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Israel und Palästinenser verhandelnDas Siegel der Verschwiegenheit

Nach fünf Jahren wollen Israelis und Palästinenser wieder über Frieden verhandeln. Israel lässt Gefangene frei, einen Baustopp der Siedlungen gibt es jedoch nicht.

Hohe Hürden: Palästinenser versuchen die Mauer zu überwinden, um in der Jerusalemer Al-Aksa-Moschee beten zu können. Bild: dpa

JERUSALEM taz | Der Marathon der Pendeldiplomatie von US-Außenminister John Kerry trägt Früchte. Nach jahrelanger Eiszeit wollen sich Israelis und Palästinenser erneut an den Verhandlungstisch setzen. Schon in der kommenden Woche soll es losgehen: Mit dem Auftrag, ihre Völker zu repräsentieren, reisen Israels Justizministerin Zipi Livni und der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erikat nach Washington. Fernab vom Ort des Geschehens und unter Ausschluss der Öffentlichkeiten haben die alten Hasen in Sachen Diplomatie neun Monate Zeit, sich zu einigen.

Letztlich dürfte die Entscheidung der EU, jede Zusammenarbeit mit Wissenschaft und Forschung in israelischen Siedlungen zu beenden, für Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu den Ausschlag gegeben haben, Kerrys Drängen nachzugeben. Über Wochen hatte die israelische Regierung die Brüsseler Politiker davor gewarnt, sich in die Anstrengungen Kerrys einzumischen und möglicherweise zu sabotieren. Genau das Gegenteil passierte schließlich. Der Weckruf der EU für die Führung in Jerusalem kam gerade zur rechten Zeit.

Netanjahu rückte schließlich von seiner Forderung an die Palästinenser ab, Israel als jüdischen Staat anzuerkennen. Umgekehrt musste der palästinensische Präsident Mahmud Abbas zwei bittere Pillen schlucken: Einen offiziellen Baustopp in den Siedlungen wird es nicht geben, und die Bedingung, die Verhandlungen auf der Basis der Waffenstillstandslinie von 1967 aufzunehmen, konnte er ebenso wenig durchsetzen.

Knackpunkte im Nahost-Konflikt

Die Staatsgrenzen: Die Kontrolle über das Jordantal als Puffer zu Jordanien steht aus israelischer Sicht nicht zur Debatte. Außerdem fordert Israel die Aufrechterhaltung sogenannter Siedlerblöcke. Die Palästinenser streben umgekehrt nach einer Rückkehr der Waffenstillstandslinie von 1967 und würden zum jetzigen Zeitpunkt nur geringen Grenzveränderungen zustimmen.

Jerusalem: Für Israels Regierung ist Jerusalem die „ewige und unteilbare Hauptstadt“. Während der Verhandlungen in Camp David im Jahr 2000 stimmt Expremier Ehud Barak zwar der palästinensischen Verwaltung der arabischen Viertel in Jerusalems Altstadt zu, nicht aber der Sicherheitskontrolle, auf der die Palästinenser beharrten.

Flüchtlinge: Die während der Kriege 1948 und 1967 geflohenen Araber und ihre Nachfahren fordern das Recht auf eine Rückkehr. Israel lehnt das aus Sorge vor demografischen Verschiebungen ab. Bei der letzten Verhandlungsrunde zeichnete sich eine Wiedergutmachung für die Flüchtlinge ab und eine schrittweise bedingte Rückführung von Tausenden Palästinensern.

Siedlungen: Die israelische Regierung will es der Mehrheit der Siedler ermöglichen, auf palästinensischem Gebiet zu bleiben. Im Gegenzug würden die Palästinenser ein vergleichbares Stück Land erstattet bekommen. Die PLO ist prinzipiell einverstanden, allerdings nicht mit dem Umfang. Stattdessen fordert sie die Auflösung der meisten Siedlungen.

Mit Rückendeckung der Arabischen Liga, die den Verhandlungen auch ohne Baustopp in den Siedlungen grünes Licht gab, setzte Kerry das scheinbar Unmögliche durch. Stundenlange Sitzungen mit der palästinensischen Führung waren nötig. Kerry traf Abbas erst in Amman, dann in Ramallah, telefonierte rund 20-mal mit Netanjahu und verschob den Termin für seine Abreise als letzte Anstrengung, die schließlich glückte.

Fünf Jahre ohne Gespräche

Beide Seiten verpflichten sich zu einer auf neun Monate angelegten Verhandlungsrunde. Als erste vertrauensbildende Maßnahme wird Israel zum muslimischen Eid al-Fitr, dem Fest des Fastenbrechens Anfang August, mehrere Dutzend palästinensische Häftlinge entlassen, die seit über 20 Jahren hinter Gittern sitzen.

Von einer kurzen Phase im Herbst 2010 abgesehen, liegen die letzten Verhandlungen fast fünf Jahre zurück. Auch damals saßen sich Zipi Livni und Saeb Erikat gegenüber. So oft, dass die Palästinenser schon anfingen, Witze zu reißen über die beiden Politiker, die angeblich mehr füreinander hegen als gegenseitigen Respekt.

Für beide Diplomaten ticken die Uhren, denn auf einen neuen Kerry können sie nicht hoffen. Ein Misslingen der Kerry-Mission bedeutete für Livni wie für Erikat das sichere politische Aus.

Die Verhandlungen sollen fernab vom Konfliktherd und unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Je weniger an die Medien durchsickert, desto größer die Chancen, so lautet Kerrys Motto, der sich, als er die neuen Verhandlungen kundtat, für einen Amerikaner untypisch zurückhaltend und wortkarg gab.

Diskretion soll Erfolgsaussichten erhöhen

Unter den Menschen zu beiden Seiten der Waffenstillstandslinie hält sich die Euphorie sichtbar in Grenzen. Keiner hofft noch auf ein Wunder, was den Protagonisten am Verhandlungstisch ihre Mission zunächst erleichtern dürfte.

Die Chefs zu Hause müssen derweil die Opposition in Schach halten. Die islamistische Führung der Hamas im Gazastreifen lehnt die Wiederaufnahme von Verhandlungen ab. Allerdings macht der Sturz des ägyptischen Regierungschefs Mohammed Mursi und seiner Muslimbrüdern der Hamas derzeit größere Sorgen als ein möglicher Frieden mit Israel.

Zumindest in der Anfangsphase der Gespräche sei „auch Diskretion vonnöten, um die Erfolgsaussichten zu erhöhen“, sagte Netanjahu am Wochenende vor den versammelten Ministern, von denen sich viele im Vorfeld skeptisch geäußert hatten. Sollten die Friedensgespräche zu einem Ergebnis führen, werde darüber ein Referendum abgehalten, erklärte er. Seine politischen Gegner sitzen nicht nur in der eigenen Koalition, sondern auch in seiner konservativen Likud-Partei.

Trotzdem droht dem israelischen Regierungschef politisch wohl derzeit keine Gefahr, denn er könnte, geht es mit dem Frieden voran, auch auf alternative Koalitionspartner setzen. Die Völker auf beiden Seiten wollen mehrheitlich Frieden und zwei Staaten.

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5 Kommentare

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  • KS
    Kritische Stimme

    Praktisch unmittelbar nachdem Europa beschlossen hat endlich nach langer Zeit seine Gesetzte fuer Zoll+Subventionen mal durchzusetzen Israel gegenueber,nachdem diese viele Jahre absichtlich vernachlaessigt wurden, sind die Parteien im NahOst ploetzlich bereit zu verhandeln. Hiermit ist praktisch der Beweis geliefert dass die fahrlaessige Haltung der EUPolitiker fuer die grosse Stagnation im NahOst gesorgt hat.Das ganze hat sehr viel Geld gekostet weil Israel wurde von allen Seiten viel Geld,Subventionen,guenstige Handelsvertraege,gratis Waffen zugestopft.Daraus kam dann automatisch die Verpflichtung auch die Palestinenser Geld zuzustopfen.Also beide Seiten wurden belohnt fuer das Nichtverhandeln fuer Frieden.Europameister im Geldverschwenden waren Merkel,Westerwelle,Blair,Hague,Rosenthal.Naturlich sind die Friedensverhandlungen noch nicht positiv ausgegangen,aber hoffentlich haben EUPolitiker endlich verstanden was gemacht werden muss um die riesige Geldverschwendung der EUSteuergelder im NahOst zu beenden

  • B
    Bjoern

    @Stimme der Demokratie:

     

    In der Tat bauen die Israelis solche Mauern, so z. B. mitten in der Moshee in Hebron nach dem furchtbaren Massenmord eines orthodoxen Extremisten oder in Bethlehem um Rahels Grab herum.

     

    Das wäre alles gar nicht einmal so schlimm, wenn diese Mauer denn (so wie seinerzeit zwischen Ost- und Westdeutschland) auf der Grenze errichtet würde. Das geschieht aber gerade nicht, denn die Mauer besitzt nur vordergründig eine Schutzfunktion, hauptsächlich dient sie indes dem sogenannten "slow transfer" der arabischen Bevölkerung.

  • REDAKTION: Der Kommentar wurde entfernt. Bitte keine Verallgemeinerungen.





  • S
    Senckbley

    "Mit dem Auftrag, ihre Völker zu repräsentieren, reisen Israels Justizministerin Zipi Livni und der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erikat nach Washington."

     

     

     

    Frau Livni verhandelt mit einer nicht legitimierten Person. Die Wahlen zum palästinensischen Legislativrat sind seit 2010 überfällig. Heute würde wahrscheinlich Hamas die Mehrheit stellen, Abbas wäre weg vom Fenster. Es ist zwecklos, mit einer Gespensterregierung zu verhandeln. Sollte es doch irgendwann einmal wieder eine gewählte Regierung im heutigen Abbas-Territorium geben, wäre ein solcher Vertrag wertlos.

  • SE
    Stets Erstaunte

    Es scheint ein jeder etwas anderes über die Hintergründe und die beabsichtigte Zukunft zu wissen.

     

     

     

    Mal soll Kerry mündlich, dann schriftlich, dann wieder überhaupt nicht einen Baustopp den Palästinensern zugesichert haben.

     

    Unsinnig ist ebenso, wenn trotz bestrittener Zusage, als Verhandlungsausgangspunkt die 1967 überschrittenen Linien zu nehmen, dann doch von einem Landaustausch die Rede ist.

     

     

     

    Welche Grundlage bzw. welche Bezugsgröße sollte dieser „Landtausch“ denn haben, wenn nicht das 1967 von israelischen Truppen besetzte Gebiet?

     

     

     

    Und dann den Staat Israel als „jüdischen Staat“ anerkennen? Da würde es sowieso genügen, wenn die PLO erklärte, es sei dem Staat Israel überlassen, ob er sich als buddhistischen, katholischen, jüdischen oder konfuzianischen Staat betrachten möchte. Hauptsache, er respektiert die Menschenrechte und natürlich auch, das internationale Recht.

     

     

     

    Andere Stimmen behaupten, es sei Abbas zudem gestattet die Anerkennung des Staates Palästina in der UN weiter zu stärken und viel Geld für die palästinensische Oberschicht fließen soll.

     

     

     

    Wo liegt die Wahrheit?

     

     

     

    Nur darin, dass damit weitere neun Monate vergeudet sein könnten?