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Kinderportal des BundestagesEier gesucht, Grauen gefunden

„Adler fang das Ei“: Auf dem Portal „Kuppelkucker“ langweilt der Bundestag Kinder mit Osterspielen. Zum Glück nur noch bis Anfang April.

Stumpfer Blick, gelber Schnabel, rote Chucks: So sieht er aus, der Held des Spiels „Karlchen Adler, fang das Ei!“. Bild: Screenshot Kuppelkucker.de/taz

BERLIN taz | Ich hetze auf einer bilderbuchgrünen Blumenwiese hin und her. Zu meiner Linken steht ein quietschig rot-weiß gestreiftes Zirkuszelt. Zu meiner Rechten sitzt ein albern grinsender Hase mit gewaltigem Schneidezahn. Frühlingsboten, in Form von weißen Schneeglöckchen und violetten Krokussen, blitzen aus dem saftigen Gras hervor. Im Hintergrund schimmert die Silhouette des Bundestages.

Nein, ich halluziniere nicht – ich besuche eine Bundesbehörde im Internet. Auf Kuppelkucker, dem Kinderportal des Deutschen Bundestages gibt es zu Ostern ein neues Spiel: „Karlchen Adler, fang das Ei!“.

Ich sause weiter über den Rasen. Die Pfeiltasten steuern mich sicher von links nach rechts, einen mächtigen Weidenkorb in meinen Adlerklauen balancierend. Von oben prasseln gestreifte, gepunktete und karierte Eier auf mich herab. Bin ich zu langsam, zerschellen die Bällchen auf der Bilderbuchwiese und werden zu Spiegelei. Landen die Eier in meinem Körbchen ertönt ein wohliges „Plopp“.

Die endlosen 50 Sekunden der ersten Runde sind überstanden. Ich mutmaße, schlimmer kann es nicht kommen. Jetzt ist die Fragerunde dran: „Welches Tier ist das Wappentier von Deutschland?“ Ich soll mich zwischen „Maus“, „Adler“ und „Taube“ entscheiden. Taube erscheint mir am Plausibelsten. Ein ockerfarbener Info-Kasten belehrt mich: „Falsch! Das Wappentier von Deutschland ist der Adler“.

Runde Zwei

In Runde Zwei kommen die Geschosse schon etwas schneller angesaust. Ich wähle eine neue Taktik: Ohne meinen Adlerarsch einen Meter zu bewegen, sammle ich 130 Punkte. Ich überlege kurz, ob ich da Parallelen zur Regierungsarbeit erkennen kann.

Für lange Grübeleien bleibt keine Zeit. Die wollen von mir wissen, wo es den Adler im Bundestag überall gibt. Ich entscheide mich für „Im Kunst-Raum“. Meine mich zu erinnern, erst kürzlich gehört zu haben, dass die Abgeordneten in der fraktionsübergreifenden Kunsttherapie immer herrliche Bilder malen. Mist, schon wieder falsch. Auf die Bestenliste schaffe ich es in diesem Durchgang wohl nicht.

Jetzt will ich einfach nur noch Runde Drei hinter mich bringen. Eine fiese Regeländerung macht mir einen Strich durch die Rechnung. Neben bunten Eiern hagelt es jetzt auch Spiegeleier. 30 Punkte wollen die mir abziehen, wenn mich die gebratenen Eier erwischen.

Ich versuche es mit der bewährten Stehenbleiber-Technik, ramme meine Adlerkrallen tief in den Boden. Klappt. Gelb-weißes Glibberzeug klatscht neben mir auf den Wiesenteppich. Endspurt, auf in die letzte Fragerunde. Wie der Greifvogel hier im Spiel heißt, wird gefragt. Ich tippe auf „Adler Horst“. Liege schon wieder daneben.

Zum Abschluss ein schneller Blick in die Bestenliste: „Die hübsche Kaiserin 1“, liegt ganz weit vorne. Mit 2200 Punkten. Ich bin ein bisschen traurig. Ich habe nur 250. Zum Glück kann ich das Spiel bis zum 12. April noch so oft spielen wie ich will. Dann nimmt der Bundestag das Ostergrauen wieder vom Netz. Bei derartiger Genialität freue ich mich schon auf das nächste Pfingst- Sommer- oder Weihnachtsspiel.

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7 Kommentare

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  • T
    Theodor

    Mir gefällt das Spiel ausgesprochen gut. Jedenfalls hatte ich drei Minuten meinen Spaß! Schön wäre es, wenn manche Eier auch explodieren würden, oder wenn man zwischendurch mit Weihnachtsmännern kämpfen müsste.

    Gut, die Fragen sind ein wenig dämlich. Aber vor allem sind sie überbewertet! Für eine richtige Frage bekommt man 100 Punkte. Das ist entschieden zuviel! Sowas zerstört den Spielspaß. Und Spielspaß ist genau das, was unser krisengeschütteltes Europa im Moment am nötigsten braucht.

  • T
    tankred

    Warum immer nur von Problemen, Kriegen und dem Papst schreiben. Also ich habe den Artikel gerne gelesen. Ich wußte garnicht daß es sowas gibt...

  • M
    Mara

    Kritik ist gut und notwendig, besonders hier.

    Gibt es doch Eltern, die ihren Sprösslingen jeden Schrott vor die Augen knallen, meinen, Spiele MÜSSEN doch gut sein. Weshalb soll man einen so läppischen Käse wie diesen nicht kritisieren? Schlimm genug, wenn man drüber nachdenkt, für was alles Geld rausgeschmissen wird.Weniger als uninteressant ......P.Lupa, ja, es soll Leute geben, die interessiert gar nichts, noch nicht mal, dass es Anstandsregeln gibt. Oder hat man Ihnen noch nicht beigebracht, dass man Menschen nicht verhöhnt? Was schreien Sie denn einem hinterher, der nicht in Ihr Weltbild passt??

    Man will es nicht wissen. Meine Kinder haben schon im Kindergarten die einfachsten Regeln beherrscht. Oder können Sie vielleicht nicht richtig lesen? Egal wie, bei Ihnen besteht in vielerlei Hinsicht dringender Nachholbedarf. Der Journalist ein Lob, SO kleine Kinder, deren das Spiel vielleicht "Spaß" machen könnte, gehören absolut noch nicht vor den PC.

  • BL
    Bürger Lars

    Als Replik zu JackF.

    Kann denn der Staat und dessen Organe nicht auch auf dämliche Art und Weise Kindern Wissen vermitteln.

    Es muss nicht immer ein teuer eingekauftes verblödetes PC Game sein.

    Ist nicht Bildung eines der wesentlichen Themen auf der Agenda der aktuellen Bundesregierung?

    Weckt man mit diesem Schrott denn tatsächlich den Staatsbürger im Kind?

    Wohl sicher nicht.

    Daher muss man Schrott ja wohl auch noch als Schrott bezeichnen dürfen. Mit dieser Glosse ist die Kritik ja wohl noch sehr harmlos ausgefallen.

  • N
    Nania

    Bei aller Kritik die man äußern kann: Es handelt sich doch ganz offensichtlich um ein Spiel für Kinder - auch für solche unter 10. Und da muss ich ehrlich sagen: Für die ist das Spiel eigentlich ganz nett. Es ist keine Langzeitbeschäftigung, kann aber, denke ich, einem Kind durchaus Spaß machen.

     

    Früher (vor 15 Jahren) habe ich solche Spiele zumindest gerne gespielt.

  • H
    Haselnuss

    Verrückt und schrecklich zu gleich. In dem Sinne: Frohe Ostern, ihr Täubchen und Adler!

  • JF
    Jack F.

    Kann dieses Blatt auch noch andere Dinge tun, als nicht den Staat und deren Organe auf so flache Art und Weise angreifen. Das die Verfasser nicht so langsam selber bemerken, dass deren übertriebenes Gehabe unangemessen ist.