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Kommentar EU zur AbtreibungKatholiken passen auf

Ines Kappert
Kommentar von Ines Kappert

Fast wäre es schiefgegangen mit dem Recht auf Abtreibung. Doch gut vernetzte deutsche Erzbischöfe haben das Schlimmste verhindert.

Das Privileg der sexuellen Selbstbestimmung teilen müssen? Wehret den Anfängen. Bild: ap

D er Feminismus hat sich totgesiegt (Matthias Matussek), und die beklagenswerten Opfer sind naturgemäß männlich. Sie nämlich sind heute der „Sträfling in den Steinbrüchen des großen abendländischen Unglücks“ (Thomas Steinfeld). Deutsche Edelfedern geizen nicht mit Pathos, wenn sie für Geschlechtergerechtigkeit eintreten. Und sie haben ja recht.

Den Beweis liefert jüngst die Katholische Kirche: Die EU-Empfehlung, Sexualkundeunterricht an den Schulen und auch das Recht auf Abtreibung zu garantieren, konnte sie gerade noch kippen. Doch um ein Haar hätte sich die Niederlage, die die Kirche in erklecklichen Nationalstaaten (Deutschland, Frankreich...) nach dem geradezu ewigen Kampf gegen Frauenrechte einstecken musste, auf EU-Ebene wiederholt.

Und wieder wäre der weiße männliche Hetero der Leidtragende gewesen. Denn er hätte das Privileg der sexuellen Selbstbestimmung teilen müssen, was bedeutet, für ihn bleibt weniger übrig. Wehret den Anfängen.

Und so gab der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, sein Bestes gegen den Vorstoß, der auf die portugiesische Sozialistin Edite Estrela im Namen des EU-Frauenausschusses zurückgeht. Die findet, Frauen sei das Recht auf „sichere und legale Schwangerschaftsunterbrechung“ zu gewähren. Außerdem solle die Sexualaufklärung „nicht diskriminierende Informationen“ enthalten und ein „positives Image“ von Homosexuellen, Lesben oder Bisexuellen vermitteln. Pure Blasphemie.

Immerhin sind die Unterwerfung des weiblichen Körpers unter das Primat der Mutterschaft und die Zähmung der Sexualität zentrale Ziele der Katholischen Kirche, irgendwie muss man die männliche Hetero-Herrschaft ja herstellen. Allein Frauen für die Folgen einer ungewollten Schwangerschaft zur Verantwortung zu ziehen, hat sich da bewährt. Wie sagte Alexander Kluge? Souveränität bedeutet, die größtmögliche Kontrolle über die eigene Biographie zu gewinnen. Ein ungewolltes Kind zur Welt zu bringen bedeutet das Gegenteil. Prima.

Also passen die Katholiken jetzt auf. Das mit der sexuellen Selbstbestimmung, das kriegen sie wieder in den Griff. Zumindest, wenn es um Abtreibung und Homos geht. Ihr Chef in Rom mag sich da gelegentlich etwas vage ausdrücken, aber die Kollegen auf Landesebene haben verstanden, dass die EU und die nächsten Wahlen im März 2014 ihre Chance sind, die vermaledeite Emanzipation wieder loszuwerden.

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Ines Kappert
Gunda-Werner-Institut
leitet seit August 2015 das Gunda-Werner-Institut für Feminismus und Geschlechterdemokratie der Heinrich-Böll-Stiftung.   Mich interessiert, wer in unserer Gesellschaft ausgeschlossen und wer privilegiert wird - und mit welcher kollektiven Begründung.   Themenschwerpunkte: Feminismus, Männlichkeitsentwürfe, Syrien, Geflüchtete ,TV-Serien.   Promotion in Allgemeiner und Vergleichender Literaturwissenschaft zu: "Der Mann in der Krise - oder: Konservative Kapitalismuskritik im kulturellen Mainstream" (transcript 2008).   Seit 2010 Lehrauftrag an der Universität St. Gallen.
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33 Kommentare

 / 
  • S
    Sabine

    Frau Kappert: Eine Abtreibung ist in jedem fall problematisch, ob für Katholiken, Muslime oder Atheisten. Wissen Sie denn nicht, dass die Frauen, die ein Kind abgetrieben haben, im Nachhinein allesamt Probleme damit haben? Jede denkt darüber nach und ist nicht stolz auf das, was sie entschieden hat. da ist es doch gut, wenn Instanzen vor einem solchen Schritt warnen. Wenn es nun gerade katholische ChristInnen sind, die Ihnen vielleicht spießig vorkommen, ist das doch Ihr Problem. haben Sie denn auch einmal muslimische Menschen über ihre Meinung befragt? Oder haben Sie nur eine Gegenseite?

    Schwacher Artikel und völlig veraltet.

  • Liebe Frau Kappert,

     

    ihr Kommentar ist unsachlich, polemisch, intolerant und diskriminierend. Jeder hat ein Recht auf Leben! Als weißer Hetero bin ich also schuld dass Frauen schwanger werden und auch noch das Kind austragen müssen.

    Meine Frau und ich haben 3 wundervolle Söhne und denen wünsche ich eine tolerante Frau und viele Kinder. Sie sollten sich einmal folgendes Video anschauen, dort berichtet eine Frau die ihre Abtreibung überlebt hat: http://www.youtube.com/watch?v=qjKze6eeZfw

    Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Advents-und Weihnachtszeit und dass sie der menschgewordenen Liebe Gottes - Jesus - begegnen.

  • dann gibt es die Spirale hormonfrei, aber sehr hohe kosten die von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Kosten 450€. Ich kann es mir leisten, aber andere? Dann Kondom, schwer überprüfbar als Frau, vorallem bei einem One Night Stand, ok jetzt kann man sagen, soll Frau genau überprüfen. Aber das ist echt nich so einfach, man ist ewig unsicher macht sich n Kopf bis man endlich die Tage bekommt und durchleuft da einem psychischen Stress. Den hat Frau zu tragen nicht mann. Wenn man aber wenigstens weiß evtl im Falle des Falles wenn alles schief läuft kann ich noch abtreiben, dann gibt das einem Sicherheit. Außerdem ohne Frau auch kein Kind, wenn Frau nicht bereit ist das Kind zu bekommen, hat sie ja auch die Möglichkeit sich umzubrinegn. Dann ist Kind auch tot, die frage ist nur will man das einem Menschen antuen...? Man merkt bei solchen diskussionen immer, wie unsere Gesellschaft tickt. Männer werden bis heut mit einer krassen Arroganz, die sie mit der halten. Ach ja bist du schwangr, geburt, schmerzen, ungeborenes Kind, könnte ja auch n junge sein, ach hab dich mal nich so. Ich muss das ja nich durchmachen, aber ich lehn mich hier mal aus dem Fenster und behaupte mal auch wenn ich Körperlich null davon betroffen bin und all abendlich wrend ich weiß drüben hockt die jenige die das Kind im Bauch hat. Ich kann ja trotzdem mein bierchen zischen, wähernd ich vor dem Computer sitze und hier moralapostel spiel. Ist super einfach, da ja keine konsewuenz für mich.

  • naja, ich kann nur aus Sicht als Frau sagen. Ich bin bisher nicht Schwanger geworden, weil ich verhütet habe. ABER und das ist ein dickes Aber. OK als Frau habe ich di Möglichkeit die Pille zu nehmen und damit nicht schwanger zu werden. So aber die Pille hat krasse Nebenwirkungen, teilweise Nebenwirkungen die vielen Frauen gar nicht bewussst sind, da von Industrie gewollt nicht verbreitet, wegen geld usw. . Die Pille gaukelt der Frau vor sie sei schwanger, durch diesen Zustand ist das Hormon Progesteron viel mehr im Körper. Das wirkt sich direkt auf den Charakter aus, man möchte mehr zu Hause sein wird defensiver usw. halt um das ungeborene zu schützen.Östrogen hingegen macht Frauen offener, Abenteurlustiger usw. das heißt auch da draussen laufen eigtl ganz schön viele Zombie Frauen rum, die teilweise 10 Jahre am Stück schwanger sind. Bei einnahme ab 14, weiß die Person vllt. gar nicht wie sie wirklich ist, da kontinuierlich etwas vorgekaugelt wird. So jetzt bin ich nur mal auf eine Nebenwirkung eingegangen, wie bekannt gibt es ja noch viele mehr...

  • T
    thomsen

    Man kann ja unterschiedlicher Meinung sein. Aber der folgende übrigens leicht rassistische Satz im Kommentar:

     

    "Und wieder wäre der weiße männliche Hetero der Leidtragende gewesen."

     

    zeigt, dass hier nur die gängigen Phrasen einer leider weitverbreiteten sektiererischen Ideologie nachgebetet werden.

  • E
    egon

    erstaunlich, daß sich auf taz.de so viele trolle finden. sind die ganzen foren für stolze weiße männer schon geschlossen worden?

    guter artikel, und n bißchen zynismus sollten wir als weiße, europäische männer abkönnen.

    • H
      Hamsun
      @egon:

      Es geht ja nicht um Zynismus, sondern um Mord an wehrlosen Menschen, aber das wissen Sie sicherlich und wollen nur billig provozieren...

       

      Das Lustige ist ja, daß für Sie jeder mit einer abweichenden Meinung direkt ein Troll zu sein schenint. Sehr vielsagend...

  • W
    WhiteyWhiteman

    Die Aufklärung ist übrigens auch so eine Sache die mehrheitlich von weissen heterosexuellen Männern vorangetrieben wurde. Oder der Kommunismus, die Frakfurter Schule und so weiter und so weiter. Und wenn sich heute mal die sich progressiv dünkenden Kreise anguckt, ist das auch meistens 'ne schneeweisse Würstchenparty. Kanns nicht sein dass da doch ne kleine Prise Selbsthass in diesem Feindbild steckt?

  • L
    Lilli

    Sehr geehrte Frau Kappert,

     

    auch wenn es in Ihr Feindbild passt: Diese Anliegen sind nicht allein eine katholische Sache.

     

    In Frankreich demonstrierten jüngst Hunderttausende Franzosen jeder Couleur gegen Abtreibungen: Muslime, Juden, Christen, Atheisten, vor allem junge Leute liefen mit und taten kund, dass sie gemeinsam gegen diese Dinge sind.

     

    Der Kampf gegen Abtreibungen über den 3 Monat hinaus ist dich eine Sache vornehmlich älterer Frauen, die das garnicht mehr betrifft. Sie hatten ihre Chance keine Kinder zu bekommen, lassen Sie die Jugend doch selber Entscheidungen treffen.

  • G
    Gastname

    Warum musss eine Frau, die einen Missstand für Frauen anprangert völlig unreflektiert die meisten Männer zu Tätern machen?

     

    Mal ganz ehrlich, hätte Sie so über weiße heterosexuelle Frauen geschrieben wie Sie es hier über Männer taten, wäre das Ihr letzter Artikel in der taz gewesen. Widerlich!

    • C
      cosmopol
      @Gastname:

      Vielleicht liegt das einfach an dem Umstand das im Bezug auf sexualisierte Gewalt 70-99% der Täter Männer sind? Wie war das noch? Wenn (Cis-)Männer schwanger werden könnten, gäbe es wohl luxuriös designte Abtreibungssalons an jeder zweiten Straßenecke.

  • G
    gastkommentator

    Liebe Frau Kappert, eine Meinung sollte jeder haben, aber derartiger Zynismus ist wirklich unangebracht.

    Die Formulierung: "das Privileg der sexuellen Selbstbestimmung teilen müssen" wirkt im Kontext der Abtreibungen, bei denen ungeborene Menschen getötet werden, wie ein vorsätzliches Ausklammern der Menschenwürde.

     

    Vor dem Hintergrund der massenhaft verfügbaren Verhütungsmittel und dem Faktum, dass Sex in 99% der Fälle einvernehmlich stattfindet, wirkt ein Recht, die Konsequenzen des hedonistischen Genusses nicht tragen zu wollen, wie ein Recht auf Verantwortungslosigkeit.

     

    Dies betrifft nicht das fürchterliche 1%, in denen Menschen Opfer von (brutaler) Vergewaltigung werden. Hier muss es für Frauen straffreie Möglichkeiten zum Schwangerschaftsabbbruch geben. Aber um die Vergewaltigungen geht es ja auch nicht in dem Artikel, es geht um die ewig zementierte "Hetero-Herrschaft", die die katholische Kirche versucht aufrechtzuerhalten...

  • JB
    Jo Bi

    Entschuldigen Sie bitte, aber leider sind Ihre Ausführungen wirklich nicht nachvollziehbar. Ich verstehe, dass Sie sich über die Kirche aufregen. Aber so - nichts, was ich ernst nehmen kann, obwohl ich ansich Religionskritik in aller Regel teile...

  • Der Grund, daß das Mitbestimmungsrecht eines werdenden Vaters vollkommen ignoriert wird, ist jetzt welcher?

    • G
      gast
      @Horsti:

      dass nicht sein körper das kind austragen und gebären muss. dass nicht sein arbeitsleben durch schwangerschaft und mutterzeit unterbrochen und die karriere aufs spiel gesetzt wird. dass wahrscheinlich die frau die meiste erziehungsarbeit leisten würde. im umgekehrten fall, wenn der vater eine abtreibung fordert und die frau diese nicht möchte, müsste die frau mit den psychischen folgen der abtreibung leben. damit bleibt es immer, absolut immer, die entscheidung der frau.

      • @gast:

        Sie machen den üblichen Fehler und ignorieren gleich mehrere Dinge.

        Zum einen muß natürlich auch ein werdender Vater mit den psychischen Folgen leben. Mit welcher Berechtigung wird das übergangen?

        Zum anderen ist es natürlich keineswegs so, daß ein ungewollt werdender Vater aus der Nummer einfach so rauskommt. Er hat selbstverständlich Unterhalt zu zahlen, über Jahrzehnte. Dadurch wird seine Lebensqualität extrem beeinflußt. Erzählen Sie doch mal einem 50-jährigem Maurer, er möge noch 25 Jahre weiterarbeiten, weil er dummerweise kein Mitspracherecht hat.

        Und zuletzt ist es natürlich keineswegs so, daß ein werdender Vater gleich eine Abtreibung fordern muß. Eine "juristische Abtreibung" reicht aus, also die Möglichkeit seine Elternschaft ohne Verpflichtungen abzulehnen. Exakt dies machen ungewollt werdende Mütter ja auch.

      • G
        gast
        @gast:

        das beziehe ich auf das abtreibungsrecht bis einshcließlich 3. monats. das dürfte wohl genug bedenkzeit sein, dann sollte (auch entwicklungstechnisch) der schutz des lebens im vordergrund stehen

  • Kommentar entfernt. Bitte bemühen Sie sich um korrekte Rechtschreibung und ein lesbares Schriftbild.
  • D
    D.J.

    Um es klarzustellen: Ich bin eindeutig für straffreie legale Abtreibungen bis einschl. 3. Schwangerschaftsmonat (hat auch objektiven Sinn wegen Hirnentwicklung). Warum darüber hinausgehende Forderungen angesichts abermillionenfacher bewusster Mädchenabtreibung in Indien oder China oder abermillionenfacher Abtreibung gut lebensfähiger Behinderter (beides teils bis kurz vor der Geburt) ein linkes, Frauen schützendes Anliegen sein sollte, wird mir wohl immer ein Rätsel bleiben.

  • F
    Franziskus

    Polemischer Artikel. Ich bin hier als männlicher, weisser hetero angesprochen, dabei hab' ich damit gar nichts am Hut. Do not like.

  • SB
    sylvia borin

    ich verstehe nicht, wieso menschen das recht haben dürfen sollen, legal andere menschen zu töten. denn genau das wurde gefordert. dagegen würde ich mich auch wehren. dass embryonen und feten menschen sind, ist schließlich keine glaubenssache, sondern fakt. dass abtreibungen trotzdem unter gewissen rahmenbedingungen ermöglicht werden sollen, halte ich trotzdem für richtig. es findet eine abwägung statt zwischen den rechten des kindes und den wünschen der mutter - und in folge dieser abwägung kann es dazu kommen, dass das kind unterliegt. das aber als legal und normal hinstellen zu wollen, würde heißen, dass das kind eben keinerlei reche mehr hat. dass eine solche abwägung nicht mehr stattfinden muss. eine solche regelung fände ich fatal. frauen sollen die möglichkeit haben, aber nicht das recht. abtreibungen sollen möglich und unter bestimmten umständen straffrei sein, aber nicht legal. es geht hier schließlich um menschen. auf beiden seiten. und eine regelung wie derzeit in deutschland führt wohl kaum dazu, dass frauen ihren körper dem primat der mutterschaft unterwerfen - immerhin werden hier jährlich 14% der schwangerschaften abgebrochen.

    • JB
      Jo Bi
      @sylvia borin:

      14% der Schwangerschaften sollen in Deutschland abgebrochen werden? Da würde mich bitte erstmal Ihre Quelle interessieren (bitte keine krude, sondern so etwas wie das statistische Bundesamt...).

      Und das mit der Glaubenssache: Erstens ist das durchaus Glaubenssache, die Kirche hat in ihrer 2000jährigen Geschichte schon sieben(!) verschiedene Zeitpunkte der "Beseelung" vertreten, also sehr wechselnd.

      Und zum anderen gibt es stets eine sog. Güteabwägung: Zu was darf ich Menschen zwingen oder was ihnen verbieten? Darf ich z.B. Menschen zwingen, Kinder zur Welt zu bringen, die sie dann evtl. gar nicht angemessen behandeln können oder wollen oder was weiß ich? Warum darf ich mir anmaßen, das zu bestimmen? So als weißer, heterosexueller Mann? Fände ich genau so anmaßend.

  • B
    Blacky

    Gern bin ich bei aller Hetze gegen die kath. Kirche dabei, aber hier wird einiges durcheinandergeworfen, was bei näherer Betrachtung der Tatsachen irgendwie ironisch wirkt.

     

    z.B.

    "Denn er hätte das Privileg der sexuellen Selbstbestimmung teilen müssen, was bedeutet, für ihn bleibt weniger übrig."

     

    "sexuellen Selbstbestimmung" für Frauen:

    Pille

    Spirale

    Sterilisation

    Hormonimplantat

    "Pille danach"

    Abtreibung

    Anonyme Geburt

    Babyklappe

     

    "sexuellen Selbstbestimmung" für Männer:

    Kondom

    Vasektomie

     

    Eine Schieflage existiert in der Tat, aber nicht in der Richtung, die uns Frau Kappert glauben machen will.

     

    Die Seitenhiebe auf das neue Lieblingsfeindbild des "weißen heterosexuellen Mannes [tm]" gehen ebenso am Thema vorbei; auf Fotos von Anti-Abtreibungsdemonstrationen (zuletzt Spanien) sind erstaunlich viele Frauen zu sehen. Alle ferngesteuert?

  • G
    Gast

    Sie sind also für ein Gesetz, dass es einer Schwangeren im 8. Monat erlaubt, ihr Kind abzutreiben?

    Wenn ich Ihrem Link und dort den Kommentaren folge, ging es um die Straffreiheit aller illegalen Schwangerschaftsabbrüche.

  • O
    OliviaG

    Hier wird wieder mal eine männliche oder katholische Verschwörung vorgegaukelt. Ja, die Katholiken wollen keine Abtreibung, weil die Bibel unmissverständlich sagt, dass Gott jeden Tag kennt, bevor man geboren wird. Man ist da nicht einfach nur ein Zellklumpen:

     

    Psalm 139, 13 -16: Denn du (= Gott)hast meine Nieren bereitet und hast mich gebildet im Mutterleib. 14 Ich danke dir dafür, daß ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke, und das erkennt meine Seele wohl. 15 Es war dir mein Gebein nicht verhohlen, da ich im Verborgenen gemacht ward, da ich gebildet ward unten in der Erde. 16 Deine Augen sahen mich, da ich noch unbereitet war, und alle Tage waren auf dein Buch geschrieben, die noch werden sollten, als derselben keiner da war.

     

    Unabhängig davon gibt es aber sehr viele Menschen, die eine Abtreibung schlimm finden, und hierbei ist der Frauenanteil unter den Ablehnenden mindestens so hoch wie der Männeranteil. Die Ablehung der Abtreibung hat daher nicht zwingend religiöse Ursachen. Auch aus rein ethisch- moralischer Überlegung kenne ich zahlreiche Atheisten, die eine Abtreibung ablehnen. Und dieser Anteil wird zunehmend größer.

    • H
      Hans
      @OliviaG:

      Ich möchte Ihren Glauben gerne respektieren, doch wir leben in einem säkularen Staat und einer säkularen Europäischen Union. Bitte respektieren Sie auch, dass ein Staat sich nicht nur nach den Wünschen einer religiösen Gruppe richten kann, nur weil diese daran glaubt.

  • AM
    Albrecht Meister

    Vieles in der der katholischen Kirche sehe ich sehr kritisch, aber hier ist es für mich doch irgendwie sehr einseitig. In Deutschland ist in Sachen Abtreibung ein Kompromiss gefunden worden, der die Interessen des werdenden Lebens und das Interesse der Mutter an Selbstbestimmung versucht gegeneinander abzuwägen. Beide Seiten mussten damals Zugeständnisse machen. Auf europäischer Ebene gab es allerdings keine öffentliche Diskussion, in der alle Bewohner der EU ihre Standpunkte hätten einbringen können. Eine Lobbygruppe hat still, leis und heimlich versucht, einen Entwurf durchzubringen, der ihren Interessen dient, und eine andere Lobbygruppe steuert dagegen. Das ist passiert und nichts anderes. Aber das ist haargenau das Problem was Europa hat, dass es eben kein wirklich entscheidungsbefugtes Parlament gibt, keine öffentlichen Diskussionen. Ich verstehe auch nicht, warum Fragen der Sexualerziehung und Fragen der Abtreibung zwingend miteinander verbunden sein müssen, wie in der abgelehnten Richtlinie. Ich bin ehrlich gesagt froh, dass die katholische Kirche hier aktiv geworden ist, weil ich die geplante EU-Richtlinie in Sachen Abtreibung als zu einseitig empfinde. Irgendwann in der Entwicklung eines Embryos lässt es sich nicht mehr leugnen, dass bei einer Schwangerschaft im Bauch der Frau ein Mensch heranwächst undz umindest dahingehend lege ich mich fest, dass ich eine Abtreibung im 7. oder 8. Monat als Mord empfinden würde (auch wenn so eine Abtreibung im medizinischen Sinne im Einzelfall notwendig sein kann).

  • VG
    Volker Golm

    An einer zweiten Stelle verläuft die Diskussion meiner Meinung nach falsch: bei der Unterwerfung des "weiblichen Körpers unter das Primat der Mutterschaft". Es gibt Utopien, in denen auch Männer Kinder austragen oder die Kinder außerhalb des menschlichen Körpers in der Retorte heranwachsen. Das sind aber eben Utopien bzw. Dystopien. Die Realität sieht anders aus. Diese Realität können wir Menschen auch nicht ändern. Die entscheidende Punkt dabei ist doch, dass auch wir Männer gefälligst unseren Teil der Verantwortung übernehmen müssen. Wenn Männer Manns genug sind, Kinder zu zeugen, müssen sie auch Manns genug sein, Kinder zu wickeln, zu wiegen, durch die Gegend zu fahren und dabei ihre Freiheit als kinderloser Single gegen das Glück des Vaterseins einzutauschen.

    Liebe Frauen, liebe Männer: Vergesst beim berechtigten Kampf um Gleichberechtigung nicht die Rechte der (un)geborenen Kinder.

     

    Volker Golm

  • VG
    Volker Golm

    Ja, ich weiß: Kommentare werden immer etwas zugespitzt verfasst. Ja, ich weiß: Viele Jahrhunderte haben Männer Frauen unterdrückt, sie als Menschen zweiter Klasse behandelt, ihre körperliche Überlegenheit für die Durchsetzung ihrer Interessen missbraucht. Ja, ich weiß, dass Frauen auch heute noch diskriminiert werden. Der Feminismus als Kampf gegen diese Ungerechtigkeit und für die Freiheit der Frau hatte und hat absolut seine Berechtigung.

    Wie bei allen anderen Freiheitsrechten ist es aber auch hier: Die Freiheit des einen endet dort, wo die Freiheit von anderen zu sehr eingeschränkt wird. Warum wird im Kommentar das Recht auf "sichere und legale Abtreibung" gefordert, das Recht des noch Ungeborenen auf Leben aber nicht erwähnt. Diesen Konflikt sehen nicht nur Katholiken, sondern auch unsere Verfassungsrechtler. Ab wann ist ein Fötus mehr als ein Zellhaufen? Ab wann ist er ein kleiner Mensch, der nur noch nicht geboren ist? Ab welcher Schwangerschaftswoche hat das ungeborene Leben schon eine Würde und darf nicht mehr wie ein Gegenstand entfernt werden?

    Wer kein Kind haben möchte, soll verhüten. Wenn Paare ganz sicher gehen wollen, sollen sie neben der Pille auch ein Kondom benutzen. Ein generelles Recht auf Abtreibung darf es nicht geben. Vergewaltigungen sind schreckliche Ausnahmefälle (die trotzdem viel zu häufig auftreten). Sollten Frauen von ihrem Vergewaltiger schwanger werden, dürfen sie sich - in meinen Augen - auch für eine Abtreibung entscheiden. Schwangerschaften aufgrund eines solch grausamen Erlebnisses aber mit denen auf eine Stufe zu stellen, die auf gewollten, genossenen Sex folgen, verharmlosen ersteres oder skandalisieren letzteres.

     

    Volker Golm

    • H
      Hans
      @Volker Golm:

      Naja, wenn es halt nicht legal ist, macht man es wie früher, die Frau geht zur Engelmacherin und betet zehn Ave Maria.

       

      Illegalität bekämpft nicht das Problem. Bildung hingegen schon eher.

       

      Doch sollte man einer Frau das Recht an ihrem Körper doch bitte zugestehen. Und es ist aus Sicht der Medizin/Naturwisschenschaft sehr leicht zu sagen, ab wann es sich nicht mehr um einen Zellhaufen, sondern um einen Menschen handelt: Hirn, Herz, ZNS.

  • H
    Hans

    "ungewollte Schwangerschaft"

    Das es sowas heute immer noch gibt, ich bin doch sehr verwundert.

  • G
    Gast123

    "Und wieder wäre der weiße männliche Hetero der Leidtragende gewesen. Denn er hätte das Privileg der sexuellen Selbstbestimmung teilen müssen, was bedeutet, für ihn bleibt weniger übrig."

     

    Also das finde ich als weißer männlicher Hetero jetzt tatsächlich auch mal ein wenig diskriminierend.

  • D
    D.J.

    Was sollte der alberne "Rassen"bezug in dem Beitrag? Halten Sie z.B. die afrikanische oder indische katholische Kirche für "progressiver"? Frau Kappert, Sie werden doch nicht auf J. Augstein-Niveau sinken?