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Burschenschaftstag in EisenachDer Ärger ist Programm

Kurz vor dem Burschenschaftstag streiten die Männerbündler untereinander. Eine Initiative kritisiert rechte Äußerungen, die Führung wiederum sieht ihr Ansehen geschädigt.

Dieses Jahr droht wieder Ärger: Burschenschaftstag 2011. Bild: dpa

HAMBURG taz | Vorfreude sieht anders aus. In Eisenach musste die Deutsche Burschenschaft (DB) der Stadt ihre Rednerliste für den „Burschentag 2012“ vorab vorlegen. „Wir wollten prüfen, ob rechtsextreme Personen bei der Veranstaltung eine Rede halten“, sagt Janina Kay, Pressesprecherin der Stadt. In diesem Fall „wäre der Nutzungsvertrag für die Werner-Aßmann-Halle aufgekündigt worden“.

Vom 30. Mai bis zum 3. Juni findet erneut der „Burschentag“ in der Wartburg-Stadt statt. Seit dem Mauerfall richtet die DB in Thüringen ihren „Tag“ aus, inklusive Festakt und Fackelzug. Die Deutsche Burschenschaft vereint etwa 105 Bünde mit knapp 10.000 Mitgliedern. In diesem Jahr ist der Streit programmiert. 2011 wollte die „Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn“ einen Antrag durchsetzen, laut dem nur Mitglied einer DB-Burschenschaft werden dürfe, wer deutscher Abstammung ist. Hintergrund: Der Sprecher der „Burschenschaft Hansea zu Mannheim“, Kai Ming Au, hat chinesische Eltern.

Der Antrag der Raczeks, denen auch Norbert Weidner, der Chefredakteur der Burschenschaftlichen Blätter, angehört, konnte gerade noch abgebügelt werden. Bei den Raczeks wiederum misslang der Versuch, die rechten Bundesbrüder auszuschließen. „Stattdessen haben viele liberale Brüder unseren Bund verlassen“, sagt ein kritischer Raczek, der bei der Initiative „Burschenschafter gegen Neonazis“ mitwirkt.

Per Mail hat die Initiative die Stadtverwaltung schließlich darauf aufmerksam gemacht, dass Burschenschafter wie Norbert Weidner in der Halle ihr Gedankengut verbreiten könnten. Eine Kritik die auf die Kritiker zurückfiel: Die DB-Führung beschwerte sich prompt, mit dem Schreiben werde eine „bewusste Schädigung des Ansehens“ der Burschen angerichtet.

Die Wogen glätten

Schon vor dem „Tag“ kursiert eine Rücktrittsforderung gegen Weidner. Und in den Anträgen zum „Burschentag“ spiegeln sich die internen Auseinandersetzungen wider. In einem wird eine Begrenzung des Einflusses des „Schriftleiters“ der Burschenschaftlichen Blätter beantragt. In einem anderen werden die Wiedereinführung der „nationalen Währung“ sowie die Gründung einer eigenen Partei gewünscht, die für „Ehre – Freiheit – Vaterland“ steht.

Um eine Eskalation zu vermeiden, heißt es aus kritischen Kreisen, sollte Norbert Weidner sich vom Amt zurückziehen und Kai Ming Au nicht für den Vorstand kandidieren. Ein Plakat werden die „Burschenschafter gegen Neonazis“ in der Nähe der Halle anbringen lassen: „Wer die Demokratie links liegen lässt, tritt rechts in die Sche..e“.

Und noch etwas anderes mussten die Herren der männerbündischen Zusammenschlüsse zur Kenntnis nehmen: Eine Frau, gar eine von der Linkspartei, ist gerade zur neuen Oberbürgermeisterin gewählt worden. In einer internen Kommunikation, die der taz zugespielt wurde, wird überlegt, wie mit der neuen Eisenacher Chefin Katja Wolf umgegangen werden könnte. „Gratulieren sollte man in jeden Fall“, heißt es da, „auch mit Blumenstrauß – Frauen mögen so etwas.“ Weiter heißt es: „Dass dieses Weib angetreten ist, uns politisch die Hosen auszuziehen, dürfte wohl klar sein.“

Katja Wolf hingegen sagt: „Ich gehe nicht auf Provokationen ein.“ Und sie betont: „Freunde werden wir nicht!“

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6 Kommentare

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  • NR
    Numquam retrorsum

    Den Kommentar des Fuxmajors finde ich spannend. Niedergang von Bergbau, Montan- und Hüttenwesen durch versoffenen Verbindungsnachwuchs... Und ich dachte immmer, die Globalisierung, die billige australische Kohle usw. usw.

    In früheren Zeiten dürften eine Menge wenig Begnadeter Studenten Dank der richtigen Verbindung und den richtiigen Verbindungen einen auskömmlichen Job gefunden haben. Wohl dem, der eine Firma hat, die sich das heute noch leisten kann, die Realität sieht anders aus.

    An dieser Stelle als Corpsstudent ein dickes Lob an diejenigen Burschenschafter, die sich gegen die aktuelle Linie des Dachverbandes stellen und hoffentlich ihre Alten Herren davon überzeugen können, aus der DB auszutreten. Es sind nämlich, da sei dem Fuxmajor widersprochen, durchaus nicht nur Minderbemittelte mit Reifezeugnis in den Verbindungen versammelt. (Aber satisfatkionsfähig ist er wahrscheinlich nicht)

  • J
    Jonas

    Ich Wohne im Haus einer (Nichtschlagenden Christlichen) Verbindung (Carolus Magnus) und die Leute sind sehr aufgeschlossen und nett.

    Einer der alten Herren hat ein semester lang die Junge Freiheit (rechtskonservativ mit auslaenderfeindlichkeit gespickt) ins Haus bestellt, die wanderte dann gleich in den Papierkorb.

     

    Mein grossvater war Kommunist (er ist seit 20 Jahren tot). Im Haus meines Grossvaters ist inzwischen die ASV Saar-Ostpreussen. Einer der Mitglieder ist Iraner und hat im AStA das Referat fuer Auslaenderfinanzierung, beraet also Auslaendischen Studierende die mit dem Einkommen kein Auskommen haben.

     

    Soviel zu meiner Persoenlichen Erfahrung mit Verbindungen. Mit Burschenschaften hatte ich nie etwas zu tun.

  • FL
    Ferdinand Lassalle

    Die Raczeks sind und waren nie rechtsextrem. Einen "Arierantrag" hat es nie gegeben. Er ist die Erfindung der linksgerichteten BRD-Medien.

    Die Nazikeule wird gebraucht, um unliebsame Wahrheiten unter den Tisch zu kehren. Das ist Hohn gegenüber den Opfern von Gewaltherrschaft. Dass eine SED-Linke nun Oberbürgermeisterin ist, scheint keinen zu stören.

    Armer Ferdinand

  • F
    Fuxmajor

    Jede Reha-Einrichtung für Alkoholkranke kennt sie: die lieben Akademiker aus den Corps und Burschenschaften. Auf den Punkt gebracht hat es der pensionierte Kommissar Nick Knatterton, im normalen Leben Manfred Schmidt. Er kommentierte seinen Besuch in einer Alt-Heidelberger Studentenkneipe: "Ein Deutscher ist es gewohnt zu schlucken, was von oben verordnet wird."

     

    Ärgerlich wird es nur dann, wenn komplette Berufskarrieren nicht ohne Mitgliedschaft in einer Studentenverbindung gelingen. In der Bergbau- der Hüttenindustrie ist über Jahrzehnte jeder Posten, der über einen Fachhochschulingenieur hinaus ging, von den "alten Herren" für die "activitas", also den versoffenen Jungingenieuren mit den zerhackten Gesichtern freigehalten worden. Zu doof konnte keiner sein um nicht einen statusgerechten Job zu bekommen. Das ist der Industrie natürlich nicht gut bekommen und die heutige desaströse Lage in diesem Geschäftsbereich ist auch diesen "Führerpersönlichkeiten" zu verdanken.

     

    Seit dem berühmten Roman von Heinrich Mann: "Der Untertan" ist die Zeit in den Verbindungen stehen geblieben. Diese Burschenschafter sind ein rechtsextremes, reaktionäres Gesindel, dass durch die Restauration in der Adenauer-Ära wieder auferstehen und leider auch nach dem Ende der DDR dort Fuß fassen konnte.

     

    In einer neoliberalen Gesellschaft, wo allenthalben von Eliten gefaselt wird, werden also auch wieder geistig Minderbemittelte mit Reifezeugnis auf die Verbindungshäuser kriechen um sich hochzudienen - denn der geistige Hintergrund dieser Karrieristen ist zu dürftig für eigene Leistungen.

  • H
    Hermann

    Ich habe 1950 bis 1955 in Hannover studiert, Ich war in keiner Studentenverbindung. Die Mitglieder der verschiedensten Studenten- verbindungen haben mich als einen "Wilden" bezeichnet.

  • FN
    Frei nach Max Liebermann

    Ick kann jar nich soville fressen, wie ick kotzen möchte