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Koalitionsvertrag gebrochenRegierung kürzt Entwicklungshilfe

Eigentlich hatte die schwarz-gelbe Koalition einen Anstieg des Entwicklungsetats geplant. Doch nun gibt es eine Kürzung und die ist auch bei Union und FDP umstritten.

Kanzlerin Merkel erklärt jungen Südafrikanern im Township Khayelitsha die Welt. Bild: dpa

BERLIN taz | Der öffentliche Druck und die interne Kritik der vergangenen Tage sind wirkungslos geblieben: Die Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP hat am Mittwochabend im Bundestag durchgesetzt, dass der Etat des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit erstmals seit vielen Jahren real sinkt. Damit ist die ohnehin schon unwahrscheinliche Zusage Deutschlands, bis 2015 einen Anteil von 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungshilfe bereitzustellen, endgültig nicht mehr erreichbar. Zu diesem Ziel hatten sich Union und FDP im Koalitionsvertrag ausdrücklich bekannt.

Nach einer teils emotionalen, teils polemischen Debatte stimmten in namentlicher Abstimmung am Ende 251 Abgeordnete für den Antrag der Grünen, die Kürzung um 86 Millionen Euro zurückzunehmen und zum ursprünglichen Ansatz der Regierung zurückzukehren. 305 stimmten dagegen, fünf Unions-Abgeordnete enthielten sich.

Die Regierung hatte zunächst, wie in den Vorjahren, einen geringen Anstieg der Ausgaben für Entwicklungshilfe geplant. In der sogenannten Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses war diese aber überraschend ins Gegenteil verkehrt worden, hauptsächlich auf Initiative des FDP-Haushaltspolitikers Jürgen Koppelin, der als Gegner von Entwicklungshilfe-Minister Dirk Niebel (ebenfalls FDP) gilt.

Begründet wurde die Entscheidung damit, dass der Europäische Entwicklungsfonds der EU für 2013 rund 140 Millionen Euro weniger aus Deutschland beantragt habe. Von dieser Summe wurden 20 Millionen Euro für andere Projekte verplant, der Rest eingespart. Zusammen mit den zuvor geplanten Steigerungen ergab sich dadurch netto ein Rückgang des Entwicklungshilfe-Etats von 87 Millionen Euro auf knapp 6,3 Milliarden Euro.

Niebel spricht von herbem Rückschlag

Auch innerhalb der Regierungsparteien hatte dies teils für scharfe Kritik gesorgt. Niebel selbst hatte von einem „herben Rückschlag“ gesprochen. In der Debatte am Mittwoch meldete er sich hingegen nicht zu Wort, sondern überließ es den Fachpolitikern aus den Fraktionen, die Kürzungen zu rechtfertigen. FDP-Mann Koppelin verteidigte die Kürzung damit, dass Deutschland der zweitgrößte internationale Geldgeber nach den USA bleibe.

Zudem hätten auch die Grünen der Streichung der nicht benötigten EU-Gelder zugestimmt, sagte Koppelin – allerdings ohne zu erwähnen, dass diese dafür andere Posten um so stärker erhöhen wollten. Volkmar Klein (CDU) argumentierte, dass ein Teil der Mittel lediglich in den Etat des Auswärtigen Amtes verschoben würde; darum sei es „keine Kürzung, sondern eine Stagnation“.

FDP-Entwicklungshilfe-Expertin Helga Daub, die noch im letzten Jahr einen entwicklungspolitischen Aufruf unterschrieben hatte, in dem ein Anstiege des Etats im Milliardenbereich gefordert wird, tröstete sich in der Debatte damit, dass es auch in anderen Bereichen Kürzungen gibt. Auch Haushaltskonsolidierung sei ein „lohnendes Ziel“, sagte Daub – und verstieg sich am Ende zu der Aussage, wenn Deutschland nicht aufpasse, „dann sind es vielleicht bald wir, die der Entwicklungszusammenarbeit mit anderen Ländern bedürfen“.

Der Fraktionszwang setzt sich durch

Wie zuvor schon diverse Entwicklungsverbände, die sich mit Briefen an die Abgeordneten gewandt und an die große Bedeutung der internationalen Versprechen erinnnert hatten, appellierte auch die Opposition an die Koalition, die Kürzung zurückzunehmen. „Es wäre ein fatales Signal, wenn Deutschland nicht zu seinen internationalen Verpflichtungen steht“, sagte Bärbel Kofler (SPD).

Dietmar Bartsch (Linke) warf Minister Niebel vor, er könne sich in der Koalition „nicht durchsetzen“. Und für die Grünen drängte Thilo Hoppe die Fachkollegen, nach ihrer Überzeugung statt nach Koalitionszwang zu stimmen und zum ursprünglichen Regierungsentwurf zurückzukehren „Wenn wir das durchgehen lassen, geht es zum ersten Mal seit Langem in die falsche Richtung“, warnte er.

Doch der Fraktionszwang war am Ende stärker: Lediglich fünf Abgeordnete der Union enthielten sich bei der Entscheidung, darunter der stellevertretende Fraktionsvorsitzende Christian Ruck und die Entwicklungspolitikerin Dagmar Wöhrl (CSU), die den Plan schon im Vorfeld als „entwicklungspolitischen Irrsinn“ bezeichnet hatte. Alle anderen trugen den Bruch des eigenen Versprechens widerspruchslos mit.

Minister Niebel räumte in einer persönlichen Erklärung zur Abstimmung ein, dass Deutschland „dem selbst gesteckten Anspruch so nicht mehr gerecht werden kann“. Dass er trotzdem für die Absenkung seines eigenen Etas stimmte, begründete damit, dass er sich nicht an „taktischen Spielchen der Opposition“ beteiligen wolle.

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4 Kommentare

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  • VS
    Volker Seitz

    Die 0,7 % der Wirtschaftsleistung gilt als magische Zahl für erfolgreiche Hilfe. Aber Zweifel an der Wirkung der Entwicklungshilfe sind immer noch nicht politisch korrekt. Kostenargumente gelten als unanständig und für die Akzeptanz der Politiker aller Parteien als unbrauchbar. Frühere Aussagen über die Ziele der Hilfe werden selten mit der heutigen Realität abgeglichen. Es gibt aber nur sehr wenige Länder in Afrika, die irgendein Modell Fahrplan oder Qalitätsmanagement haben, um der Bevölkerung einen bescheidenen Wohlstand zu verschaffen. Die meisten Länder sind von Korruption durchwuchert. Es gibt selten eine vergleichsweise effektive, transparente, integre Bürokratie. Die Regierungen finden aber die richtigen Worte und nutzen den Sprachschatz der Entwicklungshilfegeber. Sie machen für ihre Schwierigkeiten in erster Linie die Weltwirtschaft verantwortlich, obwohl Afrika an der Weltwirtschaft nicht teilnimmt. Die Politik sucht Sündenböcke und Entschuldigungen um ihren Unwillen, die wahren Ursachen zu bekämpfen, zu verdecken.Die Realität zu verändern, ist nur bei den üblichen Verdächtigen wie Mauritius, Ghana, Botswana, Ruanda das Ziel.Ich empfehle den gerade angelaufenen Film "Süsses Gift -Entwicklungshilfe als Geschäft" anzuschauen.Die Armen in Afrika profitieren kaum von Hilfe. In den letzten Jahrzehnten hat sich nichts geändert.

    Volker Seitz, Autor "Afrika wird armregiert"

  • A
    amikayaya

    als mensch der haupberuflich in der sogenannten entwicklungshilfe und Nothilfe auf dem afrikanischen kontinent arbeitet, hab ich eigentlich nichts gegen eine kürzung der entwicklungshilfegelder. dies ist eine branche in der qualitätsmangement absolut fremd ist. es werden ja nicht die besten organisationen unterstützt, sonder es gilt das giesskannenprinzip. jedem ein bischen. nachhaltigkeit oder effektive hilfe hab ich bis jetzt kaum gesehen. wieviel sogenannte partner vor ort werden gefördert, die letzendlich kaum etwas bewirken. die korruption, in dieser branche, verdeckt oder offen, kommt bei lokalen als auch bei den sogenannten experten häufiger vor als wir denken.

    das korrupte staaten und ihre unfähigen regierungen die entwicklungshilfegelder und organisationen mißbrauchen um ihre desaströse sozialpolitik zu kompensieren ist auch hinlänglich bekannt. ich denke, mit etwas weniger geld und dafür mehr auf echte qualität und leistung setzend, kämen wir prächtig über die runden.

    nicht zu vergessen mit einer neugestaltung der EU agrarsubventionen und ihren tödlichen auswirkungen auf afrikanische kleinbauern würden wir nicht nur geld sparen, sondern extrem effektiv helfen.

    leider denken wir immer noch zu sehr, je mehr geld wir uns rühmen können "gespendet zu haben", je mehr hilft dies den armen negerleins. so erscheint mir das echauffieren der diversen politiker doch sehr geheuchelt. und aus dem blickwinkel der leidtragende Menschen in afrika absolut zynisch. nicht nur james shikwati, ein intelligenter ökonom aus kenia und andere empfehlen, die blödsinnige ez einzustellen.

    auf zu neuen ufern

  • A
    Asylum

    Da die Flüchtlinge jetzt in großen Schaaren zu uns gekommen sind, wird das Geld hier für Asylheime, Essen, Kleidung, Medizin ausgegeben.

     

    Das ist KEINE Kürzung, sondern lediglich eine regionale Verschiebung des Geldes.

  • A
    aurorua

    Etwas weniger für durch und durch korrupte Regierungsverbrecher in diesen Ländern, bei den wirklich Bedürftigen kommt doch eh kaum etwas an.

    Diese Schweine vertreiben ihr eigenes Volk aus fruchtbaren Regionen um dann die Böden zu verpachten, oder zu verkaufen, damit Amis, Europäer, Chinesen und Russen dort, unter Einsatz von massenhaft zum Teil hier verbotener Chemie und exorbitantem Wasserverbrauch, Rosen züchten können. Womöglich fließt die sogenannte Entwicklungshilfe auch noch in solch verbrecherische Projekte.