piwik no script img

Kolumne PressschlagViele, viele bunte Jerseys

Kolorationstechnisch ist in der Bundesliga einiges zu beobachten. Vereine in roten Trikots werden auffällig häufig Meister.

Entzieht sich jeder Analyse: Peter Közle 1997 im Regenbogen-Trikot des VfL Bochum Foto: imago/Team2

Vom Ballbesitz bis hin zu Chancen und Fehlpässen wird im Prinzip alles statistisch erfasst, was auch nur leidlich dazu führen könnte, Spielergebnisse zu erklären. Ein Aspekt spielt jedoch in diesen Expertenanalysen keine Rolle: Welchen Einfluss hat die Trikotfarbe darauf, Deutscher Meister zu werden? Dieser Mangel verwirrt, denn in der Bundesliga ist kolorationstechnisch einiges zu beobachten.

Sehr viele bunte Jerseys treten zu Beginn einer jeden Saison mit großen Hoffnungen an. Und die in den roten Trikots werden immer, immer oder zumindest sehr, sehr oft Meister. Anders gefragt: Was weiß Bayern München, was die anderen Vereine nicht wissen? Aus den Trikots des ersten Bundesligameisters lässt sich bedauerlicherweise noch keine farbliche Gesetzmäßigkeit ableiten, denn 1963/64 spielte der 1. FC Köln in unschuldsfarbenen Trikots und war entsprechend als „Weißes Ballett“ bekannt.

Konzentrieren wir uns zunächst auf die Trikotfarben ab der Saison 1991/92, wobei der erste gesamtdeutsche Meister, der VfB Stuttgart, in den bekannten weiß-roten Heimtrikots spielte. Danach ging es bunt weiter, denn im Folgejahr gewannen die grünen Bremer. Danach wurde es farblich eher trist: Bayern (rot mit ein bisschen weiß) wurde zehnmal Meister, Dortmund (schwarz-gelb) sechsmal, Bremen (grün) zweimal sowie Kaiserslautern (rot, was sonst?) und Wolfsburg (grün) jeweils einmal.

Und was fällt auf? Richtig: Seit 1992 hat es also kein Team, das in blauen Heimtrikots spielt, geschafft, Meister zu werden. In grün gewandete Mannschaften werden alle paar Jahre mal finaler Tabellenerster, aber nur, wenn in ihren Vereinsnamen ein W vorkommt. Manchmal kann auch Borussia Dortmund jubeln. Aber am Ende ist die Farbe, die für Leidenschaft und Aggressivität steht, the colour of Erfolg.

Keine Regel ohne Ausnahme

Mooooooment, und was ist mit dem HSV, der neben Schalke traditionsblauesten Mannschaft des Landes? Der wurde zwar 1982, 1983 (und 1979) in der Tat Meister, spielte aber jeweils in weißen Heimtrikots und roten Hosen und erzielte den größten Erfolg der Vereinsgeschichte, den Gewinn des Europapokals der Landesmeister ’83, in roten Jerseys. Gut, die Auswärtstrikots waren blau, aber um die geht es hier nicht.

Aber immerhin, es gab sie, die blauen Meister: 1965/66 schaffte der TSV 1860 den Titelgewinn in äußerst bleuen Jerseys, und 1967 trug Meister Eintracht Braunschweig immerhin blaue Hosen.

Und so ließen die von den Fans so ungeliebten relativ blaulastigen Trikots der Bayern der letzten Saison im Grunde nur einen Schluss zu: Der Serienmeister hat mit Blick aufs katalanische Vorbild heldenhafte Farbexperimente unternommen, um einerseits ein für allemal zu klären, wie hoch der Anteil der Loserfarbe auf den Jerseys maximal sein darf, um nicht erfolgsverhindernd zu wirken, und wird daraus natürlich auch in den nächsten Jahren frühzeitig wichtige Rückschlüsse auf die Siegeschancen künftiger Konkurrenten ziehen können.

Auf einmal ist alles klar!

Vor diesem Farbhintergrund waren die meisten Spielergebnisse vom Samstag nur folgerichtig: Das Duell Rot gegen Weiß, also Bayern gegen Ingolstadt, endete mit 2:0. Dass die blau-weißen Darmstädter gegen Hertha (in den roten Auswärtstrikots!) verlieren würden, war ebenfalls klar. Und der weiß-rote Anteil auf den Hoffenheim-Trikots reichte aus, um gegen die schwarzen Auswärtsjerseys der Hannoveraner zu gewinnen.

Kolorationstechnisch hätte Wolfsburg versus HSV demnach eigentlich eine klare Angelegenheit werden müssen, aber es gibt halt keine Regel ohne Ausnahme. Wobei die Hamburger (in sehr gewagter dunkel- und himmelblauer Auswärtskombination) von weiteren bleuen Experimenten absehen sollten: Tasmania Berlin, der Verein mit der bis heute ungeschlagen miesesten Bundesligabilanz, lief stets in hellblau-weißer Kombination auf.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!