piwik no script img

Kommentar Dresdner Nazi-BlockadeRechtsstaat auf Bewährung

Martin Kaul
Kommentar von Martin Kaul

Weder Neonazis noch Gegendemonstranten waren in Dresden 2011 die größte Gefahr für die Grundrechte - sondern die Behörden. Nun müssen die Bürger diese selbst verteidigen.

S elten war das Urteil so deutlich und die Strafe so gering: Nicht die Neonazis, auch nicht die Gegendemonstranten, so sagt es das Grundrechtekomitee, sondern die sächsischen Behörden waren rund um die Dresdner Nazidemonstrationen im Februar 2011 die größte Gefahr für die Gültigkeit von Grundrechten in Sachsen.

Das Tragische daran ist, dass dieser zutreffenden Analyse juristisch nichts folgt. Denn es sind ja gerade die Staatsanwälte und Gerichte, die in Dresden die Beschneidung von Grundrechten an vorderster Front vorangetrieben haben. Bei den nun anstehenden Demonstrationen am 13. Februar geht es daher längst nicht mehr nur um Neonazis. In Dresden sind die Bürger gefragt, ihre eigenen Grundrechte zu verteidigen.

Der Schaden, den die sächsische Landesregierung, Gerichte, Polizei und Staatsanwaltschaft ihrem Bundesland bislang zugefügt haben, ist enorm. Eine demonstrationsfreie Zone wollten die Staatsvertreter 2011 ausrufen; mit verwegenen Rechtskonstrukten und breit angelegten Überwachungsmaßnahmen haben sie Demonstranten belangt. Das wirkte nicht nur einschüchternd, sondern auch abschreckend.

Bild: taz

ist taz-Redakteur für soziale Bewegungen.

Heute ist festzustellen, dass die Behörden an einigen Stellen gelernt haben. Auf ihre Eskalationsstrategie, die halbe Stadt effektiv nur für Neonazis zu reservieren, wollen sie künftig verzichten. Auch rufen inzwischen viele CDU-Politiker zu friedlichen Protesten auf - ein Fortschritt. Doch kurz vor den kommenden Demonstrationen wird auch das Säbelrasseln wieder lauter: Die Polizei hat angekündigt, hart gegen Blockierer vorgehen zu wollen. Und der Justizminister will nicht ausschließen, dass es erneut zur Überwachung von Handys kommt.

Das zeigt deutlich: Den Angeklagten auf der sächsischen Regierungsbank fehlt die Sensibilität und das Reuegefühl, die Rückfallgefahr ist groß. Am 13. Februar steht der sächsische Rechtsstaat unter Bewährung. Er sollte gut überwacht werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Martin Kaul
Reporter
Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • E
    edstrolch

    Wie und mit welchem Personal soll dieser sogenannte Rechtstaat sich bewähren ? ? ?

     

    Der christliche Bundesminister will uns Glauben machen,Linke Gewalt soll 2011 gestiegen sein.

     

    Das glaubt ihm doch keine Sau mehr.Er schönt sich die Statistiken nach seinem Gusto.

    Bestimmt sind alle abgefackelten Autos mit eingepackt,weil das ja nur Linke gemacht haben.

    Der einzig ermittelte Anzünder hatte mit der Linken gar nichts zu zun,er war frustriert u.a. von diesem Innenminister.

     

    Ist dies eine Erklärung für das Handeln der Sozialismus HasserInnen ?!

     

    Paranoia :Wahnbildung,Misstrauen,Verschwörung,übertriebene Selbstbezogenheit,Halluzinationen,Fanatismus usw.

     

    In diesem Sinne bis zu den nächsten Wahlen mit dem gleichen Ergebnis.

     

    edstrolch

  • V
    vic

    Lieber Lucki,

    jede Bombe auf Deutschland hast du deinem Idol zu verdanken.

    Viel Spaß beim Grundrechte wahrnehmen, und keine Sorge. Die Behörden werden dich und deine Kameraden weiterhin beschützen.

  • L
    Lucki

    Das Demonstrationsrecht ist eines der wenigen Grundrechte die die Bürger wahrnehmen können. In Dresden findet anlässlich des jährlichen Gedenkens an die mörderischen Bombennächte auf die Zivilbevölkerung Gedenkveranstaltungen statt. Sowohl die Stadtvertreter als auch andere Bürger gedenken auf ihre Weise dieses furchtbaren Verbrechens. Soweit so gut. Leider wird seitens einer militanten Gruppe immer wieder gewalttätig versucht den anderen ihre Grundrechte zu nehmen. Das versucht die Polizei zu unterbinden. Mit mäßigem Erfolg, da sie auf Gewalt nicht mit den entsprechenden Gegenmitteln antwortet.

    Auch diesmal will sich wieder ein Bündnis zusammenrotten um friedliche Demonstrationen zu verhindern. Wir werden sehen ob dieses Bündnis es schaffen wird, die Demokratie auszuhebeln

  • P
    Pseudodemokratie

    Banken, Wirtschaft und andere Oligarchen, bauen den Rechtsstaat ab! Die müssten eigentlich vom Verfassungsschutz observiert werden. Nämlich das sind die eigentlichen Demokratie- Zerstörer und nicht die Linken.

  • V
    vantast

    Wir sollten den Behörden und ihren Juristen unbedingt vertrauen, denn sie hatten auch damals zur Nazizeit ihre vorbildliche Arbeit gemacht, kein einziger Jurist ist später wegen Rechtsbruch verurteilt worden. Selbst Dr. Filbinger nicht, der einen Soldaten wegen des Diebstahls einer Scheibe Brot zum Tode verurteilte.