Kolumne Wichtig: Re:Re: Homolobby für Weltherrschaft
Das Penis-Thema ist trotz Ostern noch nicht gelutscht. Die Frage ist nur, ob er Horst, Ernst oder doch eher der Thomas unter der Körperteilen ist.
H at hier jemand „Penis“ gesagt? Traps, traps, begebe ich mich in diese Kolumne, danke fürs Trockenwischen, Frau Akrap, aber das Thema ist, verzeihen Sie, noch lange nicht gelutscht! Man könnte meinen, wir hätten uns über Ostern sattgehört an schlechten Klötenwitzen. Eier hier, Eier da, meine Güte. Ich könnte das Pillersujet einfach abschließen – zack! – Rednerliste zu, aber dazu ist das Thema zu heikel.
Kaum möglich, ihn mit einem Synonym aus dem Tierreich zu verorten, ohne den Penis zu beleidigen. Am ehesten funktioniert der Lindwurm, der ist dem Namen nach so zahm und dabei doch eigentlich als Drache gedacht. Das passt.
Aber wo wir schon bei Ernst und Horst waren, würde ich behaupten, der Penis ist der Thomas unter den Körperteilen. Auf seine Art sehr schlicht und doch so vielfältig. Mal die erfreulichste Sache des Tages, mal maximal fehl am Platz. Da kann ein großer Könner bei rauskommen, ein Thomas Hobbes, ein Dylan Thomas oder ein Thomas Bernhard. Oder halt so jemand wie Thomas Gottschalk.
Apropos Namen. Mein Freund M. unterscheidet zwischen zwei Genres von Penissen, nämlich zwischen Pilz- und Bleistiftpenissen, je nach Form der Eichel. Das klingt leider so eklig, dass ich mich, wenn es nach dem Namen ginge, davon im Leben nicht penetrieren lassen würde, in keiner Körperöffnung, nicht mal in der Kniekehle. Ach, aber es ist schlimm, sich über den Penis lustig zu machen. Wie viel Häme er ertragen muss, wie viele hässliche Gebäude nach seinem Vorbild errichtet werden.
So viel Präsenz, so viel Macht
Wird mal ein vulvaförmiges Stadion entworfen, dann ist die Aufregung groß, aber Phallusse werden hordenweise in die Welt gepflanzt, und dann stehen sie da und müssen sich behaupten in den Skylines, die sie sich nie ausgesucht haben. So viel Präsenz, so viel Macht, und doch sind es so empfindliche Organe.
Man könnte fast sagen, der Penis versteht sich selbst so wie der Herr, der im aktuellen Zeit Magazin eine Annonce schaltete: „Sensitiver Herrscher“ nennt er sich. Sinnlich, entschlossen. Und natürlich, wichtig: attraktiv. Und über 1,80 groß.
Gedöns ist Umwelt, ist, was wir essen, wie wir reden, uns kleiden. Wie wir wohnen, lernen, lieben, arbeiten. Kinder sind Gedöns, Homos, Ausländer, Alte. Tiere sowieso. Alles also jenseits der „harten Themen“. Die taz macht drei Wochen Gedöns, jeden Tag vier Seiten. Am Kiosk, eKiosk oder direkt im Probe-Abo. Und der Höhepunkt folgt dann am 25. April: der große Gedöns-Kongress in Berlin, das taz.lab 2015.
Apropos Herrscher. Gerade erst war zu lesen, Nordkoreas oberstes Osterei, Kim Jong Un, wolle sich, wie schon sein Vater mit „Vergnügungstrupps“ junger schöner Frauen umgeben. Im ganzen Land wird nun nach „gefügigen jungfräulichen Frauen“ gesucht. Schöne Scheiße, wenn man seine Freunde nicht qua Geilheit gewinnt, sondern qua Amt. Das fand schon Kropotkin albern.
Der schrieb: „Man hat sich bemüht, den Individualismus als eine Tendenz zu präsentieren, reich wie ein König zu werden, sich wie ein König mit Sklaven zu umgeben, sich wie ein König von Frauen (was für welche? Wollt ihr solche?) liebkosen zu lassen, wie ein König Nachtigallen-Zungen (kalt und immer mit der gleichen Sauce) aus Geschirr von Gold und Silber zu essen. Was gibt es auf der Welt Bürgerlicheres als einen König? Und schlimmer noch: Er ist mehr Sklave als König.“ Nachtigallen-Zungen stelle ich mir in jeder Soße eklig vor. Schon probiert?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Migration auf dem Ärmelkanal
Effizienz mit Todesfolge