der Schuldenschnitt richtig. Und man hört sogar die richtige Idee heraus, die Verursacher (nämlich die "Reichen") zahlen zu lassen. Nur am Ende wird das ganze wieder vernebelt, indem doch das Gelddrucken gefordert wird.

    Sie vergessen zwei Dinge:

    1. Die EZB wäre eine unkontrollierte Gelddruckmaschine. Die Gesetze, um dies zu ändern, lassen sich in absehbarer Zeit nicht durchsetzen. Warum sollte man auf ein Instrumentarium setzen, das so in den Sternen steht?

    2. Die "Reichen" höher zu besteuern oder auf andere Weise zur Kasse zu bitten, ist ebenfalls ein nationales Problem. Auch hier muss man nicht auf Europa warten.

    3. Eine tolle (und eventuell machbare) Sache wäre allerdings eine europaweite Finanztransaktionssteuer. Wenn man die auch noch von der EU direkt erheben und ihr zukommen ließe, könnte man damit sicher viel Gutes bewirken. Und im Gegensatz zu Ihrer sonstigen Traumtänzerei ließe sich das vielleicht erreichen. Nur wahrscheinlich nicht mit der dumm-egoistischen Koalition, die uns gerade regiert. (Bei SPD/Grünen und taz scheint mir hier das "egoistisch" weniger ausgeprägt, dafür das "dumm" noch etwas mehr betont.) Vielleicht würde ein Kanzler Steinbrück (oder Steinmeier mit Finanzminister Steinbrück) das hinbekommen.

  • B
    Bitbändiger

    Insoweit haben Sie recht, liebe Ulrike Herrmann: "Die Eurokrise ist nicht vorbei - und sie wird sich weiter verschärfen." Dies hat allerdings seine Ursache darin, dass die weitgehend bejubelte und Frau Merkel zugeschriebene "Lösung" nach den Regeln des herrschenden Wirtschaftssystems angelegt ist.

     

    Leider ist dieses System korrupt, verrottet und verfault bis auf die Knochen. Es ist zwar nicht von der Hand zu weisen, dass die den Euro bedrohende Staatsverschuldung weitgehend von der Politik zu verantworten ist - aber eben nicht nur: Ein nicht unwesentlicher Teil z.B. der deutschen Verschuldung geht auf diverse Konjunkturprogramme, auf Sozialisierung von "Kostenfaktoren" (vor allem "menschlichen") und nicht zuletzt auf die Reparaturkosten der "Krise 2008" zurück.

     

    Die vom Gipfel gefundene Lösung ignoriert (bewusst) die Tatsache, dass die sogenannten Finanzmärkte nicht nur der seriösen Realwirtschaft nicht nützen, sondern sie zunehmend schädigen, z.B. durch spekulatives Hochtreiben von Rohstoffpreisen. Wobei die Verteuerung endlicher Ressourcen (Öl, Gas, Erze etc.) ja noch den positiven Effekt hat, dass die Menschheit rechtzeitig über deren Endlichkeit nachdenkt. (Die Verteuerung wäre allerdings als Steuer in den Staatshaushalten besser angelegt als als Spekulantengewinn.) Anders bei den regenerativen Ressourcen: Nahrungsmittel-Spekulanten sind Mörder.

     

    Der Gipfel hat sich wieder mal nicht getraut, das objektiv völlig nichtsnutzige globale Kasino durch harte Regulierung zu liquidieren. Und solange - leider auch von Ihnen, Frau Herrmann - Spekulanten in einem Topf mit seriösen Anlegern begrifflich zu "Investoren" verklärt werden, wird kein Problem wirklich gelöst.

     

    Nutzen Sie doch Ihren Sachverstand, liebe Frau Herrmann, um der Leserschaft gelegentlich mal Unterschied und Zusammenhang zwischen "den Märkten" und der Realwirtschaft ohne die Scheuklappen angloamerikanischer Wirtschaftsideologie und allgemeinverständlich zu erklären.

  • A
    alcibiades

    Wenn man sich das alles anhört - die Berichterstattung, nicht Ihren Kommentar, Frau Herrmann - wundert es einen schon, wie die vielen dynamischen Herren in den teuren geschmacklosen Anzügen eigentlich so ticken. Kann es sein, dass eine Klasse Schulkinder vernünftiger handeln würde als der geballte Sachverstand der New Yorker Börse? Wenn ich mir die Begrifflichkeiten so anhöre, frage ich mich schon, ob die noch wissen, was sie da überhaupt tun oder ob die uns alle für komplett meschugge halten? Haircuts und Bazookas und Regenschirme mit Hebeln dran - die reden schon noch über Zaster, Mäuse, Kies, Penunze, oder? Vielleicht ist es ja alles kein richtiges Geld. Vielleicht sind es ja auch nicht die kleinen bedruckten Papierscheinchen, die sich unglücklich fühlen, um mal Douglas Adams zu zitieren ... Scherz beiseite, diese Gesten des Geldherzeigens von Europas Spitzenpolitikern sind doch nicht wirklich Wirtschaftspolitik - schon durch die Geste gibt man doch zu, unseriös zu sein. Ein paar entschlossene Massnahmen gegen Banken, die "too big to fail" sind, endlich endlich endlich ein paar Kontrollmechanismen für die internationale Spekulation und ein Verbot von unseligen Derivatgeschäften (die übrigens in Deutschland erst seit ein paar Jahren erlaubt sind, das war eine Sch...idee) wären ein Anfang. Wie bitteschön profitiert die durchschnittliche Bürgerin dieses Landes von der Existenz der Deutschen Bank? Ich würde mal sagen, gar nicht. Aber da besteht ja kein Handlungsbedarf. Der Rettungsschirm, der ist wichtig. Sie müssen nur den Nippel durch die Lasche ziehn...

  • H
    haleyberry

    Das ist ja schön Frau Herrmann, dass

    Sie das nun auch wahrnehmen.

    Warum teilten Sie dann diese Meinung

    nicht auch im Presseclub und in Ihren

    Kommentaren nicht schon Wochen vorher mit???

     

    Sie waren ja auch eine Verfechterin

    der Rettungsschirmpolitik?

     

    Vorher hätten Sie durch qualifizierte

    öffentliche Beiträge die Stimmung

    zuungunsten dieser Schuldenspirale

    entwickeln können.

     

    War es die Solidarität zu Ihrer Geschlechtsgenossin

    Frau Merkel oder der Herdentrieb oder

    die Abneigung zu einer Art nationalen Lager

    zugehörig gezählt zu werden

    oder mangelnder Mut, der Ihre

    kritische Urteilskraft blockierte?

     

    Für mich kommt dieser Artikel zu spät.

  • BS
    Brigitte Steitz

    Sehr geehrte Frau Herrmann,

    genau so sehe ich es auch!

     

    Die Euro-Staaten müssten das Geld zinslos -nicht von Banken- sondern von der EZB bekommen. Die EZB kann das Geld drucken, ohne dass es zu Inflation kommt. Das hätte den positiven Effekt, dass die Euro-Länder nicht in die Zins und Zinseszinsfalle kommen und niemand gegen sie spekulieren könnte.

    Inflation gäbe es trotzdem nicht. Die Gefahr besteht, wenn die Wirtschaft darniederliegt, es zu großer Arbeitslosigkeit kommt und die Arbeitslosen vom Staat finanziert werden müssen, ohne dass Wirtschaftsleistung/Steuereinnahmen dagegen stehen.

    Die Linke hat es vorausgesagt, und es wird nichts anderes übrig bleiben, als die EZB in Krisenzeiten für diesen Dienst zu nutzen.

  • A
    anke

    Es ist immer ein Fehler, Leute zu unterschätzen. Vor allem aber ist es dann gefährlich, wenn diese Leute erhebliche Macht besitzen. DIE Finanzinvestoren sind keine kleinen Kinder, die laut kreischend ihe Decke über den Kopf ziehen und das Gesichtchen ins Kissen drücken, wenn jemand ihnen eine richtig gruselige Geschichte erzählt. Mehrheitlich handelt es sich dabei um gut ausgebildete und erfahrene Profis, die ausgesprochen stolz sind auf ihre Rationalität und ihre Selbstbeherrschung. Sie fürchten Pleiten nicht, sie wetten darauf. Sie sind nämlich überzeugt, dass sie im Stande sind, rechtzeitig auszusteigen, wenn es wirklich brenzlig wird – nicht ohne zuvor noch einen fetten Gewinn mitzunehmen. Und damit dürften sie nicht einmal ganz falsch liegen. Nie zuvor waren Staaten billiger zu haben. Ein klein wenig Gejammer, ein bisschen Schmierentheater, und schon rollt der Rubel. Zweckoptimismus war gestern. Heute ist der Mann von Welt Zweckpessimist.