Bundesverwaltungsgericht entscheidet: Umweltverbände können klagen
Die Deutsche Umwelthilfe erstreitet ein Klagerecht für Verbände im Bereich des gesamten EU-Umweltrechts. ist das eine „Zeitenwende“?
FREIBURG taz | Umweltverbände können künftig generell auf Einhaltung von EU-Umweltrecht klagen. Das entschied am Donnerstag das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. „Das ist eine Zeitenwende im deutschen Umweltrecht“, sagte Anwalt Remo Klinger, der das Urteil für die Deutsche Umwelthilfe (DUH) erstritten hat.
Konkret ging es um einen Luftreinhalteplan für die Stadt Darmstadt, den die DUH für unzureichend hielt. Die Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxid würden bei den drei am stärksten belasteten Straßenzügen auf absehbare Zeit nicht eingehalten. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden verpflichtete die Stadt deshalb, den Luftreinhalteplan zu verschärfen und dabei zum Beispiel eine Umweltzone in der Innenstadt zu prüfen. Diese Entscheidung bestätigte nun das Bundesverwaltungsgericht.
Umstritten war in dem Verfahren vor allem, ob die DUH überhaupt klagen konnte. Bisher haben Umweltverbände nur ein begrenztes Verbandsklagerecht, wenn es um Naturschutz und die Genehmigung von Anlagen geht. Verbandsklagen gegen unzureichende Luftreinhaltepläne waren im deutschen Recht bisher nicht vorgesehen.
Das Bundesverwaltungsgericht stützte sich nun auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshof (EuGH) vom März 2011. Dort erstritt ein slowakischer Umweltverband das Klagerecht, wenn es um den Abschuss von Braunbären in der Hohen Tatra geht. Der EuGH nahm dies zum Anlass, ganz generell die Mitgliedsstaaten und ihre Gerichte aufzufordern, Umweltverbänden ein Klagerecht gegen jede mögliche Verletzung von EU-Umweltrecht einzuräumen.
Das Land Hessen argumentierte allerdings, dass der EuGH im Braunbären-Urteil seine Kompetenzen überschritten habe. Dem folgte aber weder das Verwaltungsgericht Wiesbaden noch jetzt das Bundesverwaltungsgericht. Künftig können Umweltverbände also immer klagen, wenn EU-Umweltrecht betroffen ist.
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