EU-Abgeordneter der Syriza: Und er kämpft immer noch
Einst holte Manolis Glezos die Hakenkreuzfahne von der Akropolis. Als Syriza-Abgeordneter fordert er Deutschland auf, „Kriegsschulden“ zu begleichen.
Er ist 92 Jahre alt und kein bisschen leise: Manolis Glezos, EU-Abgeordneter der griechischen Linkspartei Syriza und eine Ikone des Widerstandskampfes im Zweiten Weltkrieg. Zur Höchstform läuft Glezos auf, wenn er über sein Lebensthema spricht: die „Kriegsschulden“, die Deutschland begleichen soll.
Das Wort Reparationen mag er nicht. Jedenfalls soll es sich um einen mindestens zweistelligen Milliardenbetrag handeln, dafür setzt sich der Mann mit der weißen Mähne im EU-Parlament ein. Neulich ergriff er das Wort vor einer Plenardebatte zum Streikrecht und schlug vor, auch mal einen Meinungsaustausch zum Thema Kriegsschulden abzuhalten. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz musste ihn abschmettern, doch Glezos hatte schon ausgesprochen, was er aussprechen wollte.
Das war schon immer so. Als Glezos 1955, damals noch Jungabgeordneter der moskautreuen Kommunistischen Partei (KKE), nach Ostberlin eingeladen wurde, um den zehnten Jahrestag des Kriegsendes mitzufeiern, erinnerte er Gastgeber Walter Ulbricht an die „Kriegsschulden“. „Ich habe ihm gesagt: Genosse Ulbricht, vergessen Sie nicht, was uns zusteht?“, sagte Glezos neulich der taz.
Ulbricht sei sprachlos geblieben. Zur Legende wurde der Mann von der grünen Insel Naxos im Besatzungsjahr 1941, als er zusammen mit seinem politischen Weggefährten Apostolos Santas die Hakenkreuzfahne von der Akropolis holte.
1951 schaffte Glezos erstmals den Sprung ins Parlament. Zum Bruch mit den Kommunisten kam es 1968, als der unbequeme Zeitgenosse den Einmarsch der Sowjets in Prag rügte. Aber auch in der Syriza, seiner heutigen politischen Heimat, bleibt der Linkspolitiker immer für eine Überraschung gut.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“