Koalitionsparteitag der SPD: Proteste vor der Tür
Vor dem SPD-Parteitag zur Billigung des Koalitionsvertrags demonstrieren Gewerkschafter gegen eine Ausschreibung der S-Bahn. Eine Ablehnung erwartet niemand.
Dass Rot-Schwarz für die SPD kein Spaziergang wird, wird schnell klar. Rund 100 Demonstranten haben sich vor dem Leonardo Royal Hotel versammelt, in dem die 227 Delegierten am Abend über den in den vergangenen Wochen ausgehandelten Koalitionsvertrag abstimmen. Dass sie das 98 Seiten starke Papier ablehnen werden, erwarten auch die Protestierer nicht. "Wieder ein Delegierter, der uns verkaufen wird!", rufen sie jedem entgegen, der das Hotel betritt.
Es sind vor allem S-Bahner der Gewerkschaft EVG, die von der SPD enttäuscht sind. In vielen Punkten haben sich die Sozialdemokraten gegen die CDU durchgesetzt - die aber konnte mit der Ankündigung punkten, Teile der S-Bahn-Strecken auszuschreiben, falls die Deutsche Bahn ihre Tochter nicht an Berlin verkauft. Die S-Bahn, so ein Flugblatt der Gewerkschafter, solle "für den Machterhalt der Berliner SPD" geopfert werden".
Zu Beginn des Parteitags erinnert SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller noch einmal an den Wahlkampf. "Wir haben gekämpft für eine Koalition jenseits der CDU." Dass die SPD nun fünf Jahre mit dem Wahlkampfgegner koaliert, liege auch an den Grünen. Irgendwann habe man zur Kenntnis nehmen müssen, "dass es nicht geht". Müller: "Wir sind nicht für ein Koalitionsabenteuer gewählt worden."
Dennoch hat die Basis Redebedarf. Zwei Stunden Aussprache hat die Parteitagsregie vorgesehen. Dass es am Ende ein klares Bekenntnis für Rot-Schwarz gibt, daran gibt es keinen Zweifel.
Optimismus wird bei der SPD derzeit eben großgeschrieben: Zu Beginn begrüßt SPD-Landesgeschäftsführer Rolf Wiegand auch einen Vertreter der spanischen Sozialisten - und wünscht ihnen viel Erfolg bei den Wahlen. Dass diese am Sonntag mit einem Debakel für die Schwesterpartei endeten, muss an der SPD vor lauter Freude über die neue Koalition irgendwie vorbeigegangen sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau