Doku über die SPD: Das Spartenproblem

Anderthalb Jahre ergründete der Journalist Lutz Hachmeister die SPD. Herausgekommen ist ein Film ohne Geschichte, aber mit sehenswerten Momenten aus dem Parteileben.

Auch er kommt in dem Film vor: Klaus Wowereit, hier beim Parteitag in Berlin 2010. Bild: wdr

Es gab in den letzten zwei Jahren eigentlich spannendere Parteien als die SPD. Die Grünen sind in der Zeit fast zur Volkspartei geworden, die FDP hat sich zerlegt, die Union verabschiedet sich von allem, was ihr lieb und teuer war. Aber die SPD? Dümpelt in Umfragen um die 27 Prozent, hat programmatisch momentan allenfalls Durchschnitt aufzubieten und noch nicht mal vielversprechenden Nachwuchs. Mancher würde sagen: Die SPD ist langweilig.

Gerade über diese Partei in dieser Zeit gibt es nun einen Dokumentarfilm; der Journalist, Buchautor und Grimmepreisträger Lutz Hachmeister ("Schleyer. Eine deutsche Geschichte", "Das Goebbels-Experiment") hat ihn gedreht. Das Ergebnis heißt: "Sozialdemokraten - 18 Monate unter Genossen".

Hachmeister hat die Partei und ihren 2009 gewählten Parteichef Sigmar Gabriel nach der verlorenen Bundestagswahl 18 Monate lang verfolgt. Er hat im Berliner Parteipräsidium gefilmt, auf Parteitagen und bei Veranstaltungen in der Provinz. Überall dort, wo sich eben das Parteileben abspielt. Der Journalist spricht mit aktuellen und ehemaligen Spitzensozialdemokraten wie Andrea Nahles, Frank-Walter Steinmeier, Peer Steinbrück und Wolfgang Clement, auch Exkanzler Gerhard Schröder wird interviewt.

Herausgekommen ist ein Film, dem der Aufwand anzumerken ist, der sich aus den vielen Drehorten ergibt, und der zumindest für besonders SPD- oder politikvernarrte Beobachter interessant ist. Denn Hachmeister ist es gelungen, nah an das Geschehen heranzukommen. So filmt er Eindrücke von einem Wahlabends im Willy-Brandt-Haus, bevor die Parteispitze vor die Kameras tritt, oder Strategiebesprechungen in Sigmar Gabriels Büro in der Parteizentrale.

Trotz dieser Aufnahmen fehlt Hachmeisters Film insgesamt das Motiv. Vor allem: Es fehlt die Geschichte. Die Dokumentation wirkt wie eine Reportage, bei der der Reporter Szene um Szene aufschreibt und am Ende nicht so recht weiß, wofür all die Szenen eigentlich stehen und was damit erzählt werden soll.

Von den durchaus vorhandenen Geschichten, die es in diesen 18 Monaten in der SPD gab, greift Hachmeister einige leider überhaupt nicht auf. Die unsouveräne Auseinandersetzung mit Thilo Sarrazin, die Suche nach einem Kanzlerkandidaten, die Konkurrenz zu den aufstrebenden Grünen werden nicht thematisiert. Ebenso ignoriert Hachmeister das, was vielleicht das größte Anliegen seines Hauptdarstellers Sigmar Gabriel in diesem Zeitraum ist: die Öffnung der SPD für Nichtmitglieder. Der Film lässt stattdessen ausschließlich Parteimitglieder sprechen.

So bleiben in den 90 Minuten vor allem einzelne Momente sehenswert: Eine wütende Geschäftsführerin Astrid Klug, die sich ärgert, dass Gabriel sich nicht genug Zeit für ein Foto nimmt, eine Generalsekretärin Andrea Nahles, die auf vielsagende Weise zu den Ereignissen vom Schwielowsee 2008 schweigt, als der damalige Parteichef Kurt Beck gestürzt wurde. Oder Exkanzler Gerhard Schröder, der bemerkenswert offen die "Agenda 2010" verteidigt und Sigmar Gabriel zu einem großen Politiker adelt, sollte dieser die aktuelle Krise überstehen.

Hachmeisters Film bleibt damit dennoch ein Spartenfilm, der die große Masse der Bevölkerung gar nicht erreichen wird. Ein Problem, das der Filmemacher mit der SPD dieser Jahre teilt.

Dienstag, 26. Juli, 22.45 Uhr, ARD

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