Kampf gegen Drogenkrieg in Kolumbien: Abgeordnete fordern Legalisierung
Acht Abgeordnete bringen einen Gesetzentwurf zur Legalisierung des Koka- und Marihuanaanbaus ein. In ganz Lateinamerika wächst die Forderung nach Entkriminalisierung.
PORTO ALEGRE taz | Der Amerikagipfel, der Mitte April im kolumbianischen Cartagena stattfinden wird, wirft seine Schatten voraus: Immer lauter werden die Rufe nach einer Wende in der Drogenpolitik. Nun haben acht kolumbianische Parlamentarier einen Gesetzesentwurf eingebracht, wonach der Anbau von Koka und Marihuana straffrei bleiben soll.
„Mal sehen, wie gut die Marktgesetze funktionieren“, sagte der Liberale Hugo Velásquez, „bei einer Überproduktion werden die Preise sicher sinken“. Der Anbau von Obst und Gemüse solle sich für Kleinbauern wieder lohnen.
Schützenhilfe bekommt der Abgeordnete aus der krisengeschüttelten Agrarprovinz Meta von einem prominenten Parteifreund: „Wir sollten Bauern ebenso wenig zu Kriminellen machen wie Konsumenten“, meint Expräsident César Gaviria. Bislang drohen Gefängnisstrafen von vier bis zwölf Jahren. Mehr als ein Fünftel der derzeit 105.000 Häftlinge in Kolumbien sitzen wegen Drogendelikten. Solch ein Gesetz wäre ein „erster Schritt auf dem Weg zu einer Lösung“, sagt Gaviria.
Kurzfristig hat der Vorstoß der Abgeordneten in Bogotá keine Chance. Man sei an internationale Verträge gebunden, sagte Justizminister Juan Carlos Esguerra. Doch bereits 2011 hatte Staatschef Juan Manuel Santos vorsichtig, aber deutlich gegenüber dem Observer erklärt: „Durch einen neuen Ansatz sollte man versuchen, die gewalttätigen Profite aus dem Drogenhandel auszuschalten … Sollte das auf eine Legalisierung hinauslaufen und sollte die Welt meinen, das wäre die Lösung, werde ich sie begrüßen.“
Nun lobte er die Bereitschaft Washingtons, in Cartagena über einen Kurswechsel in der Drogenpolitik zu diskutieren. Zuvor hatte ausgerechnet Guatemalas rechter Präsident Otto Pérez Molina eine umfassende Drogenlegalisierung gefordert.
Darin ist er sich mit den tausenden AktivistInnen einig, die in Cartagena einen „Völkergipfel“ ausrichten werden. Das Netzwerk „Kontinentale Sozialallianz“ verlangt das Ende des Drogenkriegs und „eine integrale multilaterale Politik mit Betonung auf Maßnahmen öffentlicher Gesundheit“. Und Kolumbiens Starkolumnist Antonio Caballero freut sich: „Die Schafe der lateinamerikanischen Herde wagen es endlich, gegenüber ihren Hirten aus dem Norden die Stimme zu erheben.“
Leser*innenkommentare
Janis Ehling
Gast
Erstens,globale Lösungen sind aber nirgends in Sicht. Eine Legalisierung aller Drogen würde jedem einzelnen Staat helfen. Die Drogenkartelle wären mit einem mal geschwächt und die Region könnte sich wieder anderen wichtigen Fragen zuwenden.
Zweitens, das Argument mit den Junkies hinkt übrigens, in Portugal sind bspw. alle Drogen legal und die Rate der Junkies hat nur im Promillebereich zugenommen. Die Kriminalitätsrate ist dafür signifikant gesunken.
Drittens, die jahrelange Politik der Kriminalisierung von Drogen ist gescheitert.Insofern ist die neue Strategie doch wirklich mal einen Versuch wert. Mehr Tote als durch die Drogenkriege wird es nicht geben.
Thomas Ebert
Gast
Die Drogenkartelle werden die Politiker bestechen um eine Legalisierung von Anbau, Handel und Konsum zu verhindern. Nur in der Illegalität blühen ihre Geschäfte. In Mexico ist der Staat schon jetzt der Verlierer im Drogenkrieg.
Die Haltung der USA und anderer westlicher Staaten ist doch schon jetzt schizophren. Einerseits offiziell gegen Drogen, andererseits tolerieren sie den Drogenanbau in Afghanistan. Die Alternativen lauten Freigabe von "weichen" Drogen oder konsequenten Kamf dagegen. Die jetzige Politik ist gescheitert!
propjoe
Gast
Wenn man dieses Problem nicht global löst, dann werden die Länder, die den Schritt zur Legalisierung wagen, zum Magneten für Junkies aus aller Welt. Legalisert Mittelamerika die Drogen, dann MUSS Washington nachziehen. Ansonsten wird es dort unten nur noch schlimmer und die Drogenkartelle übernehmen ganze Staaten.