Einbruchssserie bei Konzernkritiker: Aktionär unter Attacke
Hackerangriffe, drei Einbrüche in sein Büro und seine Wohnung: Der prominenteste Konzernkritiker Deutschlands, Axel Köhler-Schnura, lebt gefährlich.
Dreimal wurde zuletzt in sein Büro in Düsseldorf und bei ihm privat eingebrochen, auch Hacker haben es auf ihn abgesehen. Aber die aktuelle Einbruchserie ist nicht die erste Attacke, die Konzernkritiker Axel Köhler-Schnura (63) überstehen musste.
Seine Kritik an dem Chemiekonzern Bayer rief in der Vergangenheit schon mehrfach Werkschutz und Verfassungsschutz auf den Plan. Auch ausdauernde Kommunismus-Schelte oder die Gründung eines gelben Aktionärsverbandes konnten Köhler-Schnura nicht stoppen.
Der Diplom-Kaufmann gilt als Vater einer ganzen Bewegung: Aktionäre gehören im Allgemeinen nicht zu den schärfsten Kapitalismuskritikern. Köhler-Schnura jedoch lassen Dividenden und Kursgewinne kalt, dagegen interessiert ihn sehr, ob ein Konzern nun Gifte in die Nordsee kippt oder gegen den Widerstand der Anwohner Pestizid-Werke errichtet. Und er nutzt die Infrastruktur, die einem Anteilseigner offensteht – Zugang zu Hauptversammlungen, Rederecht –, um publik zu machen, was verschwiegen werden soll.
Die Wurzeln seiner „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ (CBG) liegen dort, wo auch die Bayer AG, die heute weltweit mehr als 100.000 Menschen beschäftigt, herstammt: in Wuppertal. In den siebziger Jahren kam es im Bayer-Werk Dormagen zu zwei folgenschweren Unfällen. Köhler-Schnura und seine Mitstreiter gründeten Bürgerinitiativen. 1978 erwuchs daraus die „Coordination“. Die Nichtregierungsorganisation wurde zur Keimzelle einer neuen linken Bewegung, der Kritischen Aktionäre.
Bald überraschten CBG-Mitglieder erstmals eine Hauptversammlung. „Der Vorstand hat damals vollkommen die Contenance verloren“, freut sich der Ex-Journalist noch immer. „Aus dem Konzept gebracht haben wir 1982 Vorstandsboss Professor Grünewald, weil überhaupt mal die Profite von Bayer hinterfragt wurden.“ Das sei auch heute noch „das Thema“, so der Vater dreier Töchter. Dabei ging es um die gleichen Inhalte wie heute: Pharma-Menschenversuche, Umweltprobleme, Kampfstoffe in der Ostsee.
Köhler-Schnuras Bayer-Coordination blieb nicht lange allein: 1986 wurde mit ihrer Hilfe der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre in Köln gegründet. Mittlerweile treten die Grundsatzkritiker auf den Hauptversammlungen von zwei Dutzend Aktiengesellschaften auf. Nicht jedem Einbrecher gefällt das.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Absagen vor Kunstsymposium
Logiken der Vermeidung