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Bürgerkrieg in SyrienBodenoffensive auf Homs

Die syrische Armee hat offenbar eine Bodenoffensive auf Homs begonnen, um die Stadt zu "säubern". Hillary Clinton sieht Assad als Kriegsverbrecher, will aber keine Anklage gegen ihn.

Am Mittwochvormittag war kein Kontakt zu Oppositionellen in Homs möglich. Bild: reuters

DAMASKUS/BEIRUT/WASHINGTON dapd/dpa/afp | In Syrien haben Truppen des Regimes von Präsident Baschar Assad ihre Offensive gegen die Protesthochburg Homs fortgesetzt. Wie aus Sicherheitskreisen verlautete, rückten die Soldaten am Mittwoch auf Baba Amr vor. Der Stadtteil werde binnen Stunden "gesäubert", sagte eine Gewährsperson.

Homs und insbesondere Baba Amr stehen seit Wochen unter heftigem Artillerie- und Raketenbeschuss. Doch die Erklärung der Gewährsperson am Mittwoch deutete daraufhin, dass eine Bodenoffensive im Gange ist. Menschenrechtsaktivisten zufolge wurden seit Beginn des Angriffs auf Homs am 4. Februar Hunderte Menschen getötet. Am Mittwochmorgen konnte kein Kontakt mit Aktivisten und Bewohnern von Baba Amr aufgenommen werden.

Nach Einschätzung von US-Außenministerin Hillary Rodham Clinton könne Präsident Assad als Kriegsverbrechers eingestuft werden. In einer Anhörung vor dem US-Senat zur Lage in Syrien erklärte Clinton am Dienstag, angesichts der Definitionen von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit könne man durchaus darauf plädieren, dass Assad in diese Kategorie passe.

Clinton will keine Anklage

Clinton ging aber nicht soweit zu fordern, dass die internationale Gemeinschaft Assad als Kriegsverbrecher bezeichnet oder Anklage gegen ihn erhebt. Ein solcher Schritt schränke die Möglichkeiten ein, einen Führer zum Rückzug von der Macht zu bewegen, erklärte Clinton. In den vergangenen elf Monaten wurden nach Schätzungen der UN mehr als 7.500 Menschen in Syrien getötet.

Die Ministerin versicherte dem Ausschuss, die Regierung werde die neuen Sanktionen gegen den Iran entschlossen durchsetzen. Die Sanktionen, die Präsident Barack Obama Ende des vergangenen Jahres unterzeichnete, sollten am Donnerstag in Kraft treten. Sie richten sich gegen ausländische Finanzinstitutionen, die wissentlich Geschäfte mit der iranischen Zentralbank machen. Strafmaßnahmen gegen diese Finanzinstitutionen werden aber nur dann eingeleitet, wenn es dabei nicht um Ölgeschäfte geht.

Die USA bereiten nach Angaben von UN-Diplomaten einen neuen Entwurf für eine Syrien-Resolution im UN-Sicherheitsrat vor. Im Mittelpunkt des Textes steht demnach die humanitäre Hilfe für die von der syrischen Armee belagerten Städte. Allerdings werde in dem Entwurf auch darauf verwiesen, dass die Führung in Damaskus für die Krise verantwortlich sei, sagte ein Diplomat. Der Westen hofft demnach aber, dass der Schwerpunkt auf die humanitäre Krise die beiden Veto-Mächte Russland und China davon überzeugt, eine Resolution nicht erneut zu blockieren.

Gegen die beiden letzten Syrien-Resolutionen hatten die beiden ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats ihr Veto mit der Begründung eingelegt, darin werde nur die Gewalt der syrischen Sicherheitskräfte, aber nicht die der Rebellen verurteilt. Russland hatte sich zuletzt allerdings zunehmend besorgt über die humanitäre Lage in Syrien gezeigt.

Regime stellt Annan in Frage

Der chinesische Außenminister Yang Jiechi sprach sich unterdessen in Telefonaten mit arabischen Kollegen und dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, dafür aus, Syrien humanitäre Hilfe zukommen zu lassen. Wie staatliche chinesische Medien am Mittwoch berichteten, forderte Yang zugleich die Konfliktparteien in Syrien auf, die Gewalt zu beenden, um einen "offenen politischen Dialog" zu beginnen.

Das Regime in Damaskus stellt die Rolle des neuen Syrien-Sonderbeauftragten Kofi Annan infrage. Der Sprecher des Außenministeriums, Dschihad al-Makdissi, sagte am Mittwoch vor der Presse in Damaskus, Annan habe nach seiner Ernennung zum Syrien-Beauftragten mit Außenminister Walid al-Muallim telefoniert. Dieser habe ihn in dem Telefonat aufgefordert, doch bitte "schriftlich zu konkretisieren", worin genau seine Aufgabe bestehe.

Die Vereinten Nationen und die Arabische Liga hatten den ehemaligen UN-Generalsekretär in der vergangenen Woche zu ihrem gemeinsamen Sonderbeauftragten für die Syrien-Krise gemacht.

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3 Kommentare

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  • D
    drubi

    ne, ne, pauli, es wird nur beschrieben, was beim ruhig Zuschauen zu erkennen ist ... 's geht ja schliesslich nur um syrische Araber. Wenn's z.B. um palästinensische Araber ginge und man Israel an den Pranger stellen könnte, würd's bestimmt anders aussehen ... wahrscheinlich auch für dich.

  • I
    I.Q.

    Erstaunlich eigentlich nicht, dass auch den Grünen nichts einfällt, um das Blatt zu wenden, in dem die im Grunde teilnahmslose Sanktioniererei, die keinen Weg der Vermittlung und des Einflusses ließ.

     

    Hat man sich damit nicht mutwillig den Weg, etwas für die Menschen in Syrien zu tun verbaut, wie man es schon seit Jahren hinnahm, dass alles so blieb, wie es war.

    Und da fragt sich auch, ob es nicht ebenso krass falsch ist, gegen den Iran auf Wunsch von den USA und Israel so vorzugehen, wo doch die Menschenrechte und die Lage der Bevölkerung weniger das Handeln bestimmt haben.

  • P
    pauli

    ist schon wieder abstimmung im un-sicherheitsrat?