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Cäsium-Belastung vor FukushimaMeerwasser stark verstrahlt

Innerhalb kurzer Zeit ist die Belastung des Meerwassers vor Fukushima mit radioaktivem Cäsium stark angestiegen. Die Ursache könnten Bauarbeiten sein.

Verseuchtes Meer vor dem AKW Fukushima Daichi Bild: dpa

TOKIO ap | In der Bucht vor der AKW-Ruine Fukushima ist die Belastung mit radioaktivem Cäsium drastisch gestiegen. Wie der Betreiberkonzern Tepco am Donnerstag mitteilte, ergaben Proben innerhalb einer Barriere im Hafen des AKW am Mittwoch eine um das 13-fach höhere Belastung mit Cäsium gegenüber Proben vom Tag zuvor.

Tepco vermutet Bauarbeiten als Ursache. Demnach wurde der Uferbereich gegen den Zufluss von Grundwasser abgedämmt. Dabei sollen Teile des mit Cäsium verseuchten Erdbodens ins Wasser gefallen sein. Tepco kämpft mit immer gewaltigeren Massen an verseuchtem Wasser auf dem Gelände des Atomkraftwerks. Es stammt aus der Kühlung der beim Erdbeben und Tsunami 2011 beschädigten Reaktoren.

Zusätzlich sickert täglich Grundwasser ein und mischt sich dort mit dem Kühlwasser. Daher pumpt Tepco ständig Wasser ab und lagert mittlerweile mehr als 300 000 Tonnen davon in rund 1000 Tanks, die jedoch bald nicht mehr ausreichen und zum Teil anfangen zu lecken. Tepco will daher den Bau weiterer Tanks beschleunigen.

So soll das Ziel, Platz für zusätzlich 800 000 Tonnen zu schaffen, bereits bis Ende März 2015 erreicht sein. Das wären zwei Jahre eher als geplant. Nach der neuen Planung sollen 30 und nicht wie bisher 15 neue Tanks pro Monat errichtet werden. Dabei geht der Betreiber jedoch davon aus, dass ein Filtersystem zur Beseitigung radioaktiver Substanzen aus Kühlwasser normal funktioniert.

Ungenügendes Filtersystem

Das System namens „Alps“ (advanced liquid processing system) kann 62 Nuklide mit Ausnahme von Tritium herausfiltern, bereitet aber ständig Probleme. Dem System kommt eine zentrale Rolle bei der Bewältigung der Wassermassen zu. Die Regierung erklärt immer wieder, dass sich die Auswirkungen der Lecks auf das Hafenbecken vor der Atomruine beschränken. Dort hat Tepco eine Barriere errichtet. Dabei handelt es sich um eine Art Vorhang, wie er auch bei Ölverschmutzungen zum Einsatz kommt. Innerhalb dieser Barriere stieg nun die Belastung mit Cäsium.

Nahe der Wasseraufnahme für den Reaktor 2 wurden 370 Becquerel pro Liter an Cäsium-134 und 830 Becquerel pro Liter an Cäsium-137 gemessen. Am Tag zuvor waren noch 26 beziehungsweise 64 Becquerel gemessen worden. Außerhalb der Barriere verdoppelte sich die Cäsium-Belastung auf 227 Becquerel pro Liter im Vergleich zu 106 Becquerel am Vortag.

Um die gewaltigen Probleme mit verseuchtem Wasser in der zerstörten Atomanlage in den Griff zu bekommen, bat die Regierung die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) laut Medien um Hilfe. Ein Team von Experten der Organisation will sich in der kommenden Woche vor Ort ein Bild von der Sanierung der Schäden rund um die havarierte Atomanlage machen.

Unterdessen bekamen sechs Arbeiter wegen eines Lecks verseuchtes Wasser mit einer radioaktiven Belastung von bis zu 1,35 Millisievert pro Stunde ab, wie japanische Medien berichteten. Sie seien jedoch schnell dekontaminiert worden und zeigten keine gesundheitlichen Probleme.

Die Männer hatten bei Arbeiten an einem Entsalzungsgerät, das Teil einer Dekontaminierungsanlage für Kühlwasser ist, versehentlich einen Schlauch abgetrennt. Dadurch seien schätzungsweise sieben Tonnen ausgelaufen. Da der betroffene Bereich aber mit Beton abgegrenzt sei, habe kein Wasser ins Erdreich gelangen können, hieß es. Es handele sich überwiegend um Beta-Strahlen, die nicht durch die Arbeitsschutzkleidung dringe.

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9 Kommentare

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  • G
    Gastname
  • M
    maitid

    @STRLSCHV

    "Ich gehe auch davon aus, dass Sie Meerwasser nicht in großen Mengen trinken."

     

    Und ich gehe davon aus, dass die Meeresbewohner sich dauerhaft darin aufhalten und es auch in großen Mengen aufnehmen.

    Diese wiederum landen in der Nahrung der Menschen.

     

    Hören Sie doch endlich auf mit dieser beschämenden Ignoranz für das wirkliche Problem.

  • H
    harakiri

    oder, wie der strahl gehärtet wurde. die wollen doch weiter neue strahlhärter bauen, gelle? harakiri- oder kamikazegen?

  • S
    StrlSchV

    Die Freigrenzen für die genannten Cäsiumnuklide betragen nach Strahlenschutzverordnung in Deutschland 10.000 Bq/l. Unterhalb dieser Grenze unterliegen diese Stoffe in Deutschland keiner Überwachung.

    Wieso also Wasser, das nur 1/10 dieser spezifischen Aktivität enthält nun "stark verstrahlt" ist, erschließt sich mir nicht.

    • @StrlSchV:

      Ob die Zahlen überhaupt stimmen, bezweifle ich jetzt mal. 370 Bq/kg Grenzwert Cäsium für Milch( Babynahrung) und das oral.

      600 Bq/kg Grenzwert für Waldpilze.

      Sind da paar Nullen runtergefallen ?

      • I
        ion
        @lions:

        Ne’, nix: "Nullen runtergefallen" – "da" ist ’n "Seil" gerissen.

    • M
      Marcus
      @StrlSchV:

      Sie haben recht das Wasser strahlt kaum. Der Eintrag ist aber dennoch enorm, und deshalb beachtenswer. Mehrwasser sollte normalerweise gar nicht strahlen da selbst hochgradig belastetes Materiall extrem starkt verdünt wird. Wenn die Belastung des Meres in dem Genannten Maße ansteigt, bedeutet dass den Eintrag extremer Mengen an strahlenden Material.

      • S
        StrlSchV
        @Marcus:

        @Marcus Genau das ist meine Anfrage an die Begrifflichkeiten - stark strahlend ist nunmal etwas anderes. Die genannten Werte betreffen laut Artikel einen begrenzten Teil des Meeres vor Fukushima. Dass dieser offensichtlich undicht ist - die Werte steigen auch außerhalb dieses Bereichs - ist durchaus ein großes Problem.

        Ich finde auch eine der Kernkraft kritisch gegenüber stehende Zeitung wie die taz sollte unaufgeregt berichten und nicht dazu beitragen, dass Panik in den Köpfen entsteht, wo sie nicht angebracht ist.

         

        @Anamolie

        Ich redete von den Freigrenzen, nicht von den Grenzwerten für Lebensmittel. Ich gehe auch davon aus, dass Sie Meerwasser nicht in großen Mengen trinken.

        • @StrlSchV:

          Das ist mir auch klar, doch zur Veranschaulichung sind Grenzwerte für Lebensmittel nunmal brauchbar.