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Drohanrufe bei SPD-MitgliedernKommando Gerhard Schröder

Mit Anrufen im Namen der SPD sollten Genossen auf Linie gebracht werden. Jetzt gibt es ein Bekennerschreiben - es war eine linke Spaßguerilla.

Da lacht er – der Schröder Bild: reuters

Die Nachricht sorgte für Aufsehen: Mit Anrufen, die vermeintlich aus der Parteizentrale der SPD kamen, sollten widerspenstige Parteimitglieder auf Linie gebracht werden – diesen Eindruck zumindest musste Juso Fabian Verch gewinnen. Verch hatte zuvor lauthals Widerspruch gegen die Pläne der SPD angemeldet, in ein Regierungsbündnis mit der Union einzutreten – und dagegen auch öffentlich Stellung bezogen. Etwa bei Maybritt Illner.

Dann klingelte bei ihm das Telefon. Am anderen Ende der Leitung war ein Mann, der sich Michael Wiegand nannte und sich als Mitarbeiter von Andrea Nahles ausgab – und telefonisch mit Konsequenzen gedroht haben soll für den Fall, dass Verch bei der Mitgliederbefragung über die Große Koalition mit Nein stimmt. Nicht nur Verch – auch zahlreiche andere widerspenstige Jusos erhielten solche Anrufe. Zeit Online hatte darüber am Mittwochabend berichtet.

Der Witz: Tatsächlich führte die Rufnummer zurück in die Parteizentrale der SPD. Und der Rückschlageffekt war groß. So groß, dass Andrea Nahles von einem „kriminellen Akt“ sprach. Auch die Bild berichtete.

Dann kam am Donnerstag das Bekennerschreiben. Auf der Seite der Hedonistischen Internationalen, einer spaßbetonten linken Politguerilla, bekannte sich das „Kommando Gehrhard Schröder“ zu der Aktion.

Dort heißt es: „Wir, eine sozialdemokratische Splittergruppe in der Hedonistischen Internationalen, haben am vergangenen Dienstag bei mehr als 100 SPD-Mitgliedern und Funktionären angerufen, die als Gegner der Großen Koalition bekannt sind. Wir haben ihnen in aller Deutlichkeit nahegelegt, beim Mitgliederentscheid mit einem „Ja“ zu stimmen. Außerdem hat das Kommando Gerhard Schröder bei den Genossen darauf hingewirkt, dass diese sich öffentlich zur Großen Koalition bekennen und dem „Nein“ publikumswirksam im Internet und auf den Regionalkonferenzen abschwören.“

Weiter heißt es in dem Bekennerschreiben: „Die Aktion ist Teil einer ganzen Reihe von SPD-Werbemaßnahmen für die Große Koalition. Zuletzt hatte der Parteivorstand Musterreden mit Argumenten für die Große Koalition verschickt. Selbst den Briefwahlunterlagen zum Mitgliedervotum sind umfangreiche Materialien beigelegt, die für ein „Ja“ werben. Und auch auf der Webseite www.spd-mitgliedervotum.de kommen ausschließlich Befürworter der Großen Koalition zu Wort.“

Gegenüber der taz bestätigte das Kommando Gerhard Schröder, dass bei den Angerufenen die Telefonnummer der SPD-Parteizentrale erschien. Seitens des Kommandos hieß es gegenüber der taz: „Es war keine Rocket Science." Von der SPD war am Donnerstagmorgen zunächst noch keine Stellungnahme zu erhalten.

Update: Nach Angaben der SPD hat die Partei inzwischen Strafanzeige gestellt. Demnach ermittele nun das Bundeskriminalamt (BKA) in der Sache. Das BKA wollte sich auf taz-Anfrage zunächst noch nicht äußern.

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16 Kommentare

 / 
  • R
    RLS

    Die Partei die Linke sollte umbenannt werden.

    Denn sie wird immer wieder mit solchen Idioten, und Idioten die Fahrzeuge in Brand stecken in Verbindung gebracht werden.

    Das hier ist für die Blödzeitung wieder ein gefundenes Fressen.

    Man sollte sich endlich vom Namen, vom roten Hintergrund, der an Russland erinnert, und von Büsten von Karl Marx verabschieden, und ein bisschen moderner wirken, was Linke Politik eigentlich auch sein sollte.

    Zu Pazifisten die sie angeblich sein wollen passen besser Regenbogenfarben, Gandhi als Büste, und nicht ständig Grusskarten an Kuba schreiben, denn was Fidel dort getrieben hat kann man nicht gerade als Vorbild nehmen.

     

    Wie man die Menschen langsam und schleichend zu Charles Dickens Scrooge verwandelt hat, so sollte man sie auch wieder zurück führen. Langsam und schleichend, und nicht mit der Holzhammermethode. Denn dann wird diese Gesellschaft mitgehen, und feststellen dass es gar nicht so schlimm war.

     

    Für viele Dummies ist der Sozialismus was böses, weil er von der KPD und von Dreckärschen wie Mao missbraucht wurde.

  • A
    Alecs

    muhahahahahahahahahahaha

     

    endlich mal leute mit humor und ohne waffen!

  • KM
    Kara Mustafa

    Diese Linksterroristen schrecken auch vor gar nichts zurück,

    wie früher bei RAF u Stasi auch.

  • B
    blubb

    Und schafft dieses schreckliche Captcha-System ab. Kaum lesbar und die Sound-Alternative ist ähnlich unverstädnlich.

  • S
    Sepe

    Auch wenn ihre Aktionsform sicherlich fragwürdig war, aber in der Sache haben sie Recht. Wozu eine Mitgliederabstimmung, wenn von allen höheren Parteiämtern zu hören ist, dass man auf jeden Fall nur mit "Ja!" stimmen soll?

    Zwei Seiten in jedem Abstimmungsbrief nur mit Pro-Argumenten??? Gibt's denn tatsächlich gar nichts, was es an dieser möglichen Koalition auszusetzen gäbe? Doch das gibt es, aber die bekommt man in der SPD nicht zu hören oder zu lesen.

    Schöne Sache mit der Direktbeteiligung, aber die Partei liefert die besten Argumente gegen direkte Mitglieds- und Bürgerentscheide gleich mit:

    Zu leicht lassen sich Menschen von dem geistlosen Schöngerede und dem beinahe unverhohlenem Erpressungsversuch beeinflussen und stimmen nicht nach ihrer eigenen Meinung, sondern nach dem was angeblich für Land und Partei das Beste sei. Lächerlich. Das ganze ist mit den gefälschten Telefonanrufen gut ironisiert worden.

    Also, Mitgliedsentscheid als wohlgemeinten Versuch abhaken. Die Koalition wird abgenickt und hinterher kann man hervorragend den Mitgliedern die Schuld geben. Nur hat am Ende leider niemand gewonnen. Die SPD nicht, die Demokratie nicht, nur diejenigen, die jetzt am lautesten nach der Koalition schreien und verzweifelt auf Überzeugungstour gehen, da sie um den möglichen Verlust der ihnen in Aussicht gestellten Ämter besorgt sind.

  • Das BKA ermittelt - jetzt schon.

    Beim NSU hat das länger gedauert.

    War ja auch nicht so wichtig.

    • B
      belustigt
      @vic:

      Ich hoffe das BKA meldet sich auch zu Wort. Gelungene Aktion. Herzlichen Glückwunsch!

  • K
    Klarsteller

    Bekennerschreiben, ausgedruckt auf einem Drucker der SPD-Parteizentrale ...

  • PH
    Peter Haller

    Was denn nu ?

    Jetzt hat die SPD Strafanzeige gestellt, weil jemand die Leute auf die Groko einschwören will.

    Soll jetzt wieder zurückgerudert werden ??

    Was ist denn bloss aus diesem Haufen geworden ????

  • Kommando Gerhardt Schröder? Wichtel unterwegs. Genossen lasst euch nicht die Knöpfe drücken.

  • Wenn man eine Tat an ihren Folgen misst, dann ist die Große Kloakation wahrscheinlich der gröbere Unfug.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Rainer B.:

      Ihr Verschreiber - wohl ein Freud'scher?

      Jedenfalls absolut passend.

      Danke!

      • @571 (Profil gelöscht):

        Gern doch!

    • @Rainer B.:

      Aber seien wir mal ehrlich, der gemeine Deutsche wollte doch die "Große Kloakation", also muss er nun auch lernen, damit zu leben. Ist es nicht irgendwie paranoid, dass viele Menschen über die Grünen nur schimpfen, CDU/CSU/SPD wählen und dann in's große Jammern verfallen, aber gleichzeitig wiederum den Grünen vorwerfen, sie hätten die sog. Große Koalition erst ermöglicht?

      • @Tadeusz Kantor:

        Bei Quer im Bayerischen Fernsehen hat man das vorige Woche schon ganz passend zusammengefaßt: die Deutschen wollen sozialdemokratisch regiert werden, aber von Angela Merkel.

      • @Tadeusz Kantor:

        Wenn der gemeine deutsche Wähler jetzt schon koalitionen wählt, hätte ich dann gegebenenfalls vielleicht zwei zweitstimmen abgeben sollen???