Kommentar Euro-Rettung: Gute Nachrichten für Europäer
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und die Debatte im Bundestag sind der Krise angemessen. Und doch: Für einen stabilen Euro braucht es mehr.
D ieser Mittwoch war ein guter Tag für Europa, und zwar gleich in mehrfacher Hinsicht. Zum einen hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass die bisherigen Gesetze zur Euro-Rettung mit dem Grundgesetz in Einklang stehen. Damit verlieren die populistischen Euro-Skeptiker ein wichtiges Argument, und den Europäern bleiben die katastrophalen Folgen eines deutschen Ausstiegs aus dem Rettungsfonds erspart.
Zum zweiten haben die Verfassungsrichter die demokratischen Rechte des Bundestags gestärkt. Die Regierungschefs können zukünftige Euro-Rettungsaktionen nicht allein beschließen: Die Abgeordenten müssen zustimmen.
Und die VolksvertreterInnen, das ist die dritte gute Nachricht, sind offenbar gewillt, diese wichtige Aufgabe verantwortungsvoll wahrzunehmen. Die Haushaltsdebatte, die am Mittwoch im Bundestag unter dem Eindruck des Urteils stattfand, zeigte, dass sich die politische Diskussion in Deutschland allmählich dem Niveau annährt, das der Herausforderung der Euro-Krise angemessen ist.
Bundeskanzlerin Angela Merkel, die den Europa-skeptischen Stammtischparolen aus der eigenen Partei bisher nur zögerlich entgegentrat, hat sich nun mit einer kämpferischen, überzeugenden Rede zu Europa bekannt und den Skeptikern in Union und FDP klar gesagt, was bei einem Scheitern des Euros auf dem Spiel steht. SPD und Grüne haben gezeigt, dass sie bei aller Kritik an der Regierungspolitik zu einer verantwortungsvollen Mitarbeit bereit sind und die Euro-Rettung nicht aus taktischen Gründen aufs Spiel setzen werden.
Über eins darf die Erleichterung über das Urteil aber nicht hinwegtäuschen: Grünes Licht haben die Verfassungsrichter nur für den nächsten Schritt gegeben, mit dem der Zusammenbruch von Staaten und Banken kurzfristig verhindert werden soll. Um die stärkere europäische Integration zu erreichen, die auch im Bundestag von vielen beschworen wurde, sind weitere Schritte notwendig: Mehr Rechte für's Europa-Parlament, eine koordinierte Haushaltspolitik, gemeinsame Staatsanleihen.
Das alles, das hat das jüngste Urteil noch einmal bestätigt, ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Doch die genannten Maßnahmen sind für einen stabilen Euro unabdingbar. Daher sollte die Politik bald mit einer Verfassungsänderung die Voraussetzung dafür schaffen, die Einigung Europas fortzusetzen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
80 Jahre nach der Bombardierung
Neonazidemo läuft durch Dresden