Gesundheit: Erhöhte Säuglingssterblichkeit

Die CDU will vom Senat wissen, wie er verhindern will, dass überdurchschnittlich viele Kinder im ersten Lebensjahr sterben.

Eine statistisch hohe Sterblichkeit heißt andersrum: 993,5 von 1.000 Babys erleben ihren ersten Geburtstag. Bild: dpa

Im Land Bremen sterben überdurchschnittlich viele Kinder in ihrem ersten Lebensjahr. Von 1.000 im Jahr 2011 geborenen Kindern mit Wohnsitz in Bremen oder Bremerhaven erlebten nach einer aktuellen Publikation des statistischen Landesamtes 6,5 ihren ersten Geburtstag nicht mehr. In absoluten Zahlen heißt dies: 30 verstorbene Säuglinge in Bremen und 5 in Bremerhaven. Im Bundesdurchschnitt waren es im selben Jahr nur 3,6 Kinder von 1.000 Lebendgeborenen.

Der Senat, von dem die CDU im Dezember wissen wollte, was er gegen diese hohe Sterblichkeitsrate tun will, begründet diese unter anderem mit den Besonderheiten eines Stadtstaates, die die Aussagekraft der Statistik einschränken würden. „Kleine Fallzahlen und deren Schwankungen“ hätten „erhebliche Auswirkungen auf übliche Messgrößen wie die ’Raten‘ zur Säuglingssterblichkeit.“

Tatsächlich sind in den Vorjahren sowohl in absoluten als auch relativen Zahlen weniger Babys gestorben als im Jahr 2011. Allerdings waren es in den vergangenen fünf Jahren dennoch konstant mehr als im Bundesdurchschnitt – und auch davor waren bessere oder gleiche Werte die Ausnahme. Als häufigste Todesursache gelten laut Statistik „Störungen im Zusammenhang mit der Schwangerschaftsdauer und dem fetalen Wachstum“, gefolgt von angeborenen Fehlbildungen.

Die Gesundheitsberichterstattung des Bundes nennt auch die soziale Lage als einen Faktor: „Schwangere aus der unteren Sozialschicht nutzen die Vorsorgemöglichkeiten für Mutter und Kind seltener, obwohl bei ihnen mehr Risikoschwangerschaften auftreten.“ Genannt werden außerdem „häufigere Schwangerschaften in jungen Jahren, mehr Geburten und starkes Rauchen“. Auch der plötzliche Kindstod soll in sozial benachteiligten Familien häufiger auftreten, was unter anderem auf mangelnde Kenntnis von Präventionsmaßnahmen zurückgeführt wird.

Dass die erhöhte Bremer Säuglingssterblichkeit etwas mit der hohen Armutsquote im Land Bremen zu tun haben muss, weiß auch der Senat. Und schreibt in seiner Antwort an die CDU: „Darüber hinaus bestehen zahlreiche weitreichende und nachgewiesene Zusammenhänge zwischen Einkommen, sozialen Verhältnissen und gesundheitlichen Problemen. Hiervon ist auch die Säuglingssterblichkeit betroffen.“ Für diese These spricht auch, dass in Bremerhaven relativ betrachtet deutlich mehr Säuglinge sterben als in Bremen.

Die CDU glaubt hingegen, dass die Sozialstruktur allein nicht verantwortlich sein kann – und fragt dennoch ausschließlich ab, welche Angebote Bremen für benachteiligte Schwangere und Mütter macht, beispielsweise für sehr junge Frauen. In Bremen werden nämlich überdurschnittlich viele Teenager schwanger. Hier verweist der Senat auf eine Geburtsvorbereitungsgruppe für unter 20-Jährige in Bremen-Nord, angeboten von Pro Familia. Dass der Senat nicht weiß, dass es mittlerweile wenigstens in der Stadt Bremen ein zweites Angebot gibt und das auch noch in staatlicher Regie, spricht nicht für eine ausgiebige Beschäftigung mit dem Thema. Das Haus der Familie in Walle bietet Unterstützung sowohl für junge Schwangere als auch junge Mütter.

Gefragt, was er tun will, damit weniger Säuglinge in Bremen sterben als bisher, verweist der Senat unter anderem auf die Familienhebammen des Gesundheitsamtes, die im ersten Lebensjahr Familien betreuen, die einen erhöhten Hilfebedarf haben. Eine seit Langem bestehende Bremer Besonderheit, die jetzt bundesweit ausgebaut werden soll. Außerdem sollen die Empfehlungen zum Stillen, die ein Runder Tisch unter Moderation der Gesundheitssenatorin erarbeitet hat, „konsequent umgesetzt“ werden. Der Hintergrund: Stillen wirkt sich nachweislich positiv auf die psychische und physische Gesundheit aus.

Allerdings können die Stillempfehlungen nicht das Problem lösen, dass vor allem junge Mütter und solche mit niedrigem Bildungsstand gar nicht oder nur sehr kurze Zeit stillen. Das hatte vor anderthalb Jahren der Kinderarzt und Sozialmediziner Eberhard Zimmermann mit einer Befragung von Müttern herausgefunden. Er leitet das Bremer Gesundheitsamt.

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