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Klimawandel auf dem G20-GipfelFür Australien wird es heiß

Seit Monaten versucht der australische Premier das Thema Klimawandel von der G20-Agenda zu streichen. Doch zum Gipfel spielt das Wetter nicht mit.

Vogel-Strauß-Verhalten: Protest gegen die Klimapolitik Australiens Bild: reuters

CANBERRA taz | In Brisbane zieht sogar Christine Lagarde die Jacke aus. Die IWF-Chefin spürte gleich bei ihrer Ankunft am Flughafen die ungewöhnlichen 35 Grad in der Metropole des australischen Bundesstaates Queensland. An diesem Wochenende, wenn die Regierungschefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer in der Stadt sind, soll es noch heißer werden.

Das meteorologische Institut prognostiziert eine Hitzewelle mit Temperaturen bis zu 39 Grad. Das sind mehr als zehn Grad über den Durschnittstemperaturen für den australischen Frühlingsmonat November.

Experten sagen, die Hitzewelle sei eines von vielen Symptomen des Klimawandels, von dem der rote Kontinent ganz besonders betroffen sei. „Hitzewellen sind in den letzten Jahren heißer, länger und häufiger geworden“, sagte Amanda McKenzie, Chefin des Forschungsinstituts Climate Council der taz. Der Klima-Ökonom Ross Garnaut meint, Australien sei einer „der größten Verlierer von ungehindertem Klimawandel“.

Für den Gastgeber des G20-Gipfels könnte der Hitzeschub zu keiner schlechteren Zeit kommen. Seit Monaten versucht Premierminister Tony Abbott, das Thema Klimawandel von der Agenda des Treffens zu verbannen. Im Vordergund der Debatten stünden die Förderung des globalen wirtschaftlichen Wachstums und der Verhinderung von Steuerflucht. Klimawandel sei nicht relevant.

Der erklärte Klimaskeptiker, der Klimawissenschaften einst als „Scheiße“ bezeichnet hatte und jüngst meinte, der Klimakiller Kohle sei „gut für die Menschheit“, sieht sich zunehmendem Widerstand mächtiger G20-Mitglieder gegenüber. So will US-Präsident Barack Obama das Thema in Brisbane debattieren. Auch die Delegation aus Deutschland, angeführt von Bundeskanzlerin Angela Merkel, wird sich nicht den Mund verbieten lassen.

Kampf gegen die Klimaforschung

Australien ist nicht nur der größte Kohleexporteur der Welt, pro Kopf der Bevölkerung ist das Land einer der übelsten Klimasünder auf dem Globus. Der Kontinent generiert über 70 Prozent des Stroms mit dem Verbrennen von besonders mit Schadstoffen beladener Kohle. Aber Australien ist nur bereit, seine Emissionen bis 2020 im Vergleich zum Jahr 2000 um fünf Prozent zu reduzieren.

Seit ihrem Amtsantritt vor einem Jahr führt die Abbott-Regierung eine Vendetta gegen alles, was mit dem Kampf gegen Klimawandel in Zusammenhang steht: Wissenschaftler werden entlassen, Ressorts eingedampft, die Finanzierung relevanter Projekte wird gestrichen. Vor kurzem schaffte Australien als erstes Land der Welt eine erfolgreiche Klimasteuer wieder ab. Mehrere Mitglieder der Abbott-Regierung bezeichnen sich als Klimaskeptiker.

Jetzt stehen erneuerbare Energieformen auf der Abschussliste. Das Ziel, bis 2020 20 Prozent des Stroms aus Quellen wie Wind und Sonne zu gewinnen, soll zurückgeschraubt werden. Umweltverbände und Ökonomen befürchten, dass das daran liegt, dass die sprunghaft gestiegene Beliebtheit sauberer Energien in der Öffentlichkeit die Dominanz des Kohlestroms gefährdet.

„Grüne Armee“ statt Klimaziele

Die anhaltende Unsicherheit über die Zukunft der Erneuerbaren hat das Land schon hunderte Arbeitsplätze und Milliarden Dollar gekostet. Investitionen in den Sektor sind im vergangenen Jahr um 70 Prozent gefallen. Wie ein Sprecher der auf Solarstrom spezialisierten, 2013 von der amerikanischen Beteilungsgesellschaft Kawa Capital Management übernommenen Hamburger Firma Conergy sagte, werde „die Öffentlichkeit der größte Verlierer sein“, wenn es der Regierung gelingt, die Ausdehnung erneuerbarer Formen von Energiegewinnung weiter zu bremsen. Schließlich hätten Solar- und Wiindstrom die Preise sinken lassen. Die mächtige Kohleindustrie steht der konservativen Regierungspartei Abbotts nahe und unterstützt diese auch finanziell.

Dass sich die USA und China in dieser Woche auf zwar wenig verbindliche, aber politisch umso wichtigere Klimaziele einigten, hat jedoch bereits für Druck auf den Premierminister gesorgt. Entsprechend abweisend reagierte Abbott. Er wolle sich auf sein „Direct Action“-Programm konzentrieren: Eine „grüne Armee“ von Arbeitslosen soll Millionen Bäume pflanzen, die den Überschuss an CO2 in der Atmosphäre absorbieren würden. Außerdem sollen Unternehmen mit hohen Emissionen dafür bezahlt werden, diese zu reduzieren. Selbst konservative Experten bezeichnen das Schema als unwirksam und überteuert.

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10 Kommentare

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  • Unser Vizekanzler und ehemaliger Umweltminister steht mindestens genauso auf Kohle wie Abbott.

    Deutschland hat noch nie so viel Kohle verstromt wie letztes Jahr. Zum Teil importieren wir die Steinkohle sogar aus Australien, weil die polnische ist zu teuer.

    Viele Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien sind in den letzten Jahren vernichtet worden, um hochbezahlte Kohlejobs bei RWE&Co. zu sichern.

    Weshalb sollte Angela das Thema in Australien ausbreiten wollen?

  • Klimawandel stimmt schon...

     

    Nur dumm das der Kontinent fast das ganze Quartär duch schon Lateritböden produziert und nur in neuster Zeit eine gemäßigte Phase von 400.000 a aufweist, hydrologisch für die ganze Fläche über das Auffüllungsverhalten des Erie-Beckens belegt.

    Und bei einer Drift von 5-6cm/a nach NE ist ein Ende des menschenfreundlichen wetters auch absehbar, ganz gleich ob da noch etwas Kohle verbrannt wird oder nicht...

  • Klimawandel stimmt schon...

     

    Nur dumm das der Kontinent fast das ganze Quartär duch schon Lateritböden produziert und nur in neuster Zeit eine gemäßigte Phase von 400.000 a aufweist, hydrologisch für die ganze Fläche über das Auffüllungsverhalten des Erie-Beckens belegt.

    Und bei einer Drift von 5-6cm/a nach NE ist ein Ende des menschenfreundlichen wetters auch absehbar, ganz gleich ob da noch etwas Kohle verbrannt wird oder nicht...

    • 7G
      774 (Profil gelöscht)
      @KarlM:

      Geniale Parodie! Ich glaube ich muß meine Meinung über Sie doch noch revidieren. Aber wahrscheinlich gefriert es eher vorher in der Hölle.

      • @774 (Profil gelöscht):

        Es wird Ihnen doch sicher gefallen den humoristischen Ausführungen im Artikel

         

        ein wenig lustige Quartärgeschichte Australiens folgen zu lassen.

         

        Bitte bleiben Sie bei Ihrer vorgefassten Meinung über mich!

         

        Denn ich bin wirklich nicht nur total humorlos!

        • 7G
          774 (Profil gelöscht)
          @KarlM:

          "Nicht nur total humorlos" - Also war ihr Kommentar doch ernst gemeint. Wollen Sie nicht doch mal einen Arzt aufsuchen? Ist ein echt gut gemeinter Rat!

  • D
    D.J.

    "Das meteorologische Institut prognostiziert eine Hitzewelle mit Temperaturen bis zu 39 Grad. Das sind mehr als zehn Grad über den Durschnittstemperaturen für den australischen Frühlingsmonat November."

     

    Höchsttemperaturen 10 Grad über Durchschnittstemperaturen? Welch grandiose Nichtaussage. Oder sind Durchschnittshöchsttemperaturen gemeint?

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    [„Hitzewellen sind in den letzten Jahren heißer, länger und häufiger geworden“] - Solange Australien mit der Kohleförderung kräftig Profit macht, kann dies nicht die Ursache dafür sein.

  • Richtig nett dieser Premier! Wenn dann die 200 Millionen Klimaflüchtling aus allen Richtungen kommen, nimmt er sie bestimmt herzlich, verständnisvoll und großmütig auf!!! :(

    • @Oeko peter:

      Vielleicht ist es aber auch so, dass wir über kurz oder lang Klimaflüchtlinge aus Australien bekommen. Vermutlich werden wir sie herzlich, verständnisvoll und großmütig aufnehmen. Vor allem diejenigen, die in ihrem Land am Vorantreiben der Grünen Energie gehindert wurden.